Whiskey.

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Carlottas Sicht

Müde stand ich vom Sofa auf und ging ins Badezimmer, um mich für die Geburtstagparty von Nina fertig zu machen. So richtig Lust hatte ich keine, da die Arbeit mich im Moment ziemlich schlauchte und ich einen Abend auf dem Sofa wirklich gerne vorgezogen hätte. Ein Blick in den Spiegel trug nicht wirklich zu meiner Laune bei, da meine Augenringe wirklich Bände sprachen und ich zog scharf die Luft ein, ehe ich ein "Da muss wohl heute die doppelte Ladung Make-up helfen" murmelte und meine Schminktasche aus dem Regal holte. Etwas später sah ich tatsächlich wieder menschlich aus und  dann klingelte es plötzlich an meiner Türe und fragend blickte ich in Richtung Flur, ehe ich mich in Bewegung setzte.

Als ich die Türe öffnete und Andreas breites Grinsen sah legte ich verwirrt den Kopf schief und öffnete die Türe automatisch noch einen Spalt mehr. "Hey" sagte ich sanft, da ich mich wirklich freute ihn zu sehen und auch Andreas erwiderte ein "Hey Kleine", ehe er auf mich zukam, mir einen Kuss auf die Wange gab und mich dann feste drückte. Danach schloss er die Türe hinter sich und sah mich eindringlich an. "Wie geht's dir?" wollte er wissen und ich wusste genau worauf er anspielte, da er das Drama um Whiskey mitbekommen hatte. Mir ließ es einfach keine Ruhe, dass er heute abgeholt und zum Schlachter gebracht worden war. "Mhh" machte ich nur und zuckte mit den Schultern, was ihn leise lachen ließ. Und als ich ihn wieder ansah verspürte ich den Drang ihm nahe zu sein, also ging ich wieder auf ihn zu und überbrückte die letzten Zentimeter zwischen uns, ehe ich meine Lippen sanft auf seine legte und er ganz zärtlich und behutsam meine Berührung erwiderte. Dabei stieg mir sein markanter Geruch in die Nase und augenblicklich fühlte ich mich besser. Langsam legte Andreas seine Hände um meine Hüfte und drückte mich Richtung Wand, die ich kurz darauf auch in meinem Rücken spürte. Grinsend intensivierte ich unseren Kuss und vergrub meine Hände noch weiter in seinen Haaren, die er heute überhaupt nicht gestylt hatte. Und als er sich dann von mir löste, sah er mich skeptisch an, ehe er mit dem Zeigefinger auf mein Gesicht deutete. "Was hast du denn heute noch vor?" wollte er wissen und ich seufzte resigniert. "Ich bin noch auf einen Geburtstag eingeladen, aber ich habe keine Lust. Ich würde viel lieber auf der Couch rum liegen und mit dir kuscheln" sagte ich ehrlich und dann zog Andreas belustigt eine Augenbraue nach oben. "Kuscheln, ja?" fragte er nach und ich nickte nur schnell zur Bestätigung. "Wow. Das kommt ein Mal in drei Monaten vor, dass wir nur kuscheln" sagte er in einer seltsamen Tonart und fragend sah ich ihn an, doch er winkte nur ab. "Ich kann dir eben einfach nicht widerstehen. Außerdem kuscheln wir ja auch wohl genug oder kommst du und gehst direkt wieder?" lachte ich und bei meinen letzten Worten stieg Andreas mit ein. "Carlotta.." ermahnte er mich halbherzig, doch ich grinste nur. "Du musst den Geburtstag auf jeden Fall absagen, denn ich muss dich leider entführen" sagte er dann einfach so und verwirrt sah ich ihn an. "Ich kann dir nichts verraten, aber du musst mitkommen" lächelte er und klang fast aufgeregt dabei. "Äh.. okay?" sagte ich und schrieb Nina schnell eine SMS, ehe Andreas mir schon meine Jacke in die Hand drückte. "Muss ich irgendwas mitnehmen?" fragte ich, doch er winkte nur schnell ab. "Nur dich, das reicht" lächelte er und ich tat es ihm gleich, ehe ich mich anzog, mir meinen Schlüssel schnappte und dann seine Hand nahm, um mit ihm zusammen zum Auto zu gehen.

"Gehen wir zusammen aus?" fragte ich, als Andreas rückwärts von meiner Einfahrt fuhr und verwirrt sah er mich an. "Nein.." meinte er dann nachdenklich, "Aber würdest du das gerne?" fragte er dann noch. Und dann überlegte ich einen Moment lang, da ich mir darüber tatsächlich noch nie Gedanken gemacht hatte. Klar sahen Andreas und ich uns oft, aber vor allem sahen wir uns, um Sex zu haben. Natürlich sprachen wir auch miteinander, allerdings blieb nie so viel Zeit für uns zwei alleine, da er entweder die Kinder da hatte oder aber bis zum Hals in den Tourvorbereitungen steckte. Und dann kam natürlich noch dazu, dass wir nicht offiziell zusammen waren und ich mich tatsächlich sehr davor drückte der Beziehung zwischen uns einen Namen zu geben. Mein Blick fiel auf Andreas, der konzentriert auf die Straße sah und geduldig auf eine Antwort von mir wartete. Er wusste, dass ich wirklich oft träumte und fragte schon gar nicht mehr ein zweites Mal nach, da er ebenfalls wusste, dass ich schon irgendwann auf seine Frage antworten würde. Er sah unheimlich gut aus, während er sich so konzentrierte und ich legte unbewusst meinen Kopf schief, um sein ganzes Profil ein Mal zu studieren. Seine markanten Wangenknochen und der Bart waren zusammen mit seinen dunklen Augen das, was ich am meisten an ihm liebte. Das, was mich wirklich um den Verstand brachte, wenn wir von seinen Fingerfertigkeiten mal absahen. Leise lachend schüttelte ich den Kopf und auf Andreas Lippen legte sich ein leichtes Lächeln, ohne dass er von der Straße absah. Vermutlich ahnte er, dass ich mit meinen Gedanken mal wieder ganz woanders war. Und dann versuchte ich mich an seine Frage zu erinnern, während er seine Hand vom Schaltknüppel nahm und sie auf meine Hand legte und sanft mit dem Daumen über meinen Handrücken strich. "Ich glaube schon" meinte ich dann und Andreas, der anscheinend ebenfalls mit seinen Gedanken abgeschweift war, sah mich verwirrt an. "Ich würde gerne mal mit dir ausgehen" half ich ihm auf die Sprünge und überrascht sah er mich kurz an, ehe er wieder auf die Straße guckte. "So ganz altmodisch, ja?" fragte er und ich fragte ein "Mh?". "Naja, mit Abholen und Essen gehen, ein Kuss zum Abschied und nicht mehr" erklärte er mir seine klassische Datevorstellung. "Das klingt gut, ja" bestätigte ich ihm und Andreas nickte kurz und verzog anerkennend seinen Mund dabei. "Dann bekommst du das" sagte er und hob meine Hand an, um mir einen Kuss auf meinen Handrücken zu geben, was ich mit einem breiten Lächeln quittierte. "Wo fahren wir denn eigentlich hin?" fragte ich dann und Andreas verdrehte amüsiert die Augen. "Immer so ungeduldig.." tadelte er mich und ich sah gespielt empört zu ihm herüber. "Immer?" fragte ich skeptisch nach und Andreas machte große Augen, während er kräftig nickte. "Wirklich immer" bestätigte er mir und ich verschränkte schmollend meine Arme miteinander. "Stimmt gar nicht" hielt ich dagegen und dann zog er seine Augenbraue in die Höhe und ich wusste, dass er gleich eine kleine 'Carlotta hat Unrecht-Rede' halten würde. "Nicht? Und wie war das, als du mich schon im Stall ausgezogen hast, weil du unbedingt mit mir schlafen wolltest? Oder als du einfach schon Mal angefangen hast deine Reifen zu wechseln, weil ich noch nicht da war oder.." fing er an und ich hob abwehrend die Hände. "Jaja, schon gut! Aber wenn wir uns schon darüber unterhalten: Beim Thema Sex tun wir uns beide ja nicht wirklich viel. Wer hat mich denn in der Kabine abgefangen.. und darf ich dich an die Eishalle erinnern?" fragte ich und Andreas Lippen formten ein breites Grinsen, während er ein "Darfst du gerne" antwortete. "Andreas!" tadelte ich ihn lachend und schlug ihm dabei mit der flachen Hand auf die Schulter. "Ich kann dir eben auch nicht widerstehen, Lotti. Du bist viel zu schön, als dass ich dich nicht nackt sehen wollen würde. Und wie dein Körper auf meinen reagiert.. da darf ich gar nicht drüber nachdenken, sonst muss ich nämlich rechts ran fahren und meiner Lust erst mal freien Lauf lassen" sagte er und ich wusste genau worauf er anspielte. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich ihn böse an, doch er streckte mir nur die Zunge heraus als Zeichen, dass er mich nicht wirklich ernst nehmen konnte. "So keck kenne ich dich ja gar nicht" sagte ich ironisch und auch Andreas lachte laut auf. "Aber weißt du was?" fragte ich und ohne, dass er es musste fragte er interessiert mit einem "Was denn?" nach. "Ich bin tatsächlich irgendwie.. ja ich weiß gar nicht wie ich das genau sagen soll. Wenn du da bist, dann fühle ich mich einfach als wäre ich in einem kleinen Rausch. In einem Andi-Rausch" sagte ich und er sah liebevoll zu mir herüber, ließ mich meinen Kopfsalat aber beenden. "Und es ist einfach schwer da wieder raus zu kommen. Aber ich genieße es auch, wenn wir uns einfach nur so nahe sind.. alles ist gut, Hauptsache du bist da" meinte ich dann und klang für meine Verhältnisse wirklich romantisch. "Geht mir doch genauso, Lotti. Und ehrlich gesagt genieße ich es, dass wir uns gegenseitig so brauchen. Das könnte ewig so sein" meinte er dann und küsste erneut meinen Handrücken, ehe ich seine Hand noch ein Stückweit fester drückte. Und als unser Blick sich traf konnte ich nicht verhindern, dass mein Grinsen schon fast mein ganzes Gesicht herum ging. Das Gefühl, das Andreas mir gab, war einfach unheimlich intensiv und machte mich mehr als glücklich.

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