Kapitel 34 | Jimin

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Even if it’s the wrong direction
Even if it takes time
Even if we walk then fall
Even if we lose to failure, spit on giving up

Jimins Sicht:
Obwohl es noch gar nicht allzu lange her war, dass ich und die anderen mit unserem Privatjet geflogen waren, fühlte es sich an, als hätte ich eine Ewigkeit nicht mehr in den weichen Sitzen gesessen.
Taehyung ließ sich neben mich fallen und sah mich mit einem schmalen Lächeln an.
"Kannst du es auch kaum erwarten?"
Ich nickte wahrheitsgemäß und schenkte ihm ebenfalls ein Lächeln.
"Es kommt mir vor,als hätten wir eine Ewigkeit kein Konzert mehr gehabt", redete Tae neben mir weiter und ließ den Blick durch die Maschine gleiten.
Mir war nicht wirklich nach reden zumute, denn die Freude wurde noch immer durch das leere, kalte Gefühl gedämmt.
"Hast du gegessen?", überrascht über den plötzlichen Themenwechsel sah ich Taetae an, der mich nun wieder anschaute.
Ich nickte.
Eine Lüge.
Doch mir war wirklich nicht nach Essen zumute.
"Hast du heute Nacht etwas Schlaf gefunden?"
Erneut nickte ich.
Die zweite Lüge.
Doch so kurz vor den ersten Auftritten, wollte ich nicht zusätzlich Besorgnis erregen .
Tae schien zufrieden mit meiner Antwort zu sein und legte einen Arm um mich.
"Dir wird die Tour gut tun", meinte er und schenkte mir ein ehrliches Lächeln, das einfach ansteckend war.
Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht lehnte ich mich gegen meinen Freund und seufzte.
Ich hatte so viele Dinge im Kopf.
Zu viele.
Und ich versuchte einfach alles aus meinem Kopf zu verdrängen, das nichts mit der Tour zutun hatte.

Den Flug über klappte das auch ganz gut, da Tae es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht hatte, mich abzulenken. Er redete viel, wofür ich ihm äußerst dankbar war.
Doch nach einiger Zeit machte ich den Fehler und beschloss mir ein paar neue Beiträge auf Twitter anzusehen.
Die ersten Tweets, die ich über unsere Band fand, waren noch frohstimmend. Doch dann traf ich auf die, die das genaue Gegenteil hervorriefen.
Die Beiträge waren schon einige Wochen her, doch waren noch immer recht weit oben, da sie immer wieder retweeted wurden.
'Kommt es mir nur so vor oder ist das nicht mehr unser Jimin?' 'Jimin und Taeyong... Ist der offizielle Ship-Name "Taemin" oder "Jiyong"?' 'Ahhh, halten Tae und Jimin da etwas Händchen? *Foto*' 'Warum ist Jimin in dem Interview so distanziert? Gibt es etwa Streit? Oh No...'
Ich hätte das Handy einfach ausmachen und die gelesenen Zeilen aus meinem Kopf verbannen können, doch ich scrollte weiter.
Solange bis mir das Handy aus der Hand genommen wurde.
"Jimin, was machst du da?", hörte ich Tae, doch wagte es nicht ihn anzusehen. Verräterische Tränen stahlen sich in meine Augen.
"Jimin, hey, ganz ruhig. Gott, du zitterst."
Taehyungs Hand legte sich auf meine, äußerst stark zitternde.
Die Emotionen, Gedanken, Fakten, die ich die letzten Wochen verdrängt hatte, drohten auf mich einzuprasseln.
Ich spürte wie mich mein Freund in seine Arme zog.
"Ganz ruhig, okay?"
Ich kämpfte die Tränen, so gut es ging zurück, da ich befürchtete, dass, wenn ich jetzt zu weinen begann, womöglich nie wieder stoppen würde.
Und wie durch ein Wunder schaffte ich es auch, keine einzige Träne zu verlieren.
Ich straffte die Schultern und lehnte mich wieder zurück.
"Danke, Tae", murmelte ich.
"Lass mich erstmal das Handy behalten, in Ordnung?"
Ich nickte langsam und verschränkte die Arme.
Die nächsten Stunden verschärfte Tae sein Vorhaben und zog mich immer wieder in neue Gespräche, die mich tatsächlich ablenkten.

Wir kamen am Mittag an und machten uns, nachdem wir unsere Sachen im Hotel abgegeben hatten, auf den Weg zur Halle.
Wir waren ziemlich spät geflogen, da heute Abend bereits das erste Konzert stattfinden würde.
Aber an für sich waren wir gut im Zeitplan. Wir starteten pünktlich mit dem Soundcheck und der finalen Probe.
Wir gingen den ganzen Auftritt durch, tanzten die meisten Choreos und übten vorallem die Lieder noch einmal, bei denen es ab und an noch Schwierigkeiten gegeben hatte.
Doch letztendlich konnten wir sehr zufrieden mit dem Ergebnis sein.
Das einzige, was mir Sorgen bereitete war, dass ich mich nach der Probe ziemlich fertig fühlte.
Nicht so wie sonst.
Sondern eher so, als könnte ich jeden Moment zusammenklappen.
Doch ich durfte mich nicht wundern.
Wenn man am Tag eine so ausgewogene Ernährung, die nur aus einem Apfel bestand, hatte , wie ich, war es nicht verwunderlich, dass der Körper manchmal zu streiken begann. Aber das was zählte war, dass ich nicht umkippte.
Mit dem Gedanken beruhigte ich mich selbst.

Die nächsten Stunden verbrachten wir mit den letzten Vorbereitungen. Die anderen aßen noch etwas, doch ich bekam keinen Bissen herunter. Auch die Nachrichten, die ich im Jet gelesen hatte, schob ich in die hinterste Ecke meines Kopfes.
Alleine die Show zählte. Die Fans.
Zusätzlich durfte ich nicht vergessen, dass die Show live übertragen werden würde.
Noch ein Grund meine Gedanken von allem, außer dem Auftritt, abzulenken.
Die Zeit im Backstage-Bereich erschien mir unendlich lang und letzten Endes konnte ich nicht mehr still sitzen.
Ich lief nervös durch den Raum, wobei ich Yoongis Blick auf mir bemerkte.
Ich sah ihn kurz an, begegnete seinem Blick und hob fragend die Braue.
"Du warst bei der letzten Tour nicht so... unruhig", meinte er und lehnte sich zurück.
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, weshalb ich nur mit den Schultern zuckte.
"Ich freue mich einfach nur."
"Geht es dir gut?"
Ich nickte und musterte seinen ernsten Gesichtsausdruck.
"Wenn da oben irgendwas los ist, sag Bescheid. Ich will nicht, dass dir etwas passiert."
Seine ehrlichen, besorgten Worte brachten mich zum Lächeln.
"Wieso sollte mir was..."
"Ich hab dich bei der Probe erlebt. Ich bin nicht blind, Jimin. Vergiss nicht, dass ich weiß, wie es ist, nichts mehr zu essen. Und welche Folgen das hat. Pass einfach auf dich auf und sag Bescheid, wenn etwas nicht stimmt."
Mein Lächeln schwand und es tat mir beinahe leid, dass ich so wenig auf mich geachtet hatte, doch ich hatte das Gefühl, nichts dagegen tun zu können.
Ich nickte und sah ihn dankbar an.
"Danke dir, Yoongi."
Er nickte und ließ den Blick sinken.
Damit war das Gespräch wohl beendet.
Tae wirkte auch ziemlich aufgeregt, denn auch er konnte nicht still sitzen. Als unsere Blicke sich trafen erhob er sich und kam zu mir.
"Bereit?"
Ich nickte.
"Und du?"
Auch er nickte und begann zu lächeln.
Er wollte erneut etwas sagen, als Namjoons Stimme ertönte.
"Jungs, wir haben noch 2 Minuten. Macht euch bereit!"
Ich spürte, wie mein Freund mir vorsichtig gegen den Arm boxte und meinte:" Wir werden die Fans umhauen."
Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, als ich nickte.

In den letzten Monaten standen wir oft auf Bühnen. Performten. Doch nichts war vergleichbar mit dem eigenen Konzert. Zu wissen, dass alle Leute in der Halle nur wegen dir da waren. Nur wegen dir in Tränen ausbrachen. Nur deine Lieder lauthals mitsangen. Keine anderen Stars, nur du bist an diesem Abend für sie wichtig. Es erfüllte mich jedes Mal mit Stolz in das große Publikum zu schauen. Die Fans zu sehen. Meinen Namen zu hören. Für nichts in der Welt wollte ich das aufgeben.
Die ersten Performances liefen perfekt ab. Keiner machte einen Fehler.
Die Fans jubelten.
Wahre Euphorie erfüllte die Atmosphäre.
Ich vergaß alle Sorgen, die ich in den letzten Wochen gehegt hatte.
Nur das hier und jetzt zählte.
Meine Freude wuchs mit jedem Song, den wir fehlerfrei performten.
Vorallem die neuen Lieder das erste Mal auf der Bühne zu performen, halfen mir, mich wieder vollkommen gut zu fühlen. Das Gefühl der Leere war zwar nicht ganz verschwunden, aber deutlich kleiner.
Bei der Performance von "Friends" musste ich mich wirklich zusammenreißen nicht in Tränen auszubrechen, da mir erneut bewusst wurde, wie wichtig mir mein Freund war.
Allem in allem lief das Konzert perfekt ab.
Zumindest bis wir beim letzten Song angekommen waren.
Mit einem Mal änderte sich mein Zustand und mich überkam ein Schwindelgefühl.
Ich versuchte dies so gut es ging zu überspielen, während Namjoon zu den Fans sprach.
Doch Jungkook und Taehyung schien das nicht zu entgehen.
Der jüngste warf mir einen besorgten Blick zu.
Tae flüsterte mir etwas zu, was ich nicht ganz verstand.
Ich merkte wie meine Knie weich wurden und drohten nachzugeben.
Das Schwindelgefühl wurde stärker und mein ganzer Körper begann zu brennen. Meine Muskeln schmerzten.
Ich versuchte die Übelkeit, die in mir aufstieg zu ignorieren.
Doch bevor ich etwas dagegen tun konnte, gaben meine zitternden Knie nach und mir wurde schwarz vor Augen.
Ich rechnete mit dem harten Aufprall, doch der Fall war länger als gedacht. Nur ein kurzer Schmerz durchfuhr meinen Körper, dann fiel ich erneut, nur um kurz darauf erneut einen stechenden Schmerz zu spüren, bis ich schließlich endgültig auf dem Boden aufkam.
Mein Körper schmerzte.
Ich hörte Stimmen, die weit entfernt schienen.
Sie waren undeutlich, viel zu leise und durcheinander.
Doch bevor ich reagieren konnte, verstummten die Stimmen endgültig und ich hatte das Gefühl zu fallen.
Wirklich zu fallen.

You got Me || JimTaeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt