Kapitel 26 Die Wahrheit über Alva

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Ihre Augen waren geweitet unter dem Leinentuche. Sie war Wütend und empfand Angst.
Ich selbst war nur erleichtert, dass sie lebte. Die Unfähigkeit sich zu Bewegungen machte Chiara zu schaffen.

Gerade wegen dieser Unfähigkeit arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Warum war sie noch am Leben? Warum wollte er sie am Leben?
Warum war sie an ein Bett gefesselt und verbitterte nicht im letzten Winkel seines Kerkers?

Geräusche drangen in ihr Gedankenchaos.
Schritte.
Gelassen mit aller Zeit der Welt ging diese Person auf sie zu.
Ihr Herz schlug unfassbar schnell.
Sie hatte Angst.
Würde sie nun sterben?
Sie hatte sich fast ein ganzes Leben schon darauf eingestellt zu sterben, aber jetzt konnte sie noch nicht gehen. Nicht wenn ihre Leute sie brauchten.

Nun wo nicht mehr die Wahl zwischen ihr und der Verräterin vor ihren Augen stand wollte sie Leben.
Es war fast schon lächerlich, wie oft sie schon bereit war zu sterben, aber nun wo es final soweit war scheute sie.
In so vielen Sinnen hatte Chiara das Mensch sein hinter sich gelassen hat und fast schon als ebenbürtig zu mir gesehen werden kann, doch immer, wenn es zum Tod kommt handelte sie ebenso dumm wie jeder andere Mensch.

Es war kein kühles Metall, welches ihren Körper durchbohrte, sondern eine raue Hand, welche über sie strich, was sie spürte.

Schließlich nach fast endlosen Sekunden der bloßen Auslieferung nahm man ihr das Tuch von den Augen.
Ihr Blick fixierte sich mit vollem Hass und kälte auf den Mann, der ihren Blick erwiderte und trotz dessen war da noch etwas anderes.

Etwas was ihn ihr aufflammte und niemals erlöschen wollte. „Ich wurde dir gerne etwas erzählen, wenn du erlaubst", es war ungewohnt die Stimme meines Bruders aus Fremden Ohren zuhören und trotzdem war sie immer noch vertraut.
Für Chiara war es nichts Ungewöhnliches und so reagierte sie anders als ich.

Mit Ablehnung, Hass und noch etwas anderen spuckte sie ihn an.
Fehler. Oder doch nicht? Eigentlich dachte ich, dass spätestens nach dieser Tat sie zu ihren Tot finden wurde, doch stattdessen stand da etwas anderes in den Augen meines Bruders.
Er griff nach ihren Handgelenken und löste die Fesseln. Sofort richtete sie sich wieder auf und rieb sich die schmerzende Gelenke.
Zu ihr Glück war sie klug genug nicht noch etwas gegen ihn zusagen oder zu tun.

Trotzdem funkelten immer noch ihren Augen in einem gefährlichen Braun. „Dürfte ich dir etwas erzählen", wiederholte Manoah sein Anliegen.
„Du kannst mir erzählen, versprechen und schwören was du immer willst, aber niemals werde ich so einen Bastard wie dir glauben.
Du kannst mich nicht wie Li-Ming von Pfad der Göttin abwenden", sprach sie. Kurz schmunzelte Manoah bevor er erwiderte: „Du sprichst sehr viel. Ich kann dir jedoch nur eine alte Geschichte erzählen, dir jeden wünsch Versprechen und zu Letzt die Liebe erneut schwören."

Überraschung legte sich auf ihrer Miene ab.
Sie erkannte den Sinn hinter seinen Wörtern, aber nicht den Grund.
Also blieb sie still und wartete darauf, dass er erneut seine Stimme erhob.

„Ich weiß nicht ob du mir glauben kannst oder es überhaupt willst, aber bitte lass mich nur Ausreden, Chiara", er wartete ihr nicken ab, bevor er fortfuhr. „Ich hatte einst eine Geliebte. Nein, Alva war schon lange keine Geliebte mehr als sie ging.
Sie war viel eher meine Frau.
In der Zeit wo selbst am Tage der Himmel schwarz schien, sich Menschen gegenseitig auszulöschen drohten und mein Vater durch Bunde freie Männer zu seinen Sklaven machten fand ich sie. Alva war ein strahlender Stern unter dunkelsten Nachthimmel.

Sie war alles und doch vergänglich.
Von ersten Tag an den ich ihr allein mein Herz geschenkt hatte wollte ich ihr bis zu ihren letzten in der kurzen Zeitspanne eines Menschen Lebens bei ihr bleiben.
Es war doch schon fast lächerlich gewesen. Ein Gott verliebt sich ins Angesicht einer Sterblichen und doch geschah es.
Keinen einzigen Tag in all dieser Zeit hatte ich es bereut oder nur verabscheut es getan zu haben. Sie geliebt zu haben.
Zum ersten Mal hat jemand mein Herz offenbart.

Mein wahres Gesicht gezeigt.
Sie war wundervoll.
Sie war scheinend.
Sie war alles und doch kam der Zeitpunkt der Trennung viel zu früh."

Er stockte kurz und ich wusste welcher Teil der Geschichte nun kam.
Erst vor kurzen hatte ich ihn auf neue erlebt nur mit einer anderen Hauptperson in der Rolle des Sterbenden.
Chiara spiegelte sich in seinen Augen wieder.
Dort erkannte sie so viel.
Es waren die Gefühle, welche sie überraschten.
Trauer, Sehnsucht, Angst, Hoffnung, Zuneigung und so vieles mehr war da in diesen Augen.
Keins dieser Gefühle hatte sie ihn jeh zu getraut und doch waren sie da, in den Augen eines Verrückten.
Es hieß die Augen seien der Spiegel zu der Seele jedes Menschen.

So sah sie gerade ihn die wohl verkümmerte Seele meines Bruders. Nach dem er seine Stimme wieder fand sprach er weiter als wäre nie diese Pause zwischen ihnen gewesen: „Mein Schwert, Luctantis Colla Dryadalis es trägt ihren Namen.
Aus meinen eigenen Knochen habe ich es geschmiedet. Mit dem Blut meiner Zwillingsschwester wurde es gesegnet und mit Alvas Leben wurde es versiegelt.
Wie wurde es ihr gedankt?
Sie hat ihr Leben und Nachleben gelassen um ihres gleiches zu retten und an wem interessiertes?
Niemand.

Dieser Wahnsinnigen von Seevolk erschuf ihr eigenes Volk, Religion nach ihrer Besinnung.
Mein Vater der eine Gräueltat nach der anderen tat.
Man hat sie einfach vergessen ohne jeh nur ein Tag nach ihren Tot noch mals an sie zu denken.
Ich verabscheue es so sehr und doch habe ich etwas nie erkannt bis ich dich traf.

Es wurde Prophezeit, dass die Opfergabe des Lebens auch nie im Tod seinen Segen finden wird.
Für Jahrhunderte dachte ich das hieße, dass sie nie ihren Frieden finden wird und für ewig rastlos über Salome wandern wird, aber du hast mir die Augen geöffnet.
Mir neues Licht zum Sehen gegeben. Ich danke dir dafür."

Verwirrung herrscht ein Chiaras Geist an erster Stelle.
Sie hatte jedes seiner Wörter noch im genauen Wortlaut in ihren Kopf.
Sie hörte sie wie ein ewig andauerndes Echo, doch verstehen tat Chiara sie nicht.
Nur im entferntesten Verstand sie daraus einen Sinn.

„Es tut mir leid was dir wiederfahren ist, aber ich weiß nicht was dies mit mir letztendlich zu tun hat", ihre Wörter waren die Wahrheit.
Vielleicht gab ihr mein Bruder deswegen auch nur bloße und nackte Ehrlichkeit zurück oder es war, doch nur Verzweiflung.
„Für Jahrhunderte blieb ich in diesen Irrglauben was Alvas Tod anbelangt, aber ab dem Moment wo ich dich gesehen hatte habe ich erkannt, dass dieser Zustand zwischen Leben und Tod anders eingehalten wird als ich jemals dachte. Seit Jahrhunderten fasziniert es Menschen schon und doch gab es nie ein Beweis bis du kamst. Eine Regeneratione würde man dich nennen oder in deiner Sprache schlicht Wiedergeburt.
Ewig gefangen in einer Dauerschleife zwischen Leben und Tod."

Sie brachte daraufhin kein Ton heraus. Was sollte sie auch sagen.
Es war absurd.
Ein verrücktes Hirngespinst von einem Gott, welcher an Größenwahn lied. Nicht mehr nicht weniger sah sie ihn in.
Nur ein Gott, doch warum gefiel es ihr in diesem Moment so gut in, welchen sich seine Lippen mit ihren vereinten? Warum genoss sie diesen kurzen Moment eines Wirs zwischen ihr und der Gottheit?
Warum gierte sie zuletzt nach mehr? Warum verließ mich mit diesem Kuss etwas was ich erst seit kurzem Zurück gewöhnen hatte.

Menucha - Götter ruhen nicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt