9. Klartext, Waffenstillstand und bittersüße Rache

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NINE in the Afternoon – Panic! At the disco

Das Abendessen verlief ereignislos. Ich sah zu, dass ich nicht neben Ben sitzen musste und hatte so einigermaßen Ruhe vor ihm. Das Bild wie er halbnackt vor mir in der Dusche stand wollte mir aber nicht aus dem Kopf. Vom Tischende gegenüber, taxierte Ben mich mit Blicken, die ich aber ignorierte. Zumindest tat ich so, als würde ich seine Blicke nicht bemerken.

Nach dem Essen verschwand ich so schnell ich nur konnte auf unser Zimmer und verkroch mich in der Welt eines Buches. Normalerweise war ich nicht die großartige Leserin, aber in dieser Einöde blieb mir nichts anderes übrig, als mich zur Leseratte zu entwickeln.

Meine Schwester tauchte zwischenzeitlich im Zimmer auf und teilte mir mit, dass Sie bei Brooke und Beth sein würde, bevor Sie abzischte. Ich war erleichtert, dass sie ihr Kaffeekränzchen nicht hier abhielten und ich nicht das Feld zu räumen brauchte.

Als das Licht kaum noch zum Lesen ausreichte, beschloss ich ins Bett zu gehen. Ich schlich mich ins Bad und putzte meine Zähne ohne jemandem zu begegnen. Bevor ich einschlief, kamen mir Bens Worte in den Sinn: Denk gar nicht daran heute nicht zu kommen. Hoffentlich würde er mich mit Schweigen bestrafen, dann würden meine Nerven diese Ferien wenigstens überleben. Wenn, er denn selbst überhaupt hinging. Insgeheim hatte ich nämlich die Vermutung, dass er mir einen Streich spielen wollte.

Am nächsten Morgen war ich die letzte am Frühstückstisch und natürlich war nur noch der Platz neben Ben frei. Da ich nicht vorhatte zu stehen, setzte ich mich mit gemischten Gefühlen neben ihn. Würde er mich anpampen, weil ich gestern nicht gekommen war? Er reagierte jedoch überhaupt nicht und löffelte sein Müsli in sich hinein. Das war ungewöhnlich und ich fragte mich, ob er mich nun tatsächlich mit Schweigen strafte, wie ich gehofft hatte. Vermutlich war er traurig, dass er mir keinen Eimer Wasser oder sonstiges hatte über den Kopf kippen können. Die Nacht hatte mich vollends von meiner Streich-Theorie überzeugt. Ich nahm mir ein Brot aus dem Korb.

"Kann ich die Butter haben?", richtete ich das Wort an ihn, da die Butter weit aus meiner Reichweite stand. Er reichte sie mir, ohne mich anzusehen und aß einfach weiter. "Danke." Mit unbewegter Miene biss er in sein belegtes Brot. Er sah selbst ein wenig aus wie eine beleidigte Leberwurst. Ich grinste kurz in mich hinein und begann zu essen.

Ben hielt es tatsächlich das ganze Frühstück durch, mich zu ignorieren. Meine gute Laune erreichte einen neuen Höhepunkt, als meine Mutter verkündete, wir würden in die nächste größere Stadt fahren, weil wir einige Dinge für eine längere Wanderung bräuchten. In größeren Städten lebten die Menschen bestimmt nicht wie in der Steinzeit. Das hieß, ich würde eine Internetverbindung haben! Deswegen hing mein Handy auch bis in der letzten Sekunde am Stromnetz.

Die Fahrt dauerte eine gute halbe Stunde und ich war überrascht, dass wir doch nicht ganz so abgeschnitten von der Zivilisation waren, wie ich gedacht hatte.

Während der Fahrt, starrte ich auf den Netzbalken, bis er sich endlich zu füllen begann. Die Nachrichten, welche eintrudelten, waren überschaubar. Einige von Zoey und Ivy, die sich erkundeten, ob ich noch lebte, eine von Sophie in der stand, dass ich ihr unbedingt schreiben sollte, sobald ich zurück war und eine von Vinz welcher wissen wollte wie es war. Er versuchte gar nicht erst seine Schadenfreude zu verstecken.

Zoey und Ivy schrieb ich rasch zurück und schilderte meine Situation in groben Zügen ohne zu viel von Ben zu erzählen. Die Beiden hatten ein Talent zu viel in alles hineinzuinterpretieren. Sophie schickte ich das Datum, an dem wir zurück wären und Vinz schickte ich schlicht gefühlt tausend tränenüberströmte Emoijs und einen Mittelfinger. Er antwortete umgehend mit Gelächter und behauptete, dass es so schlimm schon nicht sein konnte, woraufhin ich das Gegenteil behauptete.

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