27 – Passenger
"Ich glaube der letzte Shot war einer zu viel", stöhnte ich und rieb mir übers Gesicht. Der Himmel strahlte hell im letzten Licht des Tages über mir. "Machst du schon schlapp Cabot?", fragte mich Ben und sah mich von der Seite her an. Er lag neben mir im Gras auf dem Hügel ungefähr zehn Minuten von meinem Haus entfernt. Ich grinste. "Ich denke ich höre da eine Herausforderung", antwortete ich ihm. Ben grinste ebenfalls. "Natürlich, alles andere wäre langweilig." Ich kicherte. In meinem Kopf hatte sich eine wohlige Watte ausgebreitet, die mein Gehirn daran hinderte zu viel zu denken. Ben und ich waren im Zentrum in den nächsten Supermarkt und hatten uns dort mit Alkohol eingedeckt. Von den vier Bier und den zehn kleinen Schnapsfläschchen war nichts mehr übrig. Dabei war das erst knapp drei Stunden her. Ben hatte sich inzwischen aufgesetzt und kramte in der Einkaufstüte. "Dann hast du also keine Kraft mehr dafür?", fragte Ben und zog eine Flasche mit einem Mischgetränk hervor. Der Inhalt war gelborange und auf dem Etikett eine Frau und ein Sonnenuntergang skizziert. Ich runzelte die Stirn. "Was ist das denn?", fragte ich und griff nach der Flasche um sie mir genauer anzusehen. "Das wird dir gefallen", meinte Ben und nickte allwissend. Ich betrachtete erst die Flasche, dann ihn skeptisch. "Bist du sicher dass du es nicht nur wegen dem Etikett gekauft hast?", fragte ich. In roten Buchstaben stand dort klar zu lesen: Sex on the Beach. Ben nahm mir die Flasche wieder ab und füllte zwei der Plastikbecher aus dem Zehnerpack welches wir gekauft hatten. Rette-die-Welt-Zoey in meinem Hinterkopf hatte sich zwar beschwert, jetzt war sie aber still. So wie alles andere auch. "Probiere erst mal bevor du mich weiter an die Wand stellst." Ben reichte mir einen Becher und hielt mir seinen hin. "Auf uns", sagte Ben und ich murmelte zustimmend. Ich schnupperte an dem Becher bevor ich einen vorsichtigen Schluck nahm. Der süße Fruchtgeschmack gefiel mir sofort und ich nahm noch einen Schluck. "Bist du sicher dass da Alkohol drin ist?", fragte ich. Er kicherte. "Oh ja, mehr als genug. Also Vorsicht damit." Er stützte sich wieder nach hinten auf die Unterarme und betrachtete weiter die Sonne die immer tiefer sank.
"Ohne Boden geht das aber nicht", sagte Ben etwas später. Er setzte sich wieder hin und zog zwei Sandwiches aus der Einkaufstüte. "Schinken oder Käse?", fragte er. "Schinken", antwortete ich sofort. Ben zog eine Schnute, hielt mir das Sandwich dann aber kommentarlos hin. Ich nahm es ihm ab. "Das andere auch", sagte ich. "Sei nicht so verfressen", protestierte er doch ich schüttelte den Kopf. Ich rutschte zu ihm und nahm ihm die Schachtel mit dem halben Triangel ab. Dann steckte ich die eine Hälfte meines Schinkensandwiches in die Schachtel mit dem Käse und hielt das einzelne Schinkensandwich Ben hin. "Jetzt kannst du auch Schinken essen." Ben nahm mir die Schachtel ab und grinste. "Danke." Wir aßen schweigend. Bis das Klingeln meines Handys die Stille durchbrach. Stirnrunzeln zog ich es einhändig aus meiner Tasche und hätte beinahe mein Sandwich fallen gelassen. Auf dem Display prangte Nathans Name. Was wollte er? Ich starrte auf das Display. Natürlich, um diese Zeit telefonierten wir immer. Jeden Abend. Nathan hatte es nie verpasst. Er hatte nur verpasst mir zu erzählen dass er tagsüber keine Zeit hatte weil er da schon mit jemand anderem knutschte. Das Klingeln verstummte bevor ich mich damit befassen konnte ob ich den Anruf ablehnen oder mein Handy wegwerfen sollte. Ich drückte auf den Powerbutton um es auszuschalten und warf es ohne einen weiteren Blick in meine Tasche zurück. Den Blick wieder in die Sonne gerichtet biss ich von meinem Käsesandwich-Teil ab. "War er das?", fragte Ben neben mir leise. Ich nickte. Ben fluchte. "Ich hab noch keine Ahnung was ich zu ihm sagen soll", gestand ich und sah zu Ben. Er sah aus seiner halb liegenden Position zu mir hoch. "Ich bin dafür dass du ihm einfach eine reinhauen solltest." Ich nickte. "Vermutlich sollte ich das."
"Und wie du das solltest." Stirnrunzelnd sah ich zu Ben.
"Woher kommt eigentlich dieser Hass auf ihn?", fragte ich. Ben seufzte und setzte sich auf. "Ich schätze jetzt kann ich es dir erzählen was?" Ich zuckte die Schultern. "Wenn du magst", sagte ich obwohl ich auf die Geschichte brannte. Ben nickte. "Nah schön aber es ist keine schöne Geschichte."
"Damit habe ich gerechnet", bemerkte ich trocken und entlockte Ben damit ein kleines Lächeln. Er sah eine Weile in die Sonne bevor er begann. "Nathan und Kyle sind in derselben Gegend aufgewachsen und kennen sich schon ziemlich lange. Irgendwann hat Kyle angefangen Nathan zu unseren Basketballnachmittagen mitzubringen. Damals waren wir dreizehn und immer froh um einen Spieler mehr. Wir haben uns alle ziemlich gut mit ihm verstanden und das hat sich auch nicht geändert als wir älter wurden. Bis vor einem Jahr." Ben machte eine Pause. Er hatte mich kein einziges Mal mehr angesehen seit er angefangen hatte zu erzählen. "Was war vor einem Jahr?", fragte ich neugierig geworden. "Erinnerst du dich an Jessica George?", stellte er die Gegenfrage. "Klar, war sie nicht Cheerleadercaptain und deine F-", mitten im Satz bremste ich mich da ich mich daran erinnerte dass die Trennung der beiden nicht schön gewesen war. Ben nickte. "Sie war meine Freundin zu dieser Zeit", vollendete er meinen Satz. Ich runzelte die Stirn. Was hatte das mit Nathan zu tun? Ein ungutes Gefühl stellte sich bei mir ein. "Hat sie-?" Ich ließ die Frage absichtlich offen. Es war keine schöne Frage um sie laut zu stellen. Zum ersten Mal sah Ben mich direkt an. Ich konnte den Schmerz über das Vergangene in seinem Blick noch immer ausmachen, wenn auch nur ganz schwach.
"Er ist mit ihr ins Bett gestiegen obwohl er genau wusste dass sie zu dieser Zeit mit mir zusammen war." Ben atmete tief durch als hätte es ihn viel Kraft gekostet diesen Satz auszusprechen. Bestürzt sah ich ihn an. "Darum wollte ich auch nicht dass du mit ihm rumhängst", redete Ben weiter. Nun machte alles Sinn. Eine Welle Mitleid durchflutete mich. Ich rutschte näher an ihn heran um meinen Kopf auf seiner Schulter abzulegen. "Es tut mir so leid Ben", sagte ich ehrlich und merkte wie mir zum zweiten Mal an diesem Tag die Tränen kamen. "Ich war so dumm und hab dir nicht geglaubt, das war wirklich scheiße von mir und ich glaube du hast was gut bei mir dafür." Ben lehnte seinen Kopf an meinen. "Egal was?", fragte er. "Ja", sagte ich ohne zu Zögern, überlegte es mir dann aber doch anders. "Oder sagen wir fast alles", kraxelte ich zurück. Ben lachte auf. "Das war ein schlauer Schachzug von dir", lachte er. "War mir klar", sagte ich. Schweigend blieben wir so sitzen. "Wann ist eigentlich Sonnenuntergang?", fragte ich und betrachtete die in Gold getauchte Stadt. "Gegen zehn vielleicht?", antwortete mir Ben.
"Lass uns bis dann hierbleiben, ja?"
"Einverstanden."
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Teen Fiction„𝘋𝘶 𝘣𝘦𝘯𝘪𝘮𝘮𝘴𝘵 𝘥𝘪𝘤𝘩 𝘴𝘤𝘩𝘰𝘯 𝘸𝘪𝘦𝘥𝘦𝘳 𝘸𝘪𝘦 𝘦𝘪𝘯 𝘈𝘳𝘴𝘤𝘩", 𝘸𝘪𝘦𝘴 𝘪𝘤𝘩 𝘪𝘩𝘯 𝘵𝘳𝘰𝘵𝘻𝘥𝘦𝘮, 𝘮𝘰̈𝘨𝘭𝘪𝘤𝘩𝘴𝘵 𝘨𝘦𝘭𝘢𝘴𝘴𝘦𝘯 𝘥𝘢𝘳𝘢𝘶𝘧 𝘩𝘪𝘯. 𝘐𝘯𝘯𝘦𝘳𝘭𝘪𝘤𝘩 𝘱𝘭𝘢𝘵𝘻𝘵𝘦 𝘪𝘤𝘩 𝘣𝘦𝘪𝘯𝘢𝘩𝘦. „𝘑𝘦𝘥𝘦�...