Unfassbare Wahrheit

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Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich vom lauten Klingelton meines Handys aus dem Schlaf gerissen. Davids Name war auf dem Display zu lesen. Etwas verwirrt meldete ich mich und er sagte er müsse mich unbedingt auf der Stelle sehen und ich solle schnell zur Haustür kommen. Da ich dies für einen blöden Scherz gehalten hatte ließ ich mich zurück in die Kissen sinken und war schon dabei wieder einzuschlafen als etwas gegen mein Fenster prallte. Zuerst dachte ich es wäre nur Einbildung doch dann war das Geräusch erneut zu hören und ich ging zum Fenster und öffnete es. Dort unten im Schein einer Straßenlaterne stand David in der Hand ein paar kleine Steinchen und war gerade dabei erneut auf mein Fenster zu zielen. „Spinnst du? Was soll das denn? Es ist mitten in der Nacht! Was willst du denn hier?“, fauchte ich zu ihm hinunter. „Ich hab doch gesagt, dass ich dich dringend sprechen muss.“ - „Ich dachte das wäre nur ein Scherz gewesen! Was gibt es denn so wichtiges, dass das ausgerechnet jetzt sein muss?“- „Komm bitte runter und mach die Tür auf dann kann ich dir alles erklären.“ Ich schloss das Fenster und stieg so leise ich konnte auf Zehenspitzen die Treppe hinunter um meine Eltern bloß nicht aufzuwecken. Ich öffnete vorsichtig die Haustür und dort stand er. Dieser nahezu perfekte Junge, den ich grade am liebsten erwürgen würde! Wie zur Hölle kam er darauf mitten in der Nacht bei mir aufzutauchen? Doch dann zog er mich zu sich und küsste mich und meine Wut verpuffte in der selben Sekunde als seine Lippen meine berührten und es war als würde alles um mich herum verschwinden. Nichts war mir in diesem Moment mehr wichtig außer dass er niemals damit aufhören würde mich zu küssen denn es war das selbe, überwältigend schöne Gefühl wie bei dem Kuss am See. Doch dann, viel zu schnell löste er sich von mir, schob mich in den Flur und zog die Haustür vorsichtig hinter sich zu.

Leise schlichen wir hoch in mein Zimmer das ich glücklicherweise am Tag zuvor aufgeräumt hatte, sodass nicht das übliche Chaos herrschte. Er sah sich kurz um und setzte sich dann neben mir aufs Bett. Er nahm meine Hand und betrachtete das silberne Armband das er mir geschenkt hatte. Ich wartete darauf das er endlich erklären würde was mit ihm los war doch offenbar war er in Gedanken versunken. „Du wolltest mir was wichtiges sagen?“, setzte ich an und sah fragend zu ihm rüber. Er begann mit langsamer ruhiger Stimme zu sprechen : „Du wirst mich für verrückt halten aber ich schwöre das alles was ich dir gleich erzählen werde real ist! Ich glaube du hast gemerkt das zwischen uns etwas ist. Etwas das sich nicht genau beschreiben lässt. So eine Art Anziehungskraft. Ich möchte dir den Grund dafür erklären. Wir sind anders. Anders als die Leute die du kennst. Oder besser gesagt werden wir bald anders sein. Ich bin mir sicher das du im Grunde genau weißt wovon ich rede nur das du es im Moment nicht verstehst. Ich möchte das du mir erzählst was du in der Nacht bevor wir uns kennengelernt haben geträumt hast.“ Verwirrt starrte ich ihn an. Ich hatte keine Ahnung wovon er da redete und was das ganze sollte. Doch ich erzählte ihm von dem Traum mit den silbrig schimmernden Flügel wobei ich verschwieg wie real mir dies alles vorgekommen war. Als ich zu Ende gesprochen hatte lächelte er sanft. „Genau das meinte ich. Du denkst es sei nicht real nur weil du nicht daran glaubst. Doch es ist real. Diese Nacht hat nicht nur in deinem Kopf stattgefunden. Genau wie die zweite Erscheinung der Flügel wo du so getan hast als hättest du nur Kopfschmerzen gehabt.“- „Woher weißt du davon?“, fragte ich schockiert, denn ich hatte die zweite Erscheinung der Flügel gar nicht erwähnt. „Ich habe es gespürt“, erwiderte er. Er deutete auf das Armband „Das hat verhindert, dass die Flügel wieder auftauchen. Solange du es trägst wirst du dich nicht verwandeln. Aber wenn du es ausziehst werden sie sofort erscheinen und meine auch. Durch unsere besondere Verbindung verwandeln wir uns immer dann wenn der andere es auch tut.“ ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich hatte gedacht er wäre perfekt doch offenbar war er nur irgendein durchgeknallter Spinner, der beängstigend viel über meine Träume wusste. „Du bist verrückt.“,sagte ich matt und wich ein Stück vor ihm zurück. „Ich werde dir beweisen das es nicht so ist.“, flüsterte er. Er griff nach meiner Hand und nahm mir das Armband ab. Und da passierte es. Der stechende Schmerz zuckte durch meinen Rücken und diesmal dauerte es nur wenige Sekunden bis es vorbei war. Erschrocken sah ich zu ihm. Er war aufgestanden und stand nun in der Mitte des Raumes. Aus seinem Rücken ragte Flügel die so aussahen wie meine, nur dass sie nicht silbern sondern hellblau schimmerten. 

Das war definitiv zu viel für meine Nerven und ich begann zu zittern. Er ging zu mir und befestigte das Armband wieder um mein Handgelenk woraufhin die Flügel augenblicklich verschwanden. „Warum passiert das mit uns?“,fragte ich mit zittriger Stimme. „Es ist Schicksal. Das lässt sich nicht erklären.“- „Gibt es noch mehr die so sind wie wir?“- „Es gibt hunderte doch die anderen die ich kenne sind alleine und nicht so wie wir miteinander verbunden. Es gibt verschiedene Arten von Engeln. Man erkennt sie an den Farben ihrer Flügel. Das alles wird Eturiel dir erklären wenn deine Verwandlung abgeschlossen ist also in ein paar Wochen. Bis dahin solltest du das Armband tragen damit die Flügel nicht andauernd auftauchen.“ - „Woher weißt du das alles?“- „Meine Verwandlung ist schon seid ein paar Monaten abgeschlossen. Eturiel hat mir schon alles gesagt was ich wissen muss“- „Wer ist dieser Eturiel?“- „Seine Aufgabe ist es sich um neue Engel zu kümmern und ihnen alles zu erklären. Er war es, der in der ersten Nacht mit dir gesprochen hat. Du wirst in bald kennenlernen“- „Und was bist du für ein Engel?“- „Ich bin ein Bote. Ich überbringe Nachrichten.“- „Und ich?“- „Du“,sagte er und strich mir sanft über die Wange, „du bist ein Schutzengel“ - „Wen muss ich denn beschützen?“- „Das weiß ich nicht genau. Es ist jemand aus deinem Umfeld aber wer genau es ist wird sich erst später zeigen, wenn deine Fähigkeiten anfangen zu wirken. Von da an musst du diese Person beschützen aber es darf niemand erfahren was du bist. Es wäre zu gefährlich, denn man weiß nie wie jemand auf so etwas reagiert. Man würde dich vermutlich für verrückt halten oder glauben, dass du halluzinierst.“ Für einen Moment saßen wir nur beide schweigend da und sahen durch das Fenster zum mondbeschienenen Himmel. Ich fragte mich wie er das alles aushielt. Das Wissen, dass eine andere Welt neben unsere existierte und Engel unter uns lebten, mit niemandem teilen zu können. Zu wissen das man anders war aber selbst nicht wusste warum und nicht zu wissen was alles auf einen zukommen wird. Tausende Gedanken, die mir durch den Kopf rasten, doch er konnte mir seelenruhig alles erklären und schien kein Problem mit alldem zu haben.

„Hast du Angst?“,durchbrach er mit fragender Stimme die Stille. „Um ehrlich zu sein ja, ich habe furchtbare Angst!“- „Das brauchst du nicht. Ganz egal was passiert, ich werde niemals zulassen, dass dir etwas passiert! Niemals!“- „Sag nicht 'niemals', denn du kannst nicht versprechen, dass wir für immer beieinander sind. Das ist fast unmöglich für immer zusammen zu sein!“- „Aber eben nur 'fast' unmöglich.Wir werden uns nicht auseinander leben oder in jemand anderen verlieben oder so. Die Verbindung die zwischen uns besteht wird ewig halten. Und ich kann dir versprechen, das ich so lange ich lebe immer bei dir sein werde. Es gibt nichts auf dieser Welt was mich davon abbringen könnte! Ich weiß das klingt total übertrieben und es ist schwachsinnig so was zu sagen wenn man so jung ist aber ich glaube daran. Du hältst mich jetzt sicher für verrückt und das kann ich auch gut verstehen aber..“ Ich unterbrach ihn wobei es mir schwer viel zu sprechen, denn ich musste schwer dagegen ankämpfen nicht auf der Stelle los zu heulen: „Das klingt nicht schwachsinnig. Das klingt perfekt.“ Er sah mich grinsend an und ich konnte einfach nicht anders als dieses Lächeln zu erwidern. Dann rutschte er näher zu mir heran, legte seine Arme um mich und küsste mich auf diese atemberaubende Art und Weise und ich wünschte wir könnten den Rest unserer Ewigkeit einfach nur hier sitzen und uns küssen. Doch die Müdigkeit übermannte mich mehr und mehr. David schien das zu merken und sagte ich solle mich hinlegen und schlafen und er würde dort sitzen und meine Hand halten bis ich einschlafen würde.

Es dauerte nur ein paar Minuten bis ich einschlief. Die sanfte Berührung seiner Hand beruhigte mich und so viel es mir nicht schwer einzuschlafen.

Mit einem Lächeln im GesichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt