Nächstes Problem, nächste Sorge

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-Lydia-



Eine erdrückende Dunkelheit umgab sie. Sie versuchte sich zu bewegen, die Augen zu öffnen.
Erfolglos.

Sie hörte von weit weg ein schrilles Geräusch, aber sie konnte es nicht zuordnen. Es wurde immer lauter, kam näher. Hallend und ohrenbetäubend schallte es durch die Schwärze. Lydia versuchte sich anzustrengen, herauszufinden, was oder wer diesen Laut erzeugte.
Es klang wie...
Ein Schrei.
Klar und schneidend.
Er könnte Scheiben bersten lassen.
Sie riss ihre Augen auf, setzte sich ruckartig auf.
Der Schrei erklang immer noch, doch jetzt war er all umfassend, hallend.
Plötzlich wurde Lydia bewusst, dass sie diejenige war, die schrie.

Sie verstummte, als hätte sie plötzlich ihre Stimme verloren. Sie fuhr sich über das verschwitzte Gesicht und ihr fiel auf, dass ihre Wangen feucht waren. Hatte sie geweint?

Aber die bedrückende Schwärze, die Watte in ihrem Kopf, alles war weg. Sie konnte ihre Gedanken hören. Sie schien sich wieder von dem Bann befreit zu haben. Doch es kostete sie jedes Mal mehr Kraft. Irgendwann würde sie ihr ausgehen.

Lydia ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Schwaches Licht kam von den Deckenlampen und Fenster waren keine vorhanden. Der Raum war leer bis auf die Matratze, auf der sie saß. Die Tür war aus Stahl und sie wusste, dass ausbrechen keine Option für sie war. Schließlich hatte sie keine übernatürlichen Kräfte mit denen sie Wände und Türen durchschlagen konnte.

Sie fühlte sich unendlich müde und Tränen liefen ihr die Wange hinunter. Angst kroch durch ihren Körper, ließ sie erzittern. Sie wusste, dass er sie hier eingesperrt hatte, weil sie sich gewehrt hatte. Gegen den Bann, gegen seine Fähigkeiten.
Was würde er ihr antun?

Alle dachten immer, sie wäre stark.
Alle dachten, sie könnte es mit allen aufnehmen.
Immerhin war sie Lydia Martin.
Doch das war nur Fassade.
Sie fühlte sich gerade alles andere als stark und mutig.
Angst und Verzweiflung wie auch Schuld plagten sie.
Angst vor dem, was passieren würde, wenn diese Türe aufgeschoben wurde.
Verzweiflung, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte.
Schuld, weil sie ihren Freunden Leid zugefügt hatte.
Sie drückte sich an die harte Wand und versuchte sich wieder zu fangen.
Keine Furcht zeigen und mitspielen, so könnte sie hier vielleicht wieder raus kommen.

Sie würde kämpfen. Für ihre Freunde, die sie im Stich gelassen hatte.
Den Schmerz, den sie wegen ihr hatten erleiden müssen.
Doch als die Stahltür geöffnet wurde, stand ihr die Panik ins Gesicht geschrieben und orange Augen leuchteten ihr entgegen.







-Derek-

Scotts stürmisches Auftreten holte Derek wieder aus seinen Gedanken. Alle sahen geschockt aus und Stiles wiederholte immer wieder, dass er Scott doch ausdrücklich gebeten hatte auf Lydia aufzupassen. Auch Peter schien sich daran zu erinnern, das Mädchen im Wald gesehen zu haben. Beide wussten nicht genau, was mit ihr nicht stimmte, doch sie war in Gefahr und Peter gab wieder damit an, dass er derjenige war, der es schon seit längerem wusste.

Irgendwann wurde das Stimmengewirr zu viel für Derek und er stand auf.
„Stopp."
Sie führten ihre hitzige Diskussion weiter, ohne dass jemand reagierte.

„Haltet mal die Klappe!", brüllte Derek.
Alle drehten sich überrascht um und sahen ihn verdutzt an, als wäre er aus dem Nichts vor ihnen aufgetaucht.
„Was genau ist los? Und bitte langsam, Einer nach dem anderen."
Das Rudel hörte auf ihn, obwohl es das eigentlich gar nicht musste.

Scott fing an.
„Ich habe vorher meinen Anrufbeantworter abgehört und Lydia hat mir gestern Abend eine hinterlassen."
Er spielte sie ab und alle hörten die verzweifelten Worte der Banshee.
„Helft mir."

Man sah Stiles und Scott die Sorge an.
„Es war etwa um die gleiche Zeit wie der Angriff auf Peter."
„Ja, weil ich ja da war du Idiot.", mischte sich sein Onkel ein, der seine Überheblichkeit wieder gefunden hatte.

„Ich war gestern da. Ich weiß noch, dass ich ihr gefolgt bin und ich habe sie gesehen. Doch alles andere habe ich vergessen, weil dieser scheiß Fuchs meine Gedanken weg gepustet hat!", sagte er aufgebracht. Es schien ihm wirklich zuzusetzen, dass er einfach überrumpelt wurde.

„Wir müssen sie auf jeden Fall finden. Peter, weißt du noch wo es war? Wir könnten ihrer Geruchsspur folgen!", fügte Stiles hinzu.
Derek konnte sein Herz rasen hören. Er machte sich sichtlich große Sorgen um das erdbeerblonde Mädchen.
Peter schnaubte über die Dummheit von Dereks Gefährten.

„Hast du schon davon gehört, dass Kitsunes ihren Geruch unterdrücken können? Er hat wahrscheinlich Lydia irgendwohin geschleift und er wird nicht so dumm gewesen sein, seinen Geruch nicht zu überdecken. Genau wie den von Lydia."
Stiles fuhr sich aufgebracht über das Gesicht und Derek würde ihn gerne beruhigen, ihm sagen, dass sie sie schon finden würden.
„Okay, aber er war auch bei dir nachlässig Peter.", meinte Derek dann.
„Vielleicht wollte er, dass ich mich an diese Sachen erinnere.", antwortete er schnippisch.
Derek könnte seinem Onkel eine reinhauen. Dieses überhebliche Getue ging ihm auf die Nerven.

„Ich glaube weniger. Er braucht Lydia oder hat sie gebraucht. Nun müssen wir sie irgendwie finden. Ich schlage vor, dass Peter euch den Ort zeigt und ihr nach Spuren sucht."

Derek hatte seine Arme vor der Brust verschränkt. Scott war zwar der Alpha, aber manchmal war es auch hilfreich, wenn Derek die Führung und Planung übernahm. Denn sonst würden sie nirgends hinkommen.
„Scott du gehst mit Isaac und Peter, damit ihr bei einem Angriff euch verteidigen könnt. Ich passe auf Stiles auf, der mit nach Hause kommen wird.", beendete Derek seine Ansage und Stiles sah ihn empört an.

„Was? Ich werde mitgehen! Es geht schließlich um Lydia!"
Der Werwolf wusste, dass diese Antwort von Stiles kommen würde und er hatte auch keine Lust mit ihm jetzt darüber zu diskutieren.
„Stiles, du kommst mit. Oder muss ich dich erst mitschleifen? Ich will nicht, dass dir auch noch was passiert."

Typisch, Stiles fing an, seine Argumente auszupacken und Derek wusste, er war gut darin Leute zu überreden. Bei ihm würde das nicht klappen. Die anderen waren schon draußen und besprachen, wohin es ging.
„Derek, ich muss ihr helfen! Ich gehöre auch zum Rudel und will auch helfen. Scott ist dabei und kann mich beschützen und ich will nicht immer nur herumspritzen und nichts tun und..."

Doch Derek hörte nicht hin und lief auf ihn zu, packte ihn an der Hüfte und hob ihn auf seine Schulter wie einen Mehlsack. Nur das Stiles zehn Mal leichter war.
„Hey! Lass mich runter!", protestierte der Junge und klopfte gegen seinen Rücken.
Scott sah die Zwei fragend an, als Derek Stiles zum Auto trug und Peter lachte amüsiert.

Stiles sah seinen besten Freund flehend an, doch als dieser keine Regung zeigte, fing Stiles an zu zappeln.
„Du bist ein wahrer Freund, Scotty! Das nächste Mal sperre ich dich in eine Hundebox!"
Doch der Alpha lachte nur neckisch.
„Wünsche dir viel Spaß, Stiles!"
Derek parkte ihn auf den Beifahrersitz, schnallte ihn an und erntete einen trotzenden Blick von seinem Gefährten.
Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und machte eine beleidigte Miene.
Doch das störte Derek nicht im Geringsten.





-Stiles-

Er konnte es nicht fassen, dass er einfach hier in Dereks Loft bleiben musste und nichts tun konnte! Es machte ihn wahnsinnig, dass er Lydia nicht helfen konnte. Stiles tigerte durch das Loft und fuhr sich immer wieder unruhig durch die Haare.
Plötzlich summte sein Handy.
Es war sein Vater, na toll.
Zögernd nahm er den Anruf entgegen.

„Hey, Dad. Ich weiß, dass ich mich nicht gemeldet habe. Es tut mir echt leid. Ich bin bei Derek.", leierte er herunter, damit sein Vater vielleicht nicht so sauer war.
„Ja, aber ich möchte wissen, wenn du über Nacht bei Derek schläfst und wenn es wieder ein übernatürliches Problem gibt, möchte ich davon erfahren.", sagte sein John streng.

„Warte, wieso weißt du, dass ich bei Derek schlafe?"
Er hatte seinem Vater noch nichts von der Beziehung zwischen ihm und dem Sourwolf erzählt, denn er hatte es völlig verdrängt. Wie würde sein Vater reagieren?
Er hörte seinen Vater leise lachen.

„Scott hat es mir erzählt, eigentlich hat er mir alles erzählt. Du und Derek, naja, damit kann ich leben, obwohl es schon ein wenig merkwürdig ist."
Stiles war baff. Scott hatte ihm das peinliche Gespräch mit seinem Vater erspart, doch trotzdem würde er seinem besten Freund noch zur Rede stellen.
„Ähm, toll! Aber ich werde noch länger bleiben, weil ja übernatürliche Probleme und so.", versuchte er seinem Dad auszuweichen.

„Was ist bei euch los, Stiles?", wollte John wissen.
Stiles seufzte und sagte es ihm.
„Nur eine rachsüchtige Kitsune will uns alle grillen und mit unserem Blut böse Wörter an die Wand schreiben. Nichts Bedrohliches."

„Kira?!", fragte sein Dad verblüfft.
„Nein, jemand anderes. Keine Ahnung, okay?"
Er wollte nicht, dass sich sein Vater noch mehr Sorgen um ihn machte.
„Das klingt nicht gerade so, als hättet ihr alles im Griff."
Und da war sie wieder, die alles umfassende Sorge.
Jeder hatte sie und Stiles nervte sich ab diesem Dauerzustand sehr.

„Dad, Derek ist bei mir und du weißt, dass unser Sourwolf Superkräfte hat und mich beschützen kann. Er würde jeden in einem Umkreis von zehn Kilometer mit seiner miesepetrigen Art umbringen. Mir geschieht nichts und ich werde dich jeden Tag anrufen."

Stiles sagte es so locker wie möglich, denn er wollte seinen Vater nicht in die Schussbahn geraten lassen.
„Versprochen?", fragte sein Vater nachgebend.
„Versprochen."

The RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt