Reingelegt

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-Lydia-

Sie hörte wie die Türe leise geöffnet wurde und wappnete sich schon gegen weitere Angriffe und kniff ihre Augen zusammen, versuchte die Tränen zu verdrängen. Aber nichts passierte. Langsam öffnete sie die Augen und schielte vorsichtig zur Tür. Als sie erkannte, wer da stand, riss sie ihre Augen fassungslos weit auf. Ungläubig starrte sie ihn an, genauso wie er sie. Sie konnte nicht glauben, dass er sie wirklich gefunden hatte. Lydia versuchte sich an einem Lächeln.
„Stiles."

Er bewegte sich nicht, sah sie nur eindringlich an. Und wenn er gar nicht echt war? Nur eine weitere Illusion, ein weiterer Traum, der schön anfing und ihr Hoffnung gab, um sie nachher wieder zu rauben, indem der Traum zu einer Folter wurde? Da Stiles sich nicht bewegte, nichts sagte, bekam sie Zweifel. Lydia rückte ein wenig von ihm ab, drückte sich gegen die Wand und die Angst spiegelte sich in ihren Augen wieder.
„Stiles? Sag was."

Er kam langsam auf sie zu, machte eine beruhigende Geste mit den Händen.
„Lydia? Warum weichst du zurück?"

Die Angst ließ die Tränen rollen, ihr ging das zu schnell. Die Situation konnte sie nicht einschätzen. Echt oder Illusion?

Stiles war schon fast bei ihr und blickte sie ungläubig an, berührte sie fast.
„Fass mich nicht an!", schrie sie und drehte ihren Kopf von ihm weg, wollte ihn nicht ansehen. Ihre Arme schlang sie um sich selbst, erhoffte sich Schutz davon.

Stiles wich zurück, hob abwehrend die Hände. Er näherte sich ihr nicht nochmal, kauerte sich einfach ein wenig vor sie hin.
„Lydia. Ich bin es, Stiles. Ich tu dir nichts. Hey, Lydia. Sieh mich an."

Es klang wie Stiles, redete wie Stiles, sah aus wie Stiles. Konnte er sie wirklich gefunden haben durch die Träume, die sie versucht hatte ihm zu schicken? Misstrauisch sah sie ihn an. Stiles sah nicht bedrohlich aus und lächelte sie aufmunternd an, streckte ihr die Hand hin.

„Du...Bist du es wirklich? Stiles?", fragte sie leise. Die Angst war noch immer da, dass er sich veränderte, sie vielleicht angriff. Oder was ganz Neues, das ihr Schänder sich ausgedacht hatte. Stiles sah sie verwirrt an, als wüsste er nichts von all dem Grauen, dass sie erleiden musste.

„Natürlich Lydia. Ich habe deine Träume erhalten und möchte dich jetzt hier raus holen. Bitte, komm mit! Ich weiß nicht wie viel Zeit wir noch haben. Vertrau mir."
Sein Lächeln sah echt aus und die Sorge und das Vertrauen in seinen Augen konnte man nicht fälschen. Oder? Lydia blickte auf seine ausgestreckte Hand, die sich ihr darbot.
„Wirklich?"

Sie musste nachfragen, wollte nicht schon wieder diesen Horror erleben, nicht schon wieder in eine Falle geraten. Mit ihrer Hand wischte sie die Tränen auf ihrer Wange weg.
„Ja, Lydia."
Stiles' Stimme klang so ehrlich, voller Vertrauen.

Den Blick nicht von seinem Gesicht abwenden, griff sie zaghaft nach seiner Hand, damit sie sie jederzeit wieder wegziehen konnte. Doch wenn das ein Alptraum sein sollte, hatte sie eh keine Chance.

Stiles schloss langsam seine Hand um ihre und sie standen gleichzeitig vorsichtig auf. Keiner machte hektische Bewegungen und keiner nahm den Blick von dem anderen.
Nach kurzem, starren Stehen nahm Stiles Lydia plötzlich in die Arme und drückte sich fest an sich.

Sie war zuerst geschockt, war wie gelähmt und Angst stieg in ihr hoch. Aber das Einzige was Stiles tat, war sie zu halten, zu umarmen. Es fühlte sich wie Stiles an. Also erwiderte sie die Umarmung genauso stark und brach in Tränen aus.
„Du bist es wirklich.", schluchzte sie an die Schulter des Jungen.
„Natürlich bin ich es, Lydia.", sagte er.

Stiles löste sich aus der Umarmung und sah ihr tief in die Augen.
„Also, wir müssen jetzt von hier verschwinden bevor diese Feuerkitsune oder was auch immer er oder sie ist zurückkommt...", fing er an zu erklären, aber Lydia unterbrach ihn.
„Parrish."
Er sah sie verwirrt an.
„Was Parrish?"

Lydia blickte ihn lange an bevor sie antwortete.
„Parrish ist derjenige, der mich entführt hat und Cora getötet hat. Stiles, er ist es."
Der Braunhaarige packte sie an der Hand und zog sie durch den Gang.
„Wir müssen hier weg und es den anderen sagen, Lydia! Warum bin ich nicht eher darauf gekommen?"





-Stiles-

Es war die ganze Zeit vor seiner Nase gelegen! Das Parrish immer auf dem Polizeirevier fehlte wegen familiären Problemen und dazu war er noch ein übernatürliches Wesen! Keiner wusste, was er wirklich war. Wie konnten sie so dumm sein und ihn nicht in Betracht ziehen? Sie hatten viel zu weit gedacht. Er zog immer noch an Lydias Handgelenk, doch sie war wackelig auf den Beinen. Wahrscheinlich hatte sie kaum geschlafen und sie schien noch dünner zu sein, als sie es eh schon war. Doch sie mussten dringend hier raus.

Stiles hatte recht behalten mit den Träumen und rettete gerade Lydia. Derek sollte ihm echt mehr vertrauen. Wann hatte er nicht Recht gehabt? Stiles war immer derjenige, der alles herausfand und Derek, wie auch seinem Rudel den Arsch rettete. Der Werwolf würde schon sehen. Er kann gut alleine eine Rettungsaktion durchführen und auch heil wieder zu Hause ankommen. Hoffte er zumindest.

An der Leiter angekommen half er ihr hoch und kam dann nach. Es war immer noch dunkel und der Mond schien hell auf sie hinab. Stiles hatte kein gutes Gefühl und er wollte Lydia in Sicherheit bringen, bevor Parrish merkte, dass sie weg war.
Parrish. Das war einfach zu absurd. Er war immer hilfreich gewesen, ein guter Kerl eben.

Aber egal, er musste zuerst zurück zu seinem Jeep und weg aus diesem Wald.
„Weißt du den Rückweg noch, Stiles? Ich habe ein ungutes Gefühl. Wir sollten los.", meinte Lydia ängstlich.
„Willst du mir noch mehr Angst einjagen? Denn dann hat es funktioniert und natürlich weiß ich den Weg noch. Komm."

Er zog sie durch den silbern leuchtenden Wald und Angstschweiß bedeckte seine Stirn. Stiles fühlte sich beobachtet und er lief immer schneller. Der Pfad war gleich zu Ende und sie mussten zur Lichtung zurückfinden.

Wenn Derek hier wäre, hätte er vielleicht weniger Angst. Dann wurde wenigstens jemand mit übernatürlichen Kräften sie zu beschützen wissen.
Gott, er sollte aufhören über diesen scheiß Kerl von Werwolf nachzudenken. Derek hatte es nicht verdient, dass man über ihn nachdachte.





-Lydia-

Sie hatte keine Schuhe an, war barfuß auf dem erdigen Waldboden unterwegs. Da der Pfad nur sehr schmal war, wuchsen an gewissen Stellen schon Dornensträucher oder andere Pflanzen über den Weg. Ihre Flüsse waren schon blutig, aufgeschlitzt von Dornen, durchbohrt von Holzstücke am Boden. Das rote Blut gab einen starken Kontrast zu ihrer hellen Haut.

Doch sie beachtete es nicht. Das einzige, das sie trug war ihr Kleid, das von den vielen dünnen Ästchen schon an einigen Stellen zerrissen war und die Haut darunter wies Schrammen auf.

Sie wurde langsamer, weil sie keine mehr Kraft hatte. Tagelang hatte sie nicht geschlafen, fast nichts gegessen und nur auf dieser Matratze verbracht, versucht Stiles zu erreichen. Wenigstens Letzteres hatte geklappt. Aber sie war mit ihren Kräften am Ende. Physisch wie auch psychisch. Jetzt war sie einfach froh, dass sie jemand aus diesem Alptraum befreit hatte, jedoch waren sie noch nicht aus der Gefahrenzone raus.

Das ungute Gefühl schloss sich um ihr Herz und hielt sich dort hartnäckig fest, unmöglich es abzuschütteln. Die Müdigkeit versuchte die Panik zu unterdrücken, damit ihr Körper endlich an den wohl verdienten Schlaf kam. Aber sie kämpfte dagegen an. Sie konnte schlafen, wenn sie in Sicherheit waren. Trotzdem tat ihr alles weh und der Blutverlust war nicht hilfreich.





-Stiles-

„Stiles, nicht so schnell! Ich kann nicht mehr.", flüsterte Lydia hinter Stiles.
Also wartete er und stützte sie.

„Sorry, Lydia. Aber umso schneller wir hier draußen sind, desto besser. Du hast ein
schlechtes Gefühl? Ich ein miserables, zum kotzendes Gefühl!", belehrte er sie.

Mit seiner Hand fischte er das Handy aus seiner Hosentasche und leuchtete durch das Gebüsch, denn der Pfad führte sie nicht bis unmittelbar vor die Lichtung.
Sie liefen zielstrebig, aber vorsichtig durch das Unterholz. Das Einzige, dass sie hörten war ihr schwerer Atem und das Vorbeistreifen der Äste und Büsche an ihrer Kleidung und...ein Knacken.

Stiles bleib abrupt stehen und knipste das Licht seines Handys aus. Er bedeutete Lydia leise zu sein und zog sie näher zu sich heran. Wie froh wäre er jetzt Scott oder Derek hier zu haben.

„Scheiße!", fluchte er flüsternd. Lydia sah ihn fragend an.
Sein Baseballschläger lag noch in ihrer Zelle, er hatte ihn einfach liegen lassen!
Du solltest einen Orden für deine Dummheit bekommen, dachte er aufgebracht. Am liebsten würde er seinen Kopf gegen den nächsten Baum donnern.

Doch seine selbst hassenden Gedankengänge waren sofort verschwunden, als er ein weiteres Knacken vernahm, dieses Mal weiter hinter ihnen.
Panik kroch ihm kalt den Rücken hinauf und als er sich zu Lydia umdrehte konnte er dieselbe Angst in den ihren Augen lesen. Sie eilten durch den Wald bis sie plötzlich auf die Lichtung traten.

Ängstlich sahen sie sich um, doch der Wald war stockfinster im Gegensatz zu silbern erstrahlenden Lichtung, da der fast volle Mond genau über ihnen stand und direkt auf sie hinab schien.

„Stiles...Diese Lichtung...", flüsterte sie panisch.
„Was ist mit ihr? Ich muss Scott anrufen. Irgendwas ist da draußen und ich habe meinen Schläger in diesem scheiß Bunker vergessen!"
Lydia sah langsam zu ihm hinauf.
„Dieser Baseballschläger würde dir eh nicht viel nützen, glaub mir."
Ihre vorhersagende, unheilvolle Banshee Stimme kam zum Vorschein und Stiles würde jetzt am liebsten vor Angst wegrennen.

Mit den Fingern über das Handydisplay schwebend überlegte er, wen er anrufen sollte? Scott oder Derek? Scott war noch nicht aufgetaucht und er wusste bestimmt, was Stiles gerade tat. Derek würde ihn nur noch mehr anschreien und er hatte es satt mit dem Sourwolf über diesen Schrott zu streiten.

Er suchte Scotts Nummer auf seinem Handy und hielt Lydias Hand. Als er die Nummer gefunden hatte wollte er sich umdrehen und Richtung Jeep laufen, ertönte vor ihm eine Stimme.
„Wohin so eilig?"

Der Braunschopf erstarrte und Lydia klammerte sich an seinen Arm. Seine Augen geweitet, hob er den Kopf von seinem Handydisplay und blickte direkt in Parrishs hämisch grinsendes Gesicht. Seine Iris leuchteten orange und Stiles rutschte das Herz in die Hose.
Unauffällig drückte er die Anruftaste von Scotts Nummer und wendete den Blick nicht von dem Deputy vor ihm ab.

„Wir wollten nur mal einen Waldspaziergang machen und zufälligerweise bin ich auf Lydia gestoßen und jetzt wollen wir mit meinem Wagen nach Hause fahren, denn...ohh! Es ist schon spät und morgen wäre ja wieder Schule. Da war ich lange nicht mehr wie mir gerade eingefallen ist und..", plapperte Stiles nervös los und versuchte langsam um den Mann mit den feurigen Augen zu schleichen, aber Parrish war nicht so blöd, wie Stiles sich das erhofft hatte.

Denn dieser packte ihn am Hals. Lydia ließ aufschreiend die Hand von Stiles los und wich zurück. Das Handy flog Stiles aus der Hand und landete piepend auf dem Boden. Parrish hob den Jungen in die Luft, funkelte ihn böse lächelnd mit seinen immer noch flammenden Augen an. Stiles klammerte sich Luft schnappend an die Hand, die ihn in die Luft hob und versuchte daran zu ziehen, damit sein Angreifer losließ. Seine Luft wurde langsam knapp.

„Stiles, genau du solltest wissen, dass ich nicht leicht zu täuschen bin. Denkst du, dass ich ein so leicht zu knackendes Schloss einbauen würde, wenn ich nicht wollte, dass jemand Lydia findet? Du bist direkt in meine Falle geraten.", meinte er belehrend.
Keuchend wehrte sich Stiles gegen ihn. Parrish lächelte ihn noch einmal hämisch an und schleuderte Stiles dann gegen den nächsten Baum.





-Derek-

Es war noch zu früh, um aufzustehen, aber er war schon zu wach, als dass er noch mal einschlafen konnte. Die Sterne standen noch am Himmel und die Sonne würde noch ein zwei Stunden auf sich warten lassen. Aber das störte Derek kein bisschen. Er lief in seinen Trainingsraum und fing mit Klimmzügen an.

Nachdem er sich um die 60 Mal hochgezogen hatte, war sein Shirt Schweiß getränkt, doch das störte ihn nicht weiter. Derek hatte erst angefangen. Nach den Klimmzügen wollte er weiterfahren mit Bauchmuskel Training. Als er sich auf den Boden legen wollte, wurde er plötzlich von Schmerzen geschüttelt und er krümmte sich stöhnend zusammen. Schwer atmend am Boden kniend, versuchte er die Ursache des Schmerzes zu finden, aber er sah keine Wunde, auch keinen Angreifer. Er war alleine und nichts war zu hören.

Er versuchte aufzustehen, taumelte jedoch. Keuchend stütze er sich mit einer Hand an der Wand ab.
„Was zur Hölle?"
Derek suchte nach einem Grund. Fieberhaft durchforstete er sein Wissen in seinem Kopf und wurde fündig. Natürlich! Sorgen und Panik stiegen rasend in ihm auf.
„Stiles!"





-Scott-

Er wachte diese Nacht schon zum zweiten Mal wegen dem Klingeln seines Handys auf. Scott hatte den verräterischen Herzschlag von Stiles wahrgenommen und hatte eigentlich seinen besten Freund aufhalten wollten, doch er hatte den Schlaf so dringend gebraucht, dass er nach dem Telefonat gleich wieder in einen tiefen Schlaf gesunken war.

Dieses Mal war es wieder Stiles und Scott nahm ab.
„Stiles? Wo bist du? Ich wusste, dass du ohne mich gehen würdest, aber ich bin wieder eingepennt.", versuchte er sich eine Standpauke von Stiles vom Hals zu halten, aber er hörte nichts durch den Hörer. Nur ein Keuchen und eine Männerstimme.
„Stiles?"

Ein Schmerzensschrei ertönte, als jemand gegen etwas geschleudert wurde. Scott bekam Panik. Was war da los?!
„Stiles, verdammt! Antworte mir! Wo bist du? Was ist da los? Stiles!"
Scott rüttelte an Kira, die langsam zu sich kam und ihren Freund fragend ansah.
„Scott?"

Doch er gab ihr das Zeichen leise zu sein, denn in der Leitung tat sich was.
„Scott? Bist du dran? Hilf uns, bitte!", flüsterte eine weiblich vor Angst zitternde Stimme.
Dem Alpha stand der Schock wohl ins Gesicht geschrieben, denn Kira fasste nach seiner Hand.

„Lydia?", kam es ungläubig von Scott.
Doch alles was Scott noch hörte war ein durch Mark und Bein gehendes, schmatzendes Geräusch und ein kurz vor Schock aussetzender Herzschlag, ein erstickter Aufschrei und dann war die Leitung tot.
„Scott? Was ist los?", kam es besorgt von Kira, die ihren festen Griff von Scotts Hand ein wenig löste.

„Stiles hat anscheinend Lydia gefunden und ich Arsch bin wieder eingeschlafen und jetzt ist er alleine da draußen und ihnen ist was zugestoßen! Zieh dich an, Kira. Wir müssen sie finden! Denn dieses Geräusch...."
Scott blickte schockiert zu Boden.

„Wie klang es?", wollte Kira wissen.
Er blickte sie mit weit aufgerissenen Augen an.
„Als wäre jemand mit einer Waffe durchbohrt worden."

Binnen Sekunden waren sie fertig angezogen und rannten die Treppe hinunter. Melissa McCall kam verschlafen aus ihrem Zimmer.
„Scott? Wo willst du hin?", fragte sie und rieb sich die verwirrt schauenden Augen.
„Stiles und Lydia. Wir müssen zu ihnen! Ich erkläre es dir später!", leierte er schnell hinunter.

Als die Beiden die Tür öffneten kam gerade Derek vor dieser zum Stehen. Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben und er war außer Atem.
„Derek?", fragte Scott.
„Wir müssen Stiles finden.", keuchte er.

The RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt