Kein Glaube

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-Stiles-

Als er aufwachte, spürte er Dereks warmen Körper an seinen geschmiegt und ein zufriedenes Lächeln ließ sich auf Stiles' Lippen erkennen.
Doch ein Gedanke riss ihn aus seiner friedlichen Zufriedenheit.
Der Traum.

Er löste sich sanft aus Dereks Umklammerung und stahl sich ins Bad. Seit er mit Derek zusammen war, schlief der Werwolf viel besser und er wachte nicht mehr wegen jeder Bewegung oder wegen jedem Geräusch auf. Ob das positiv oder negativ war, konnte Stiles schwer sagen.

Er betrachtete sich im Spiegel und spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht, damit er wach wurde. Dieser Traum hatte sich so echt angefühlt und er wusste, dass es nicht nur einfach ein Traum gewesen war. Nein, es hatte sich viel zu lebhaft und real angefühlt. Lydias Stimme hatte so verzweifelt geklungen und er hatte es förmlich spüren können.
Stiles war tief in Gedanken versunken, als jemand im Türrahmen erschien.
„Stiles? Alles in Ordnung?"

Der Angesprochene fuhr erschrocken herum. Derek hatte doch nicht so einen tiefen Schlaf wie Stiles zuerst dachte.

„Alles in Ordnung.", brachte Stiles hervor. Er konnte jetzt nicht aufhören an den Traum zu denken. Es war doch irgendeine Botschaft darin verschlüsselt und er musste sie nur noch finden und auspacken.
„Dein Herzschlag verrät mir aber etwas anderes.", hörte Stiles Derek sagen und schon bald prickelte die Haut unter Dereks Berührung, als der Werwolf seine Hände auf des Jungen Hüfte legte.
Stiles versuchte sich von Dereks Händen nicht ablenken zu lassen, doch das war nicht so einfach.
„Derek."

Keine Antwort, nur Lippen auf seinem Nacken. Wie gerne Stiles darauf eingehen würde, aber er musste den Traum festhalten, solange er es noch konnte.
„Derek...Nicht."

Sein rationales Denken wurde immer mehr eingeschränkt und er reckte sich reflexartig Derek entgegen.
„Wieso nicht?", wollte Derek im spielerischen Ton wissen und trotzdem machte er weiter, ließ seine Hände über Stiles Körper wandern.
Eine Gänsehaut überzog Stiles ganzen Körper und ein leises Keuchen konnte bei Gottes Namen einfach nicht verhindert werden.
„Weil...da ist was... was wichtig ist..."

Er wurde herumgedreht, damit er in Dereks Augen blicken konnte. Er konnte gar nicht mehr sagen, wie viele Male er den Blick in diese wunderschönen Seelenspiegeln erwidert hatte, die Stiles Herz jedes Mals dahin schmelzen ließen. Am liebsten hätte er sich einfach fallen gelassen, hätte sich auf Dereks Berührungen eingelassen, nur um sich Sekunden später im Bett vorzufinden. Er würde nichts lieber tun als das. Doch eine nervige, kleine Stimme im hintersten Teil seines Kopfes ließ das nicht zu, holte ihn von seinem liebestrunkenen Rausch herunter.
„Derek. Stopp."

Und Derek erstarrte und blickte Stiles fragend an.
„Stiles?"

Der Braunschopf konnte sich vorstellen, dass Derek noch nie ein 'Nein' oder ein 'Stopp' zu hören bekommen hatte. Es bestand ja keinen Zweifel, dass er gutaussehend war und diesen Bad Boy Ausdruck besaß, dem man einfach nicht widerstehen konnte. Egal wie abschreckend er wirken sollte. Ehrlich gesagt, machte es Derek nur noch besser, gefahrvoller, in jeder Hinsicht heißer.

„Ich kann gerade nicht. Da ist dieser Traum und das konnte kein Zufall sein, dass ich davon geträumt habe. Ich würde liebend gern mit dir wer weiß was anstellen, wirklich. Aber ich bin mir sicher, dass dieser Traum was bedeutet."
Derek hatte seine Hände wieder bei sich und hatte einen nachdenklichen Blick aufgesetzt.

„Und wieso glaubst du das? Kann es nicht einfach sein, dass dein Unterbewusstsein das Verschwinden von Lydia verarbeitet indem du davon träumst? Es ist ja nichts Ungewöhnliches daran. Du machst dir Sorgen um sie. Dann ist es verständlich, dass du von ihr träumst.", versuchte Derek zu erklären.
„Aber dieses Mal war es anders. Ich habe den Ort ihres Verschwindens gesehen, bin genau da gestanden und habe gewusst, wo ich mich befand. Aber ich bin vorher noch nie dort gewesen. Du wolltest ja nicht, dass ich mitgehe."

Derek rieb sich die Stirn. Es war noch früh am Morgen und Stiles wollte dem Sourwolf keinen Grund geben schlecht gelaunt zu sein. Aber es war wichtig und musste besprochen werden.
„Das hätte jede Lichtung sein können, Stiles. Du hast eine lebhafte Fantasie und das wissen alle. Du kannst dir einfach eine Lichtung ausgedacht haben.", schlussfolgerte Derek.

Er wollte Stiles anscheinend nicht glauben. Es als einen einfachen, normalen Traum abtun.
„Sie hat mich gerufen, um Hilfe gefleht. Die Lichtung. Das kann kein Zufall sein Derek."
Sie liefen in die Küche und Derek warf die Kaffeemaschine an.
„Was macht dich so sicher?", wollte Derek müde wissen.
„Ich... Ich weiß es einfach.", beteuerte der Jüngere.

„Es muss eine Botschaft oder so sein. Wir müssen los und nochmal auf die Lichtung. Vielleicht kann ich den Weg, den ich gemacht habe, zurückverfolgen. Und vielleicht..."
Doch Derek unterbrach seine weiteren Gedankengänge.
„Stiles. Das bringt nichts. Es war einfach ein Traum. Es muss nicht alles immer eine Bedeutung haben, okay?"

Stiles starrte ihn an. Er war sich ja von früher gewöhnt, dass Derek nicht immer nette Kommentare abgab und auch mal ausrufen konnte. Doch seit sie einander so Nahe waren, hatte er nie mehr so mit Stiles gesprochen. Das verletzte den Jungen in dem Moment. Dereks harscher und genervter Tonfall.
Der Aberglaube der mitschwang und zeigte, dass Derek nicht darüber diskutieren wollte.

Stiles wich ein paar Schritte von dem ehemaligen Alpha zurück und stand noch ein wenig unter Schock. Doch das, was ihn noch mehr verletzte war die Tatsache, dass Derek nicht mal ahnte, was er in Stiles gerade ausgelöst hatte. Wie abweisend er gerade geklungen hatte und es scheinbar nicht mal bereute und Stiles nur ansah, ohne eine kleinste Regung.

„Okay, nur ein Traum...", murmelte der verletzte Junge leise, mit dem Wissen, dass der Werwolf in dennoch hören konnte.
Stiles ging ins Schlafzimmer und zog sich an. Wenn Derek recht hatte? Nein...
Unsicherheit schlich sich ein und Zweifel setzten sich fest, mischten sich mit dem Gefühl von Dereks harschen Worten. Er würde jetzt erstmal zu Scott gehen. Vielleicht konnte sein bester Freund ihm mehr sagen. Es könnte auch sein, dass Stiles einfach eine Nacht darüber schlafen sollte.
Da ihm gerade einfiel, dass er mal wieder eine Nacht bei seinem Vater verbringen konnte.
Ja, darüber würde er sich freuen.

Fertig angezogen, schob er die Tasche mit den Anziehsachen wieder in Dereks Schrank. Er hatte genug zu Hause und er würde eh wieder hierhin kommen. Nur wollte er gerade nicht hier sein. Denn Dereks verletzende Stimme hallte noch in seinem Kopf nach und er wollte gerade nicht bei einem mies gelaunten Sourwolf bleiben, der nur wegen ihm so drauf war.
Als er bei der Tür des Lofts ankam wurde er von Derek aufgehalten.





-Derek-

„Wo gedenkst du hinzugehen?", wollte der Werwolf von seinem Gefährten wissen.
„Zu Scott und zu meinem Dad. Denn ich werde mal wieder eine Nacht in meinem Haus zu verbringen.", sagte Stiles ausweichend.
Wieso wollte er nicht mit Derek reden?
„Und warum? Du bist da nicht sicher."
Er bemerkte das kurze Zögern und den ausweichenden Blick von Stiles und Derek fragte sich, was los war.

„Scott wird höchstwahrscheinlich bei mir sein und mein Vater ist der Sheriff, falls es dir noch nicht aufgefallen ist. Also kann mir nichts passieren."
Er quetschte sich an Derek vorbei aus dem Loft und marschierte ohne weiteres davon und ließ Derek einfach stehen. Seine Stimme hatte wieder diesen sarkastischen Ton angenommen und Derek wusste nicht, was er getan hatte, dass Stiles so abweisend werden ließ.

Er würde warten bis Stiles morgen wieder zu ihm ins Loft kam und dann konnten sie darüber reden. Auch wenn er eigentlich nicht so lange von Stiles getrennt sein wollte und sein Wolf traurig aufjaulte. Doch er musste Stiles diesen Freiraum geben.
Derek konnte ja mal nach Peter sehen, obwohl er sich auch mit seinem Onkel verkracht hatte.

Also konnte er auch nicht dorthin, denn Peter würde nur wieder herablassende Sprüche fallen lassen und auf das hatte Derek keine Lust.
So musste er Wohl oder Übel abwarten und sichergehen, dass niemandem was passierte.

Das hieß Rudeltreffen ohne Scott. Denn dieser musste bei Stiles bleiben, damit ihm niemand ein Haar krümmte und dieser Lydia Traum konnte er sich auch gleich wieder aus dem Kopf schlagen. Es machte Derek irgendwie wütend, dass Stiles es als Symbol, als Nachricht ansah und dachte Lydia würde ihn höchstpersönlich in seinen Träumen besuchen. Ist da ein Stück Eifersucht? Nein, sie waren Gefährten und Lydia interessierte sich gar nicht für Stiles.

Derek schüttelte den Kopf. Doch wenn es mit Lydia und diesen Träumen etwas auf sich hatte und Stiles eine Verbindung zu der rothaarigen Banshee hatte... Nein, dieser Gedanke beunruhigte Derek und sein Wolf knurrte leise bei dem Gedanken.
Vergiss es.

Zuerst würde er das Rudel zusammenrufen, Informationen einholen und Kampftraining absolvieren, denn der Feind würde früher oder später wieder zuschlagen und er musste alle vorbereiten. Auch wenn er nicht mehr der Alpha war, hatte er dennoch die meiste Erfahrung.
Nachdem er Scott angerufen und mit ihm alles besprochen hatte, fing seine Methode, sich von Stiles abzulenken, an.





-Lydia-

Sie wusste nicht, welche Tageszeit es war.
Hatte keine Ahnung, wie lang es her war, seit er weg war. Minuten, vielleicht aber auch schon Stunden.

Lydia hatte versucht irgendwie jemanden zu erreichen, doch sie war sich nicht sicher, ob sie dieses Ziel erreicht hatte.
Ob sie diese Fähigkeit überhaupt besaß? Ein Versuch war es wert und sie würde auch in naher Zukunft nicht aufgeben.
Sie hatte versucht Stiles zu erreichen, denn er würde es am ehesten glauben. Er war derjenige, der immer alle Rätsel löste und somit auch herausfinden würde, wo Lydia war.

Doch sie war sich nicht sicher, ob sie ihn seinen Traum vordringen konnte.
Aber es war ihre einzige Chance irgendjemanden zu kontaktieren.
Jetzt konnte sie es nur noch weiter versuchen und hoffen.

„Sie werden mich finden.", flüsterte sie zu sich selbst.
Die Hoffnung starb bekanntlich zu Letzt.
„Ich weiss es."





-Stiles-

Er hatte mit Scott über den Traum gesprochen und auch über Dereks Verhalten, wenn auch nur zaghaft.

Aber sein bester Freund meinte das Gleiche wie Derek, dass es halt einfach nur ein Traum war, nichts Bedeutungsvolles. Auch das Derek wahrscheinlich einfach nur gestresst war und es nicht mit Absicht getan hatte. Scott konnte sich nicht vorstellen, dass Derek Stiles absichtlich angefahren hatte oder seine Gefühle verletzen wollte.

„Mach dir keine Sorgen, Stiles. Es ist Derek. Er kann nicht so gut mit Gefühlen umgehen. Er wollte das bestimmt nicht."
Stiles blickte zu Boden.
„Vielleicht."

Scott und Derek glaubten seiner Theorie nicht und Stiles hatte Zweifel wegen Dereks kleinem Ausraster.
„Naja, dann werde ich mal gehen. Ich muss nach Hause, tut mir leid Bro.", sagte Scott mitleidig.

„Schon okay. Ich schlafe jetzt eh mal ne Runde und dann sehe ich morgen nach meinem Dad. Er hat sich den Morgen für mich freigenommen."
Ein kleines Lächeln huschte über Stiles Gesicht. Sein Dad war immer für ihn da und er konnte mit ihm über alles reden.

„Ach ja, Scott. Das nächste Mal informierst du mich, wenn du mit meinem Dad über mein Liebesleben redest."
Der Alpha lief rot an und man konnte ihm das schlechte Gewissen schon von den Augen ablesen.
„Sorry, er hat mich gefragt, wie es dir geht und wie lange du noch bei mir bleibst. Da ist es mir raus gerutscht."

Stiles konnte den Welpen Augen seines Freundes nicht böse sein und vergab ihm deshalb. Er hasste es sowieso, sich mit Scott zu streiten.
„Schon okay."
Er brachte Scott zu Haustür und verabschiedete sich.
Mal sehen wie es sich heute schlafen ließ.



Stiles wachte wieder im selben Wald, auf derselben Lichtung auf.
Auch wenn er wusste, was passieren würde, kroch die Angst durch seine Adern und ließ sein Blut darin gefrieren. Die Dunkelheit und die Stille war bedrückend und Stiles fühlte sich beobachtet.

Er drehte sich im Kreis, versuchte zwischen den dunklen Bäumen etwas zu erkennen. Das Einzige, das er hören konnte war sein eigener, sich beschleunigender Herzschlag. Deutlich und laut hallte er in der Stille wieder.
Plötzlich zerriss ein Ruf die Stille.

Hilfe!

Lydia.
Stiles wusste, dass sie es war und dass sie Hilfe benötigte.
Die Stimme war stärker und klarer als das letzte Mal und machte es Stiles leichter ihr zu folgen.
„Lydia!"

Stiles? Finde mich!

Er stolperte mehr, als er rannte.
Dennoch gab Stiles alles und versuchte dabei nicht zu stürzen.
„Ich komme!"
Verzweiflung und Panik breitete sich in seiner Brust aus und er atmete schwer.

Hier, Stiles!

Er bündelte all seine Kraft und sprintete in die Richtung, aus der Lydias Rufe kamen.
Stiles musste sie erreichen, durfte nicht nochmal versagen.

Bitte, Stiles!

„Lydia, bitte! Gib nicht auf..."
Langsam verließen Stiles die Kräfte und Tränen lösten sich aus seinem Augenwinkel.
Wieso weinte er schon wieder?
Seine Füsse fühlten sich schwer an und es wurde immer schwerer sich fortzubewegen.

„Lydia..", flüsterte er.
Stiles' Blick verschwamm durch die Tränenflüssigkeit, die sich ansammelte und ein Schleier legte sich über sein Sichtfeld.

Stiles...

Ihre Stimme wurde schwächer und Stiles musste sich beeilen.
Doch das war nicht so einfach, denn er wurde langsamer, seine Füße schwer wie Blei.
Er rannte keuchend und fiel hin.
'Schon wieder', dachte er sich.
„Nein." , wimmerte er, als die Dunkelheit ihn verschluckte und Lydias Stimme immer dünner wurde, bis sie schließlich ganz verschwand.

The RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt