Silvia II

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Als ich endlich beim letzten Block für diesen Tag- Erdkunde- angekommen bin, kann ich gar nicht mehr anders, als alle zehn Sekunden auf die Uhr zu gucken, nur um dann festzustellen, dass nicht mehr Zeit vergangen ist, als eben genau diese zehn Sekunden. Ich stecke in einer Zeitschleife fest, die mich einfach nicht aus der Schule entlassen will. Trotzdem schaue ich immer wieder auf die hässliche Plastikuhr, nur um erneut enttäuscht zu werden. Ich verstehe einfach nicht, wieso man nach dem Mittagessen überhaupt noch Unterricht hat. Die meisten sind in Tuschellaune, schlecht gelaunt weil das Essen in der Cafeteria so scheiße schmeckt oder high von Aktivitäten die recht wenig mit Essen zu tun haben. So oder so, keiner kann sich mehr konzentrieren und da ist der einschläfernde Ton der Stimme von unserem dicken und stets verschwitzen Erdkundelehrer bei Weitem keine Hilfe.

Zum Glück sitze ich recht weit hinten in der Klasse, an einem Platz von dem unser Lehrer nicht merkt, dass ich langsam mein Handy aus meiner Jeanstasche fische und Ecosia öffne. Mein Sucht nach dem Internet stemple ich wie immer als ganz normal ab- abgesehen davon bin ich nicht die Einzige, die die Chance nutzt, dass unser Lehrer mal wieder ganz auf sein unleserliches Tafelbild konzentriert ist. Er fragt sich wahrscheinlich entweder, wieso jeder seiner Schüler aussieht wie ein Serienmörder, wieso zum Teufel er sich für diesen Beruf entschieden hat oder was es heute Abend zu Essen gibt.

Internetsucht, gebe ich in meine Suchmaschine ein und bereue jeden Cent meines Datenvolumens sofort den ich dafür verschwendet habe, als ich sehe, was mir daraufhin angezeigt wird.

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Ich verziehe das Gesicht und bedauere bereits meine Zeit damit verschwendet zu haben solche schwachsinnigen Anzeigen durchzulesen- doch dann fällt mir wieder ein das alles besser ist als Erdkunde und dem gelangweilten Ton von unserem Lehrer zuzuhören, der mich zwar schon seit drei Jahren unterrichtet, mir aber trotzdem nie sein Name einfallen will.

Lehrermorde, finde ich mich als nächstes in der Suchleiste eingeben. Und noch bevor ich mich fragen kann, ob ich ein ernsthaftes Problem habe, springen mir bereits die ersten Titel ins Auge. PANIK, heißt es überall, woraufhin ich nur mit dem Kopf schüttele. Ich scrolle noch ein bisschen weiter nach unten, bis ich dann tatsächlich auf einen interessanten Artikel stoße.

Gewalt in Acapulco – Fast 10 Prozent der Schulen geschlossen

In dem Artikel erfahre ich, dass im November 2015 in einer Hafenstadt namens Acapulco wohl viele Lehrermorde stattgefunden haben und sogar Schulen deswegen geschlossen werden mussten. Es werden auch Zahlen genannt, doch die überfliege ich bloß. Alles was mit Mathematik assoziiert werden kann ist Gift. Das nächste was ich eingebe ist der Name der Stadt;

Acapulco (Guerrero), Mexiko

Die interessanten Informationen über die Stadt halten sich in Grenzen. Ich seufze und werfe einen flehenden Blick auf die Uhr. Doch es sind nicht einmal fünf Minuten vergangen. Nicht einmal das Internet vertreibt die Langeweile, von der unser Lehrer größere Massen ausstrahlt, als unsere Englischlehrerin beim Sprechen sabbert. Und ich schwöre, dass man nach einem Block dieser Lehrerin glaubt, dass die Schüler in der ersten Reihe Schwimmunterricht hatten- wahrscheinlich sind deswegen ganz zufällig im Nachmittagsunterricht am Mittwoch immer die Leute krank geschrieben, die eben auf genau diesen Plätzen sitzen.

Plötzlich wird die Tür zu unserem Klassenzimmer geöffnet und ich hoffe fast schon, dass es ein Attentäter ist, der unseren Erdkundelehrer umlegen will- auch wenn Mexiko sich auf einem anderen Kontinent befindet. Doch es ist kein Attentäter, auch kein gestörter Schüler mit Messer in der Hand, oder unsere Direktorin, die uns verkündet, dass der Corona Virus ein zweites Mal ausgebrochen ist und wir unsere Schulkarriere im Großen und Ganzen sowieso in die Tonne kicken können und nach Hause gehen sollen.

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