AUGUST:
Es war ein komisches Gefühl, der letzte Schultag. Wir frühstückten zusammen. Ziemlich sinnlos, jeder gibt doch eh nur damit an, was er für tolle Sachen von seiner Mutter mitbekommen hat.
Danach Zeugnisse. Der blanke Horror. Meine Noten hatten sich in diesem Halbjahr dermaßen verschlechtert, dass ich es nur mit Mühe und Not geschafft hatte. Und dank deiner Mutter, die den Lehrern so lange die Ohren voll gejammert hat, in welch einer schwierigen Situation du jetzt steckst. Ich verdrehte die Augen, aber diese blöde Stimme hatte Recht. Ich bin nicht blöd. Außerdem habe ich das Recht auf einen Namen. Jetzt übertreibst du aber wirklich. Ich weiß noch nicht mal, ob du ein Mädchen oder ein Junge bist, und außerdem will ich dich gar nicht haben! Es war, als würde die Stimme die Kränkung überhört haben und plapperte einfach fröhlich weiter: Wie wäre es denn mit Akira? Das bedeutet: Intelligenz, Klugheit oder Helligkeit. Es würde gut zu mir passen. O...K. Wenn man unter Intelligenz oder Klugheit versteht, wie man am besten nerven kann, dann ja. Bitte. Mein anderes Ich zog das Wort nur so in die Länge. Na gut, wenn es dich zufrieden stellt und du dann aufhörst zu nerven, meinetweg ...
Ich wurde unterbrochen, weil der Lehrer mich darauf aufmerksam machte, dass ich an der Reihe wäre, zu erzählen, was ich in den Ferien machen würde. Ich mache gar nichts, außer zu warten, dass sie vorbei gehen. "Ich fahre vielleicht mit meinem Vater weg, ans Meer." Das war gelogen. Obwohl, Meer klingt gut.
"OK, fuhr der Lehrer fort. "Und du Felix, was machst du?" Ich schaltete wieder ab. Mir war es egal was Felix in den Ferien macht. Falsch! Du willst einfach nur nicht hören, was Felix macht, weil er bestimmt WIRKLICH ans Meer fährt, und nicht wie du, nur in den Träumen. Danke nochmals, Ich ... Akira, ich heiße Akira. OK, dann halt Akira, ich wollte vermeiden, dass ich genau daran denke, was du mir eben gerade aufgedrängt hast. Vielen Dank auch.
Gern geschehen! Und ich konnte förmlich spüren, wie sie grinste. Wenigstens nennst du mich jetzt Sie. Du machst Fortschritte. definitiv. Klappe Akira. Wäre es nicht angebracht, dir mal einen anderen Spruch auszudenken, um mich zum Schweigen zu bringen, bzw. es zu versuchen. Halt einfach dein Maul! Wenigstens etwas anderes.Ruhe, endlich. Ich schaute aus dem Fenster, hörte das Rauschen der Bäume. Es half mir, nicht daran zu denken, was für eine schöne Zeit die anderen hatten, während des Sommers. Loki, fing ich an. Es kann nicht ewig so weitergehen. Ich hab keine Freunde, keinen Halt. Es macht alles keinen Sinn mehr. Ich kann noch nicht einmal mehr richtig mit Leuten reden, ohne Angst zu bekommen, verletzt zu werden.
Doch kannst du, denke an Leon, den kleinen Jungen. Du musst dich nur trauen.
Akira, lass das, bitte.
Du kannst nicht ewig in diesem Exil bleiben.
Genau aus diesem Grund, bete ich ja.
Beten? Das nennst du beten? Das ist eher deinen Leidensweg erzählen, immer und immer wieder.
Es hilft.
Dann erzähle es allen.
Genau dass ist das Problem, ich kann es nicht.
Du tust es doch schon, du redest mit mir darüber, mit Loki.
Das ist etwas anderes!Akira sagte nichts. Vielleicht ist sie doch nicht ganz so schlimm, sie kann einfach nur des öfteren ihre Klappe nicht halten.
Wenn nur ein Zeichen kommen würde, dass Loki irgendwo da draußen wäre.
Er ist da draußen! Was, was hast du gerade gesagt. Er ist da draußen! Jaja, das habe ich verstanden, nur wieso stimmst du mir zu? Das tust du nie. Weil ich eingesehen habe, dass du ihn brauchst. Ich habe eingesehen, dass er momentan dein einziger Halt ist. Mir blieb die Spucke weg, so eine Einsicht hatte ich nicht von ihr erwartet. Und, fügte sie hinzu. Es ist der einzige Weg, das Gejammer von dir loszuwerden. Na toll, da macht man sich einmal die Hoffnung, sein zweites Ich würde zu Vernuft kommen, und dann das."Haley, ich möchte gerne den Klassenraum abschließen." Ja mach doch, interessiert mich nicht. Doch tut es, sonst wirst du eingeschlossen. Scheiße.
Ich sprang auf und beeilte mich und meine Tasche aus dem Raum zu bekommen. Ein kurzes Nicken zum Lehrer müsste genügen. Auf nach Hause. Und dann? Keine Ahnung, zeichnen? Mal was anderes außer zeichnen, du zeichnest nur. Wie wäre es, deinen Vater anzurufen. Nein, nicht meinen Vater. Cleo? Wie denn, ich habe keine Telefonnummer, keine Adresse. Google, Haley, Google. Wenn du meinst. Und du bist dir sicher, dass es eine gute Idee ist, Cleo zu schreiben? Natürlich. Und was ist, wenn sie nicht antwortet? Sie hst die letzten sechs Monate nicht geantwortet. Das kann verschiedene Gründe haben. Welche? Stille. Hallo. Immer noch Stille. Du redest immer wenn du nicht sollst, aber wenn du reden sollst, dann kommt nichts oder was. Wie gesagt, ich bin du, und ich weiß auch nicht mehr als du, ich kann dir nur Gedanken deutlich machen, die du übersiehst. Danke, hilft mir weiter. Wenigstens kannst du sagen, dass du es versucht hast. Jaja, ich habe es verstanden!
Zu Hause setzte ich mich auch wirklich an den Rechner, nur dass Problem war, ich fand nichts. Du hast es wenigstens versucht.
Jeden Morgen schaute ich nach ob Cleo geschrieben hat. Und jeden Tag wurde der Stapel von den fertigen Bildern größer. Ich kann nicht behaupten, dass sie alle gleich waren, nur irgendwie hatte ich das komische Gefühl, als würde ich nicht malen, sondern ein Tagebuch schreiben. Ich hatte alle mit einem genauen Datum beschriftet, inklusive Uhrzeit. Akira meinte schon, ich wäre jetzt vollständig verrückt geworden.
Jeder Tag war gleich:
Aufstehen; Frühstück; Nach der Post schauen; Zeichnen; Abendbrot; Wach im Bett liegen; Zu Loki beten; Einschlafen.
Die Schule hatte mir wenigstens ein bisschen Abwechslung gegeben, nur jetzt waren Ferien. Sechs Wochen, immer das gleiche und ich kann nicht sagen, dass ich in diesen sechs Wochen mehr als fünf Wörter geredet hatte.
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Am Ende meiner Reise (Loki FF)
Conto(ehemals You, at the end of my journey) Die Eltern ließen sich scheiden, die Freundin zog in die Schweiz und der Glaube an Gott verließ Haley nicht nur langsam, sondern rasend schnell. Sie vertraute niemandem mehr, redete nicht, saß ihre Tage ab, do...