Gunpowder and lead

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Nach ein paar Minuten hatte ich mich wieder gefangen und rief bei Martin an.
Er war am Mittwoch mit seinem Freund feiern und die beiden hatten wohl etwas Zuviel getrunken. Sie ließen sich dazu hinreißen auf offener Straße Händchen zu halten und wurden von ebenfalls betrunkenen Männern dabei gesehen. Homosexualität war bei den meisten in unserem Dorf verpönt, als würden wir noch im 19. Jahrhundert leben. Mit drei Leuten hatten sie auf meinen Ex eingeprügelt. Aber da es ihm relativ gut ging, wollte er nicht, dass ich meine Zelte in Berlin abbreche.
„Lotte, Nutz die Chance die das Schicksal dir geschenkt hat und reiß den Typen vom Hocker." sagte er, bevor wir uns verabschiedeten.

Da ich die schwere Metalltür mit einem Stein offen gehalten hatte, musste ich nicht klopfen und ging die erste Treppe hinauf, als ich ein Gespräch zwischen Vincent und Dag hörte.
„Whynee, Du musst zugeben, dass die kleine Talent hat. Ihre Stimme hat was, was einem ne Gänsehaut macht und mit den richtigen Beats könnte aus ihr echt ein Star werden." sagte Dag.
„Na so außergewöhnlich war sie jetzt nicht. Für so kleine Kaschemmen wie das „Dreams" ist das ja ok, aber ich glaube nicht, dass die Süße auf großen Bühnen klarkommen würde. Sie konnte uns beim Singen ja noch nicht mal ansehen und diesen weichgespülten Balladenkram hast du doch im Moment wie Sand am Meer in der Musikindustrie." antwortete der Produzent schon fast abwesend, als würde er sich diese Gründe aus den Fingern saugen.
Ich stand auf dem obersten Treppenabsatz und die beiden, sowie Thilo, hatten mir den Rücken zugekehrt.
„Ich geb euch weichgespülten Balladenkram" dachte ich, in meiner Ehre gekränkt. Leise schlich ich auf Zehenspitzen zurück zu der Gitarre, die noch immer auf dem Sofa lag und legte mir den Schultergurt um.

County road two thirty-three under my feet
Nothin' on this white rock but little ol' me
I've got two miles till he makes bail
And if I'm right, we're headed straight for hell

I'm goin' home, gonna load my shotgun
Wait by the door, and light a cigarette
If he wants a fight, well, now he's got one
And he ain't seen me crazy yet
He slapped my face, and he shook me like a rag doll
Don't that sound like a real man?
I'm going to show him what little girls are made of
Gunpowder and lead *

Zugegeben es war eine Rockballade die ich vor 4 Jahren geschrieben hatte, als ich endlich den Mut hatte aus einer gewalttätigen Beziehung auszubrechen.
Sobald ich den ersten Ton gespielt hatte, drehten sich die drei Männer synchron um und schauten mich mit offenen Mündern an.
„Soviel zu dem Thema. Ich sagte schon, dass ich viele verschiedene Richtungen in meiner Musik verwende" mit einem schon fast selbstgefälligen Grinsen schaute ich in die Runde und Dag war der erste, der seine Handflächen zu einem Applaus zusammen schlug, bevor die anderen mit einstiegen.
„Die kleine hat Eier" bemerkte der kleinere und schlug seinem besten Freund lachend auf die Schulter.
„Ist ja gut. Du bekommst eine Chance. Diese Woche bin ich allerdings komplett ausgebucht. Ich würde sagen, du gibst mir deine Nummer und ich melde mich, sobald ich Luft habe. Dann kannst du nochmal herkommen und wir sehen weiter. Deal?" Vincent trat lächelnd auf mich zu und streckte mir seine Hand entgegen. „Deal" antwortete ich freudestrahlend und musste mich zusammenreißen um dem hübschen Berliner nicht sofort um den Hals zu fallen.
Thilo war so freundlich mich nach Hause zu fahren.
„Mach dir keinen Kopf. Du gefällst Vincent, dass konnte ich sehen und Dag hast du anscheinend schon jetzt um den Finger gewickelt, so wie er sich für dich eingesetzt hat. Schätzungsweise sehen wir uns jetzt öfter" Thilo hatte das Fahrerfenster heruntergefahren und rief mir diese Worte auf dem Weg zur Haustür hinterher. Mit einem „Hoffentlich und danke fürs heim bringen" schloss ich die Tür auf und winkte ihm zum Abschied.
Kaum in meiner Wohnung angekommen, vibrierte mein Handy erneut. Eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.

Vincent:

Kurz nachdem Thilo und Lotte gegangen waren, hatte sich auch Dag verabschiedet. Zwar hatten wir noch mehr als genug zu tun, immerhin war das neue Album schon fast fertig, aber der Verantwortungsbewussteste war mein bester Freund ja noch nie gewesen.
Ich ging die Letzte Treppe hoch und setzte mich vor meinen Rechner. Irgendetwas in meiner Hosentasche nervte aber ungemein und ich zog den Zettel auf dem Lotte ihre Handynummer aufgeschrieben hatte hervor. Meine Gedanken trugen mich wieder eine Stunde zurück. Ich wollte mich an ihre Stimme erinnern um schon mal passende Beats zusammenzustellen, aber so sehr ich mich auch anstrengte, alles woran ich mich erinnerte war ihr Lächeln und ihre dunklen Augen.
Sie sah so unbeschwert aus und wenn sie lachte blitzten ihre strahlend weißen Zähne in der Sonne.
Ich tippte ihre Nummer in die Kontakte meines Zweithandys, dass ich immer für meinen Job benutzte und wollte ihr schreiben, doch irgendetwas hielt mich davon ab.
Mein Privates Handy lag unten auf dem Tisch und ohne weiter darüber nachzudenken stand ich wieder auf, ging runter und textete der schwarzhaarigen von diesem Telefon.

Hi, Lotte.
Hier ist Vincent. Ich dachte es wäre ganz gut, wenn du auch meine Nummer hast. Deine Stimme hat wirklich Potenzial und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dir. LG Vince

*Gunpowder and lead - Miranda Lambert

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