Könntest du?

270 11 14
                                    

Vincent:
Ich folgte Lotte in ihre Wohnung. Ich hatte das Gefühl, mein Herzschlag würde durch das ganze Treppenhaus schallen, so stark pochte der Muskel in meiner Brust.
„Es ist nicht viel, aber es ist meins" sagte sie, als sie die Wohnungstür öffnete.
Es war ein, für diesen Stadtteil typisches, Einzimmerappartement, mit Bad und Küche, aber gemütlich eingerichtet. Ich hängte meine Jacke an die kleine Garderobe und ging ihr hinterher in das Wohnzimmer, welches wohl auch als Schlafzimmer diente, denn auf dem Sofa lag ein Kopfkissen und eine Bettdecke.
Man konnte Charlotte die Scham im Gesicht ansehen. Dass ich ihr Nachtzeug gesehen hatte, war ihr wohl peinlich, denn eine gesunde Röte zeigte sich auf ihrem Gesicht und sie packte die Sachen schnell in den Kasten unter dem Sofa.
„Alles gut! Ich schlafe auch nicht in einem goldenen Bett mit Diamantbesetzter Decke" lachte ich um die Sache etwas aufzulockern.
„Möchtest du was trinken? Wasser, Cola und Bier könnte ich dir anbieten" fragte Lotte und schaute mich an. „Trinkt man in solchen Fällen nicht Kaffee?" grinsend sah ich ihr zu, wie sie versuchte Ordnung zu schaffen. Eigentlich würde ich gerade mein Leben für ein Bier geben, aber ich hatte Angst, dass sie das falsch aufnehmen konnte, da ich ja mit dem Auto hier war und auch wieder zu mir fahren musste. Obwohl ich das garnicht wollte.

Lotte:
Ich ging in die Küche um Getränke zu holen, als mein Blick auf die Uhr fiel. „05:30? Fuck! Wir könnten wirklich schon einen Kaffee trinken" sprach ich leise zu mir selbst und kicherte. Trotz seines Spruchs entschied ich mich für Cola. Mit der Flasche unter dem Arm und zwei Gläsern in der Hand ging ich wieder zu Vincent, der bequem auf der Couch saß und meine Gitarre auf dem Schoß hatte.
„Die hat aber auch schon bessere Zeiten gesehen, wa?" sagte er mit dem typischen Berlinerdialekt, den er sonst so gut überspielte.
„Man macht sich nicht über die Instrumente seiner Freundin lustig" lachte ich und nahm ihm, nachdem ich die Getränke auf den Tisch gestellt hatte, mein liebstes Stück aus der Hand. Vincent starrte mich an und erst da fiel mir auf, was ich da gerade gesagt hatte.
„Also rein platonische Freundin" schob ich hinterher und wäre am liebsten sofort im Erdboden versunken.
„Was hälst du davon, mir noch etwas vorzuspielen? So als rein platonische Freundin" sagte Vincent und zwinkerte grinsend.
Irgendetwas in seinem Blick sagte mir, dass er nicht nur mit mir befreundet sein wollte und ich dachte an den Freitag zurück, an dem wir uns fast geküsst hatten. Dann fiel mir sein Blick und seine Wut vorhin im Club wieder ein. Sein ganzes Verhalten hatte schon mehr von Eifersucht, als davon eine einfache Freundin vor einem aufdringlichen Typen zu retten.
„Ok, aber ich muss dir sagen, dass ich eigentlich vor hatte mir neue Saiten zu kaufen, als Thilo und Dag mich ins Studio entführt haben" ich lächelte und setzte mich dicht neben den Produzenten, sodass sich unsere Knie berührten. Ein wohliger Schauer durchfuhr mich bei dieser noch so kleinen Berührung.
„Ich bin seit gestern an einem neuen Stück dran, ich glaube das passt gerade ganz gut" meine Stimme versagte etwas und ich stotterte den Satz mehr als das ich ihn sprach. Leise, um meine Nachbarn nicht Sonntags morgens um 06:00 zu wecken fing ich an zu spielen.

I made a few mistakes, I regret it nightly
I broke a couple hearts that I wear on my sleeve
My momma always said, "Girl, you're trouble" and
And now I wonder, could you fall for a woman like me
And every time we touch, boy, you make me feel weak
I can tell you're shy and I think you're so sweet
Spending every night under covers and
Still I wonder, could you fall for a woman like me...*

Ich konnte sehen, dass der Song Vincent gefiel, denn anders als sonst zwang ich mich, die Augen offen zu lassen und ihn beim Singen anzusehen. Zärtlich legte der Berliner seine Hand an meine Wange.
„Ich könnte nicht nur, Lotte. Ich habe mich schon längst in dich verliebt" flüsterte er und legte vorsichtig seine Lippen auf meine.
Der Kuss fühlte sich an wie eine kleine Ewigkeit. Als sich unsere Münder trennten schaute der Berliner tief in meine Augen. „Es fühlt sich noch besser an als ich es mir erträumen könnte"

* Woman like me - Little Mix

Gemeinsam sind wir weniger einsam Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt