4: 𝐓𝐡𝐨𝐦𝐚𝐬

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Ich war gerade einkaufen gewesen, da sah ich die Polizei bei einem unserer Nachbarn stehen

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Ich war gerade einkaufen gewesen, da sah ich die Polizei bei einem unserer Nachbarn stehen. Kein ungewöhnlicher Anblick. Hier gab es schon öfter Einbrüche oder Schlägereien. Ich war ein sehr neugieriger Mensch, also näherte ich mich dem Polizeiwagen. Dort saß jedoch keiner drin. Wahrscheinlich waren sie in Haus. Vorsichtig näherte ich mich der Eingangstür und zuckte beinahe erschrocken zusammen, als ein Polizist heraus kam.
»Guten Morgen. Darf ich erfahren, was hier passiert ist? Ich wohne gleich nebenan«, sagte ich, in der Hoffnung ich könnte was erfahren, wenn ich sagte, dass ich ein Nachbar war, aber offenbar hatte der Polizist nichts dagegen, mit ein paar Informationen zu geben, denn ich musste gar nicht lange betteln.
»Miss Rosewood ist gestorben. Wir denken aber nicht, dass es Zufall war. Sie war eine gesunde Frau und so alt, dass sie deswegen hätte sterben können, war sie auch nicht. Wir ermitteln gerade. Pass am besten in nächster Zeit hier ein bisschen auf«, sprach der Polizist und ging an mir vorbei zum Auto, um dort was zu holen. Ich blieb erstarrt stehen. Ein Mord?

Es stimmte Miss Rosewood war noch nicht sehr alt gewesen. Ich schätzte sie so auf die 60. Sie war eine nette Frau gewesen. Als ich noch klein war und meine Eltern wiedermal gestritten hatten, bin ich mit Ava zu ihr gegangen. Wir waren immer willkommen gewesen. Die Frau hat uns dann Tee gemacht und Kekse aus dem Schrank geholt. Stundenlang waren wir bei ihr und hatten in den Kamin geschaut, während uns das Feuer wärmte. In den Häusern unserer Siedlung war es oft verdammt kalt und ich war froh, dass sie uns immer noch zusätzlich ein paar Decken gebracht hatte.
Diese Frau soll jetzt tot sein?
Ich spürte, wie mir die Tränen kamen. Sie war immer eine Art Oma für mich gewesen. Meine echte Oma war ja sehr früh gestorben. Ich hab sie nicht einmal mehr kennengelernt und Ava sowieso nicht.

Langsam setzte ich mich in Bewegung. Ich sollte hier nicht einfach so herum stehen, wenn irgendwo noch ein Mörder herum lief. Ich schauderte. Schnell schlüpfte durch die Haustür ins Innere und schloss die Tür zweimal ab.
»Da bist du ja endlich. Warum hat das so lange gedauert?« Meine Mutter kam aus der Küche und nahm mir die Tüten ab.
»Ich war noch kurz nebenan. Miss Rosewood ist tot. Die Polizei vermutet, dass sie ermordet worden war«, erklärte ich und meine Mutter senkte den Blick. Sie wusste, wie gern ich sie hatte.
»Das weiß ich schon. Mich haben die Polizisten sofort gefragt, ob ich was gesehen hatte, aber das hab ich leider nicht. Tut mir leid für dich.«
Ich schluckte und nickte nur. Mir war klar, dass ich auf ihr Begräbnis gehen wollte und Ava würde bestimmt auch mit wollen.
»Wo ist Dad?« Eigentlich eine blöde Frage. Ich wusste doch, wo er mal wieder war.
»Er ist in die Stadt gefahren. Er wollte noch was besorgen.«
Meine Mutter wollte es zwar nicht zugeben, aber sie wusste genau so gut wie ich, dass mein Vater nur wieder in irgendeiner Bar saß und trank.

Ich ging ohne ein weiteres Wort nach oben in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett sinken. Die Ruhe tat gut, nach den gestrigen Lärm. Ich hasste es, wenn meine Eltern sich stritten, aber leider war es schon so oft passiert, dass es schon zur Gewohnheit geworden war.
Der Schock von dem Tod meiner Nachbarin saß noch tief. Ich hatte sie manchmal sogar aus Spaß Oma genannt. Sie hatte gelacht und gewusst, dass ich es nicht leicht hatte. Immer hat sie auf mich und Ava aufgepasst, uns sogar angeboten, bei ihr zu schlafen, wenn wir uns zuhause nicht sicher genug fühlten. Sie war ein herzensguter Mensch gewesen und ich verstand nicht, warum man so jemanden ermorden sollte.

Ava kam herein. Sie lief auf mich zu und umarmte mich.
»Ich hatte schon Angst, sie hätten dich wieder krankenhausreif geschlagen.«
Das war schonmal passiert. Ich kam vom Einkaufen wieder und eine Gang hat mich überfallen. Ich hatte noch fünf Euro übrig, die ich eigentlich in die Spardose werfen wollte, die bei uns sowieso immer leer war, aber sie hatten mich überfallen und das Geld mitgenommen.
Ich schüttelte nur den Kopf und zwang mich zu einem Lächeln.
»Nein, alles gut, mein kleiner Engel.«
Ich streckte meine Hand aus und meine kleine Schwester setzte sich auf meinen Schoß. Ich musste es ihr nun einfach erzählen. Leise seufzend lehnte ich meinen Kopf an ihren und schluckte.
»Du musst jetzt stark sein, hörst du?«
Ava ahnte, was passiert war. Nein, sie wusste es schon längst.
»Sag es nicht«, flüsterte sie bloß und ich gehorchte. Das Mädchen hatte wohl den Polizeiwagen dort draußen gesehen und eins und eins zusammen gezählt oder unsere Mutter hatte es ihr schon gesagt. Wie es auch gewesen sein mag, ich fragte nicht nach. Sie wusste, was passiert war und ich wusste es auch.
»Gehen wir zu ihrem Begräbnis?« Sie sah zu mir hoch und ich lächelte. Sanft strich ich ihr eine ihrer blonden Haarsträhnen hinters Ohr und nickte.
»Natürlich. Sie hätte es gewollt. Sie hätte gewollt, dass wir kommen.«

Ava stand nach einer Weile auf und sah mich kurz an. Dann verließ sie wortlos das Zimmer und ich wusste, dass sie nun lieber alleine sein möchte. Ich akzeptierte es. Jeder hat manchmal so seine Momente in denen er lieber alleine sein möchte. Es war okay.
Auch als ich später an ihren Zimmer vorbei ging und leise Schluchzer hörte, ging ich nicht hinein. Ava brauchte diese Momente für sich. Sie möchte alleine trauen, denn wenn sie es nicht wollen würde, dann wäre sie zu mir gekommen. Sie will nicht getröstet werden und ich akzeptierte es.

Leise seufzend ging ich aus den Bad, nachdem ich geduscht hatte. Ich wollte heute früh schlafen gehen, da ich keinen Sinn darin sah, diesen furchtbaren Tag noch länger auszukosten. Ich schlenderte in mein Zimmer, schloss mein Fenster und legte mich hin. Eine Weile lag ich einfach so wach im Bett, bis der Schlaf mir endlich Erlösung schenkte und ich einschlief.

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Big Spender {Dylmas} |✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt