[Fortune Files] Bestrafung eines Dieners

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Die winterliche Dämmerung wich der Dunkelheit. Nur noch der Mond und das aufblitzende Leuchten der Raketen erhellten mein Zimmer wie ein buntes Gewitter. Es raubte mir den letzten Nerv, meine langweiligen Pressspanmöbel immer wieder für Sekundenbruchteile abwechselnd in grün, in Gelb oder in Pink aufblitzen sehen zu müssen. Ach Scheiße, bevor ich mich noch weiter davon fertig machen ließ, nahm ich lieber meine Kraft zusammen, setzte mich auf meinen Schreibtisch und betrachtete das Feuerwerk durch mein Fenster zum Innenhof.

Dort war gerade eine Gruppe von Studenten damit beschäftigt, ihre Ersparnisse in den Himmel zu pusten. Sie feierten ausgelassen, riefen einander sinnlosen Mist zu, wie: „ob's zu spät is, noch irgendwo 'n Bier zu kriegen?" und lachten dann dümmlich. Man ließ echt jeden Spinner studieren, der eine Einschreibung hinbekam und den Semesterbeitrag pünktlich zahlte. Mehr als diese angesäuselten Typen und ihr Feuerwerk, fesselte mich jedoch der Vollmond über ihnen, der mich durch ein paar Rauchnebelschwaden hindurch verspottete. Warum flogen ihre Raketen nicht höher und rissen diese überflüssige Ansammlung von Gestein und Staub in Stücke!? Ich seufzte, denn das war wohl unmöglich, genauso, wie irgendwie mit mir selbst ins Reine zu kommen.

Scheiße, Rovas persönlicher Diener zu sein, war nicht weniger als mein Kindheitstraum, für den ich mehr als hart gearbeitet hatte. Hätte mir irgendein Wahrsager- Scharlatan- Fuzzi vor ein paar Monaten prophezeit, dass ich einmal meine Karriere für einen hirnlosen Augenblick des Aufbegehrens riskieren würde, hätte ich ihn ausgelacht, mein Geld zurückverlangt und... vielleicht seine Bude kurz und klein geschlagen. Nein Quatsch, sowas machte ich nur auf Befehl meines Herrn. Kaum etwas war mir wichtiger als er und nun brauchte es nur noch einen Vollmond und eine Frau, um das alles ganz schnell vergessen zu machen. Rova schienen dieselben Umstände kaum etwas oder gar nichts auszumachen, so gefasst, wie er mir erschienen war. Vielleicht empfand er viel weniger für Lyz, als ich es tat.

Ja klar, als ob..., diesen lächerlichen Schwachsinn glaubte ich mir ja nicht mal selbst. Seit sie aufgetaucht war, zeigte er ganz neue Seiten an sich. Er offenbarte plötzlich Unsicherheiten und Schwäche, wenn es um sie ging und selbst für den SOLV nahm er sich nicht so viel Zeit wie für die Vorlesungen, die er im Grunde nur für sie hielt. Ich war trotzdem der Meinung, er hätte dieselbe Zeit besser investieren und sich direkt mit ihr treffen sollen. Aber er war erfahrener und intelligenter als ich, also verfolgte er wahrscheinlich irgendeinen größeren Plan, den ich nur nicht kapierte.

Ich sah auf mein Handy, auf dem zuverlässig wie immer zu Vollmond, eine fleischige Nachricht meiner Ex Talina auf mich wartete. Scheiße, die Tussi konnte mich Mal. Ich löschte ihren geistigen Dünnschiss, sperrte ihre neue Nummer und krachte das Handy zurück auf den Schreibtisch.

Das alles brachte überhaupt nichts. Selbst wenn ich mich versuchte, abzulenken, wurde ich durch meine Ungeduld nur immer unsicherer. Was sollte ich tun? Flucht kam mir nicht in den Sinn, wozu auch, bei meiner Verfassung? Ich wäre nicht weit gekommen und auf Fahnenflucht stand nichts Geringeres als der Tod.

Lange ließ er mich nicht schmoren, denn schon nach kurzer Zeit öffnete Rova schwungvoll meine Tür und schmiss sie danach aggressiv hinter sich zurück ins Schloss. Das verursachte einen im Gang und Treppenhaus widerhallenden lauten Knall, der sich aber kaum von denen der Silvesterraketen unterschied. Ich war zusammengezuckt und sah verunsichert zwischen meinen Haaren hindurch zu meinem Herrn. Langsam, aber bedrohlich schritt er auf mich zu, doch noch stand er im Schatten, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nur sah, wenn ein bunter Blitz den Raum erhellte. Zwar wirkte er, rein äußerlich, ausgeglichen, seine Aura verströmte jedoch blanke Wut.

Bevor ich etwas Beschwichtigendes sagen konnte, lähmte er meinen Körper. Ich wusste von dieser Kraft, hatte sie aber noch niemals am eigenen Leib zu spüren bekommen. Das reichte ihm aber noch nicht, denn er machte irgendetwas mit meiner Kehle. Sie feuerte und schnürte sich dann immer fester zusammen, als hätte ich heißes Kerzenwachs getrunken. Das war ein schrecklich beklemmendes Gefühl, das mich nach Luft japsen ließ. Scheiße, ich war ein Nichts gegen ihn.

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