Kapitel 2

53 1 0
                                    

Nun war ich wirklich im Waisenhaus. Die grosse Eingangshalle war noch genauso wie vor einem Jahr, als ich das letzte Mal hier war. Überall waren Sitzgelegenheiten durch viele, alte, schlechtriechende Sofas mit Essensflecken übersäht und an den Decken 4 Kronleuchter verteilt. Neben einem blauen, besonders schmutzigen Sofa erkannte ich meine Sporttasche und die beiden Koffer vollgestopft. Es war kein blöder Alptraum mehr, sondern Realität, dass mich die vierte Familie verlassen oder weg gegeben hatte. Wieso konnte dies nicht endlich ein Ende haben? Wieso konnte ich nicht schon 18 sein? Doch bis zu meiner Volljährigkeit, dauerte es noch ein halbes Jahr. Meine Augen wurden feucht und brannten. Durch den Schleier meiner Tränen sah ich eine Silhouette und erkannte Gabi, eine der Sozialarbeiterinnen des Waisenhauses. Ich fand mich in ihrer liebevollen Umarmung wieder, was dazu führte, dass meine Tränen in einem kleinen Bach meinen Wangen hinunterströmten. Nach einer gefühlten Ewigkeit und tausend geflüsterte Beruhigungen von Gabi, brachte sie mich in eines der Zimmer. Gabi legte mich ins Bett und stellte mein Gepäck auf den kleinen Bürotisch. Bevor sie aus der Türe ging, schloss sie noch die Fensterläden, während ich langsam aber sicher ins Land der Träume sank.

Das erste Mal als ich aufwachte war alles dunkel. Ich fühlte mich nicht sehr gut, meine Augen waren völlig geschwollen und verklebt vom Weinen. Einen Blick auf die Uhr meines Handys sagte mir, dass es erst 06:00 Uhr morgens war. Geschockt, dass ich erst eine Stunde geschlafen hatte, machte ich es aus und schloss wieder meine Augen

Das „Pum...Pum...Pum...Pum..." weckte mich aus meinen Prinzessinnen Träumen. Verwirrt richtete ich mich auf dem Bett auf, da wurde mir mit Enttäuschung klar, dass ich wieder im Waisenhaus war. „Hmm?" machte ich mit kratziger Stimme. „Aufstehen, Hopp! Du hast zu lange geschlafen! Es warten Leute auf dich, die dich dringend kennen lernen wollen." Zu lange geschlafen? Einen Blick auf die Uhr zeigte auf 10.

Ich schaltete die Nachttischlampe an, damit ich nicht über mein Gepäck stolperte und öffnete die Tür. Gabi hatte ungeduldig davor gewartet und strahlte mich an als sie mich sah. "Hallo du Schlafmütze. Ich weiss du hattest harte Stunden, aber ich hoffe für dich, dass das nicht noch ein Mal vorkommt!" Sie sah mich belustigt an. "Schlafmütze? Ich habe 5 Stunden geschlafen. Dies nenne ich nicht gerade viel..." erklärte ich Gabi. Sie schmunzelte. "5 Stunden? Schätzchen, du hast einen ganzen Tag verpasst! Es ist Sonntag." Ich war geschockt über den verpassten Tag, doch ich musste zugeben das es mir viel besser ging als am Samstag! "Ich habe eine Wahnsinns tolle Nachricht für dich Aurora!" Platzte Gabi in meine Gedanken. "Ach ja?" fragte ich ungläubig. "Oh ja. Mach dich Tagfertig und komm in einer halben Stunde in den Freizeitraum, dann kann ich dir die gute Nachricht vorstellen." Die gute Nachricht vorstellen? "Du meinst,... ?" Sie nickte freudig und machte kehrt Richtung Treppe.

"Es hatte sich jemand gemeldet." Ich weiss nicht wie ihr euch fühlt, wenn jemand dies zu euch sagt, aber für mich ist das im Moment das grösste und ungläubigste Geschenk welches auf dieser grossen Welt gab.

Nach einer kurzen, warmen Dusche, öffnete ich meinen Koffer und suchte die schönste Kleidung, welche ich finden konnte. Es war eine hautenge, schwarze Bluse und weissen Hosen. Obwohl Kleidung bei einem Treffen von einer potentiellen Pflegefamilie nicht sehr viel ausmacht, habe ich bei diesen beiden Kleidungsstücken das Gefühl, geborgen und geschützt zu sein.

Im kleinen Badezimmer schminkte ich mich dezent und benutzte noch kurz die Toilette, bevor ich mich auf den Weg zum Freizeitraum begab.


 



Fallen soulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt