Kapitel 5
Zwei Wochen später klingelte der Wecker um 08:00 Uhr. Die Morgensonne schien leicht durch das kleine Fenster über dem Bett und führte eine angenehme Wärme ins Zimmer. Ich sah das Chaos, welches ich gestern beim Packen veranstaltet hatte. Überall waren meine Taschen und Koffer verteilt, ebenso am Boden verstreute Klamotten, welche ich noch nicht eingepackt hatte. Jedoch würde ich in weniger als 2 Stunden in das neue Leben in der Familie Revelly, sprich von Kate, Stefan und ihren beiden Kindern fahren. Ihr Haus ist ca. 1,5 Stunden von diesem Standort aus entfernt in einer grossen Stadt. Gabi hatte mir schon Bilder von ihrem riesigen Haus gezeigt und ich musste sagen das ich mich richtig freute in dieses Haus einziehen zu können. Stefan und Kate würden mich um 09:30 Uhr mit ihrem grossen Auto abholen kommen. Da hatte ich ja noch genug Zeit um das Zimmer wieder auf Vordermann zu bringen. Es klopfte nun an der Türe. Gabi streckte ihren Kopf zur Tür herein und strahlte mich an. "Bald geht es los, Kleines! Hast du schon alles..." Da bemerkte sie meine Unordnung und strafte mich mit ihrem bösen Blick. "Das hättest du alles gestern einpacken sollen. Jetzt aber los, in einer halben Stunde erwarte ich dicht im Speisesaal!" So schloss sie wieder die Türe. Schnell stand ich auf und stopfte die restlichen Klamotten in den noch freien Koffer. Dann entfernte ich die Bettwäsche und den Bezug der Decke und legte sie in eine Ecke zu Boden damit das Putzpersonal diese waschen konnten. Darauf ging ich ins Bad um eine kurze Dusche zu nehmen. Auch wenn ich sonst immer heisses Wasser einstellte, damit ich nicht fror, genoss ich nun das auf mich prasselnde kalte Wasser. 5 Minuten später stieg ich aus der Duschkabine und legte das Shampoo und Duschgel zu meinem Kulturbeutel. Mit einem Tuch umwickelt, föhnte und kämmte ich mein Haar.
Kennt ihr das Gefühl wenn ihr ein Mädchen oder eine Frau sieht die 5 Schichten Make-up und Wimperntusche tragen und man sich fragt was diese Person damit verstecken will? Oder wie bleich und müde sie darunter aussehen würde? Tja,... Ich trage zwar nicht gerade 5 Schichten davon, aber eine bis zwei schon. Ich wollte es nicht. Im Sommer trenne ich mich für ein paar Wochen von der Schminke, damit mein Gesicht wieder etwas Farbe bekommt. Doch im Winter ertrage ich diese weisse einfach nicht.
Nach dem Schminken, holte ich mir die Leggins den Pullover und die Unterwäsche, welche ich zuvor bereitgelegt hatte und machte mich fertig.
Im Speisesaal waren alle Tische leer geräumt und frisch sauber gemacht bevor sie dann die Tische für die anderen Waisenkinder deckten.
Alle waren leer bis auf einer. Darauf war ein Teller, Besteck, eine Tasse und mein lieblings Müsli. Schnell ging ich darauf zu und entdeckte hinter der Tasse eine schöne Karte worauf mein Name geschrieben stand. Ich setzte mich lächelnd an den Tisch und öffnete die Karte.
"Liebe Aurora,
Das ganze Heidelberg Team wünscht dir einen guten Start in der neuen Familie. Ein neuer Anfang und das Ender der Qualen des Waisenhauses. Wünschen wir dir auf jeden Fall. Wir wissen, dass du ein wahnsinnig tolles, aufgestelltes und fröhliches Mädchen bist und hoffen dass du dies der neuen Familie auch zeigen kannst.
Mit ganz viel Liebe lassen wir dich nun gehen.
Wie Ernst von Feuchtersleben so schön sagte: Wenn Menschen auseinandergehen, so sagen sie: auf Wiedersehen!
Auch wenn du jetzt viele Kilometer von hier entfernt bist sollst du wissen, dass wir immer für dich da sein werden.
So verabschieden wir uns von dir und wünschen dir alles Liebe und Gute"
Unten hatten all die Sozialarbeiter und die anderen Angestellten, welche ich kannte, unterschrieben.
Ich bekam Gänsehaut bei den schönen Worten. Obwohl ich das Waisenhaus nicht sehr gerne hatte, werde ich die Leute hier vermissen.
Da das zu Hause von den Revellys so weit weg war, schien es wie eine endgültige Abnabelung von Gabi und den Anderen. Doch vor der grossen Verabschiedung genoss ich das letzte Mal, das unglaubliche Müesli, welches mir Gabi extra gekauft hatte. Als ich den Vierten Löffel genüsslich im Mund zerbröselte, legte sich eine Hand vor meine Augen, so dass ich nur kleine Lichtspalten sehen konnte. Gabi wollte mich überraschen, jedoch verriet ihr spezielles Parfüm, wer sich hinter mir verbarg. "Na? schon aufgeregt?" fragte sie mich und zog ihre Hände weg.
Ich lächelte zu ihr hoch. "Ein bisschen... Vielen Dank für die Karte." Sie lächelte zurück. "Ich werde dich vermissen Kleines!" "Ich dich auch." erwiderte ich und widmete mich wieder dem Frühstück. Gabi setzte sich gegenüber von mir und machte sich ebenfalls ein Müsli.
Eine halbe Stunde später hörten wir das Klingeln bei der Eingangstüre. Anscheinend kamen sie mich schon etwas führen abholen. Schnell standen wir auf, Gabi zur Eingangshalle um den Besuch zu empfangen und ich in mein Zimmer um das Gepäck zu holen. Aufgeregt die beiden Kinder kennen zu lernen und endlich aus diesem Haus zu verschwinden, trug ich ein Koffer um die nächste Tasche die Treppen hinunter, bis mir der Kulturbeutel einfiel. Der hatte ich nach der Dusche im Badezimmer vergessen. Als der auch eingepackt und die letzte Tasche auch unten war, begab ich mich in die Eingangshalle.
Kate und Stefan erblickten mich gerade als ich zur Türe eintrat und lächelten nett. Sie hatten mich in den letzten 2 Wochen ein paar Mal besucht. Vor lauter Geschichten über Rony und Maya hatte ich jetzt schon das Gefühl sie zu kennen. Scheinbar hatte Rony im Moment Probleme sich mitzuteilen und war oft wütend. Deshalb war er im Moment in einem Lager mit anderen Kindern, damit er mal mit gleichaltrigen Freunden spielen konnte. Maya war wie immer eine Prinzessin und hatte laut Kate schon all ihre Barbis gebadet, gekämmt und frisiert damit sie bei meiner Ankunft nur den besten Eindruck hinterliessen.
Ich fand mich in Kates Umarmung wieder. Als sie mich losliess begrüsste mich auch Stefan. "So kann es los gehen?" fragten die Beiden ungeduldig. Ich nickte noch ungeduldiger und wandte mich zu Gabi. Ich umarmte sie sanft. "Kleines!" seufzte sie. "Pass auf dich auf." Sie lies mich ein Stück los doch zog mich mit Tränen in den Augen noch mal zu sich. "Und versau das nicht wieder, ja?" Ich nickte traurig. Versprechen wollte ich es ihr lieber nicht.
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Fallen souls
Novela JuvenilDas Leben. - Mit dem Licht und dessen Schatten. Mit der Freude und dem Leid. Mit der Liebe und dem Verlust. Jeder hat diese Dinge in seinem Leben. Jeder der diese Beschreibung liest, aber auch alle anderen. Jeder auf seine eigene Weise. - ...