Chapter 3

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Wie oft habe ich mich schon gefragt, was ich für eine Person geworden wäre, wenn ich nicht in diese Familie hineingeboren wäre. Wäre ich dieselbe Person? Oder eine ganz andere? Haben mich die Umstände zu der Person gemacht, die ich jetzt bin oder wäre ich so oder so zu dieser Version meines Ichs geworden?

Ich wollte den Rückflug eigentlich nutzen, um zu entspannen und mich gedanklich auf die kommenden Konfrontation einstellen, aber mein Kopf kommt einfach nicht zur Ruhe.

Mein größtes Problem ist, dass ich mir nichts selbst erarbeitet habe. Die Leute interessieren sich wegen meiner Familie und meiner Stellung für mich. Nicht weil sie an mir als Person interessiert sind. Mein ursprünglich recht gesundes Selbstvertrauen leidet ganz schön unter diesem Gedanken.

Kurz vor dem Abflug habe ich noch mit Holly telefoniert. Sie ist die einzige aus unserer Gruppe, die keine adelige Abstammung vorweisen kann. Die Browns haben ihr Vermögen über Jahrzehnte angehäuft und sind inzwischen anteilige Besitzer von fast jedem lukrativen Aktien Geschäft. Holly hat noch einen älteren Bruder und zählt zu den 10 bekanntesten It-Girls Englands.

Ihre erste Frage war, wann ich das letzte Mal mit Alec gesprochen habe und damit sorgte sie sofort für das Schrillen jeglicher Alarmglocken in meinem Kopf.

Mit ihm ist es gerade schwierig. Ich mag ihn. Ich mochte ihn immer. Aber aktuell verstärkt meine Beziehung mit ihm nur den Druck, der auf mich ausgeübt wird. Ich fühle mich überfordert und missverstanden. Gleichzeitig will ich stark sein und das allein regeln.

Sam zu überreden mich gehen zu lassen, war überhaupt nicht einfach. Ich musste ihn erlauben mein Handy zu tracken und einen Fahrer in Heathrow zu buchen. Aber wenigstens bin ich da weggekommen, ohne das meine Eltern es mitbekommen haben. Wenn alles gut geht, kommen sie erst, wenn ich schon alles geklärt habe.

Sage breitet ihre Arme aus, sobald sie mich entdeckt und ich sprinte, ganz undamenhaft, auf sie zu und nehme sie in den Arm. Wenn man seine beste Freundin über vier Monate nicht sieht, merkt man schon, wie sehr man sie wirklich braucht und wie komisch es ist, wenn man seine Gedanken nicht ständig mit jemandem teilt.

„Wow, du bist ja fast undercover unterwegs." Grinsend betrachtet sie meine Haare, die seit Monaten keinen Friseursalon von innen gesehen hat. Zudem ist es, wegen der vielen Zeit, die ich draußen verbracht habe, ziemlich hell geworden.

„Oder?", lache ich. Sie inspiziert mich weiterhin und ich nutze den Moment, um sie genauer zu betrachten. Ihre schwarzen langen Haare fallen ihr glatt über die Brust. Die Brille mit der goldenen Fassung betont ihre dunkelblauen Augen und ihre schmale Figur steckt in einem weißen Mini-Kleid.

„Steht dir aber total", schließt sie ihr Urteil ab und nickt dabei zufrieden. Ich verdrehe die Augen, was sie genauso gekonnt ignoriert, wie Henry gestern. „Komm jetzt. Dein Gepäck wird gebracht." Sie zieht mich zum Ausgang und setzt mir noch eine Basketballmütze auf, damit wir weiter unerkannt bleiben.

„Es rechnet echt niemand mit mir." Euphorisch sehe ich mich um, doch niemand der Anwesenden schenkt mir auch nur einen zweiten Blick. Ein merkwürdig befreiendes Gefühl macht sich in meiner Brust breit.

„Du siehst übrigens toll aus, wie immer." Sage streicht sich verlegen eine Strähne hinters Ohr. Wir wissen beide, dass ehrliche Komplimente, die einfach gemacht werden, um anderen eine Freude zu machen, eine echte Seltenheit sind.

„Danke, Mad. Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist!"
„Ich erst", erwidere ich lächelnd. Wir beschleunigen unsere Schritte und rennen dann, ohne uns abzusprechen, die letzten Meter zum Ausgang.
„Ob die Leute sofort erkennen, dass wir erst achtzehn sind?", kichert Sage, sobald die Tür der Limousine hinter uns geschlossen wurde.

„Keine Ahnung, wie du darauf kommst!" Antworte ich mit hochnäsiger Stimme und einem empörten Gesichtsausdruck. Den Rest der Fahrt verbringen wir mit Rumalbern und der ein oder anderen lustigen Story über Penelope.

Doch, sobald wir uns den Anwesen der Beauforts nähern, weicht die eben noch so präsente Sorglosigkeit einer unmittelbaren Anspannung.

„Wer ist alles da?"
„Die üblichen. Holly, Grace, Alec und Ian. Ich denke Penny und Nate sind inzwischen auch da." Sage rümpft die Nase, als das Tor vor unsere Nase geöffnet wird und der Wagen auf der protzigen parkähnlichen Einfahrt hält.

„Ich will doch nicht", gebe ich niedergeschlagen zu. „In Stockholm hat sich der Plan soviel besser angefühlt."
„Mad, es gibt jetzt kein Zurück mehr. Sie ist der Teufel, aber du stehst über ihr in der Rangliste. Weise sie ihn ihre Schranken, wenn es notwendig ist. Du bist die einzige, die das kann. Sonst müssen wir alle mit den Konsequenzen leben und ich glaube eine aus der Kontrolle geratene Penelope wünscht sich ausnahmslos niemand. Du hast ihr Verhalten schon viel zu lange über ergehen lassen."

„Du hast recht." Ich straffe die Schultern. „Wird schon schief gehen." Ausgerechnet beim Aussteigen kommt mir natürlich der Gedanke, dass ich mich besser umgezogen hätte, bevor ich hier auftauche. In meiner lockeren Levi's Jeans und dem weißen Shirt fühle ich mich plötzlich so unwohl, dass mir unwillkürlich schlecht wird.

Kaum habe ich den Gedanken zuende gedacht, kommt eine makellos gestylte Penelope um die Ecke. War ja klar.
„Oh, Miss Perfect", flötet diese betont fröhlich und wirft ihre Locken zurück. „Willkommen zurück." Sie mustert alles andere als unauffällig mein Outfit. „Wie ich sehe war es höchste Zeit."

"Obwohl ich schon zugeben muss, dass die letzten Monate wirklich toll waren. Eigentlich ist deine Abwesenheit niemandem aufgefallen!" Sie hauch Luftküsschen rechts und links an mir vorbei und ich kann nur daran denken, dass ich diese Art der Begrüßung schon immer als total dämlich und affektiert angesehen habe.

Ungeachtet meiner nicht vorhandenen Antwort fährt sie mit ihrer zuckersüßen Stimme fort. „Nate ist auch hier. Wir sind gerade erst gekommen. Er musste ja unbedingt noch mit mir reden." Sie formt Anführungszeichen in der Luft und lacht ihr typisches, zu hohes und zu gekünsteltes, Lachen.

„Hier sieht es ja schon wieder anders aus", bemerkt Sage und versucht damit Penelopes Aufmerksamkeit von mir zu lenken. 

„Ja, meine Eltern waren letzten Monat hier und meine Mutter hat unsere Innenarchitektin wieder mit einem neuen großen Umgestaltungsprozess beauftragt."

Ich nicke anerkennend und wir zwingen uns ein paar lobende Bemerkungen zu machen, während wir Penelope in den oberen Teil der Villa folgen. Dabei ist das sogar der leichte Teil. Die Villa ist wunderschön, verfügt über unzählige bodentiefe Fenster und hohe Decken von denen Kronleuchter herab hängen. Alles ist weiß und nirgendwo kann man auch nur ein Staubkorn oder ein zerknittertes Kissen entdecken.

Oben angekommen öffnet Penelope die Flügeltüren, die zu ihren Zimmern führen. Bei Zimmern spreche ich von zwei Badezimmern, zwei Schlafzimmern, einer Küche und einem Salon. Und ja, sie besteht auf die Verwendung dieses veralteten Wortes, nur weil es sich edler anhört. „Achtung, hier kommt unsere wunderschöne Prinzessin", säuselt sie, wobei jeder den Hauch Gehässigkeit in ihrer Stimme hören kann. Sie gehört allerdings nicht zu der Sorte Mensch, die sich um so etwas schert.

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Danke fürs Lesen♥

Wie war eure Woche und was steht am Wochenende an?

Ich habe am Mittwoch Bueno, meine Reitbeteiligung verabschieden müssen. Ich bin über 1,5 Jahre zweimal pro Woche bei ihm gewesen und jetzt wurde er verkauft.😭 Samstag und Sonntag bin ich den halben bzw. den ganzen Tag beim Babysitten.. Aber mal schauen, vllt finde ich trotzdem die Zeit zu schreiben 🧡

Royal Gossip - pausiert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt