Alecs Nachrichten ignorierend, gehe ich mit Winnie im Park spazieren. Ich spüre Sams Anwesenheit, obwohl ich ihn nicht sehen kann, das war schon immer so. Er ist sieben Jahre älter als ich und wir hatten schon immer eine sehr geschwisterliche Verbindung zueinander. Es hat gedauert, bis ich bemerkt habe, dass Mum ihn als meinen Bodyguard engagiert hat. Dad war anfangs überhaupt nicht begeistert, aber dann hat er doch zugeben, dass es eine ziemlich gute Idee war.
Obgleich herauskam, dass Sam nicht sein Sohn ist, sind sie immer in Kontakt geblieben. Meine Mum und Celia, Sams Mum, sind befreundet und treffen sich ab und zu. Es ist komisch darüber nachzudenken, dass die Eltern vor einem ein eigenes Leben gehabt haben. Und das sage ich, obwohl ich nahezu täglich damit konfrontiert werde.
Winnie kommt hechelnd an gesprintet und rennt mich fast über den Haufen. Sie hat es nicht so mit dem Bremsen oder mit der Achtung menschlichen Lebens. Ich kichere und verdrehe die Augen, bevor ich ihr in einer flinken Bewegung das Stöckchen abnehme und soweit es geht in die andere Richtung schleudere. Wie ein Pfeil schießt sie los und hinterlässt eine dunkle Staubwolke, dessen Spuren man nachher bestimmt noch auf ihrem weißen Fell erkennen kann.
Mein Handy vibriert erneut und in der Sorge, dass es meine Eltern sein könnten, schaue ich schnell nach. Beruhigt eine Nachricht von Ian vorzufinden, beruhigt sich mein Puls schnell wieder.
Lust auf ein Lagerfeuer?
Ja! Schick mir den Standort.
Ohne zu überlegen, sage ich zu. Ich wusste nicht, wie sehr ich mir so etwas gewünscht habe, bis ich mir gedanklich unsere Gruppe in Decken gekuschelt unter dem Sternenhimmel vorstelle. Mein Herz pocht sehnsüchtig noch ehe ich den Gedanken weitergedacht habe. Ich hatte mich auf einen entspannten Abend mit Sage und Fallon aus der Serie Denver-Clan eingestellt, aber das ist viel besser.
Ich beauftrage Adam damit Winnie zu Oma zurückzubringen, weil sich meine Pläne spontan geändert haben. Wieder bei Sage angekommen, tausche ich meinen Jogginganzug in ein langes, geblümtes Kleid. Ich lasse meine Haare offen und sie fallen in leichten Locken über meine Schultern. Ich schlüpfe in meine alten Dr. Martens und schnappe mir eine abgewetzte Tasche.
Früher bin ich immer so rumgelaufen. Einfach in der Kleidung, die mir am besten gefallen hat. Einfach so, wie ich eben Lust hatte. Doch über das gesamte vergangene Jahr hinweg habe ich nur die Kleidung getragen, die anderen gefallen hat. Wegen einer Kooperation, wegen einem Job, wegen der Öffentlichkeit. Nie, einfach nur aus dem simplen Grund, dass ich es tragen wollte.
Schnell schnappe ich mir einen roten Notizzettel und kritzle eine Nachricht für Sage darauf. Seit ich heute morgen zu meiner Oma geflüchtet bin, habe ich sie nicht gesehen. Oma war überraschend gut drauf und hat sich gefreut, mich zu sehen. Onkel James habe ich nur kurz gesehen, aber lange genug, um sagen zu können, dass er nicht allzu gut drauf war.
Die Villa von Ians Familie steht kurz vor Kensington und Josh, Sams bester Freund, biegt nach einer halben Stunde von der A4202 auf die Cromwell Road ab. Anschließend dauert es nur noch wenige Minuten bis wir auf der Auffahrt parken.
"Hey Prinzessin", begrüßt mich Ian am Telefon. "Ian, schickst du mir deinen Standort?" Mit einem Winken verabschiede ich mich von Josh, der unseren schwarzen Land Rover vom Grundstück lenkt. "Dachte, dass hätte ich schon. Aber, ja. mache ich, bis gleich." Kurzangebunden wie immer beendet Ian nach nicht einmal 30 Sekunden unser Gespräch.
Ich warte auf seinem Chat, bis sein Standort bei mir ankommt und folge der Route, die GoogleMaps mir berechnet. Nach ungefähr zehn Minuten lande ich auf einem schmalen Weg, der an einem See lang führt. Ich hebe mein Kleid an und beglückwünsche mich selbst zu der Entscheidung, robuste Schuhe angezogen zu haben.
Es ist kurz vor neun als ich an der kleinen Feuerstelle am See ankomme, vor der Ian hockt. Er hat mir den Rücken zugedreht und stochert im Feuer herum, um die Flammen anzuhitzen. Er trägt eine dunkle, tiefsitzende Jeans und ein schlichtes T-Shirt. Auch wenn ich es nicht sehe, weiß ich, dass sein Kinn glattrasiert und seine Augen eine Mischung aus grün und blau sind.
Der Himmel ist hellblau und nur einzelne Wolken ziehen sich wie Eisenbahnschienen durch den Himmel. Es sieht so surreal aus, dass ich kaum den Blick abwenden kann. Die Sonne ist am Untergehen und taucht die Wolken in einen wunderschönen rosa Schimmer. Nur an einem kleinen Flecken am Horizont finden die hellen gelben Strahlen ihren Weg zum Himmel hinauf.
"Hey." Abrupt löse ich den Blick und senke ihn, bis ich Ian ansehe, der direkt vor mir steht. "Du träumst." Ein amüsiertes Grinsen, das total untypisch für seine sonst immer gefasste und neutrale Miene ist, erkämpft sich einen Weg auf seine Lippen. "Du vielleicht", wehre ich ab und verdrehe die Augen. Mit der Meinung, das Gespräch damit für mich entschieden zu haben, setze ich mich auf einen der Steine, die um das Feuer herum liegen.
"Schon möglich", feixt er so leise, dass ich mir sicher bin, dass es nicht für meine Ohren bestimmt ist.
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Royal Affairs hat 100 000 Reads! Ich bin so happy und hoffe, dass euch diese Geschichte bisher, und auch dieses Kapitel gefallen hat. ❤️
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Royal Gossip - pausiert
RomanceIntrigen, Eifersucht und Verrat herrschen in der Welt, in die Maddie plötzlich eintaucht. Geschützt von einer behüteten Kindheit und liebevollen Eltern wuchs die Tochter von Eleonore Franklin und Prinz Mason von England im ruhigen Nottingham auf. N...