Chapter 9

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"Regeln?", fragt Holly und erntet ein entrüstetes Schnauben.
"Es gibt  nur eine. Und zwar dass es keine gibt, kapiert?" Holly lässt sich nach Penelopes pampiger Antwort demonstrativ tiefer ins Kissen sinken und ich lehne mich ebenfalls  zurück, um die Chance, dass ich dran komme, zu verringern.
Damian grinst mich schief an und widmet sich dann seinen Jungs. "Wir brauchen mehr Weiber", murrt er dann und überraschenderweise stimmt Penelope ihm zu. 

"Du darfst zwei einladen",  gestattet sie ihm gnädig.

Es dauert nicht einmal 15 Minuten bis zwei kichernde Mädchen die Treppe runter stelzen und sich zu uns setzen. Damians Blick hängt in dem Dekolleté der einen fest und Nate legt seinen Arm um die andere.

"Aufreißer," flüstert Sage mir lautlos zu. Grinsend nicke ich und nippe wieder an meinem viel zu starken Cocktail.
"So, jetzt aber." Ungeduldig wackelt Penelope mit der Flasche und reicht sie dann einer der Neuen. Sie grinst und lehnt sich vor. Damian fallen fast die Augen aus dem Kopf und alle anderen halten den Blick auf die sich drehende Flasche  gerichtet.

"Nate, du nimmst Pflicht", verkündet sie zufrieden. "Duschen, du, Em, mindestens fünf Minuten, gerne mehr." Ihre Freundin strahlt sie an, als hätte sie ihr das beste Geschenk überhaupt gemacht oder im Lotto gewonnen.
"Wow, sie kommen gleich zur Sache", kommentiert Sage, als "Em" Nate hinter sich her zieht. Penelope beißt sich leicht angesäuert auf die Unterlippe. Geschieht ihr Recht.

Penelope muss drei Shots trinken und Damian Hose und T-Shirt  ausziehen, was ihn überhaupt nicht kratzt. Als Nate und das Mädel wieder auftauchen sind ihre Lippen geschwollen und die Haare zerwühlt. Nate  klatscht mit Damian ein und setzt sich auf seinen alten Platz. Peinlich. Sage rollt mit den Augen und ich unterdrücke mühsam mein Grinsen.

Emiliy holt ihren Zug nach. "Sage, Wahrheit oder Pflicht?" 
"Wahrheit", entscheidet sie souverän.
"Anzahl deiner Sexpartner",  fordert Emily. 

"Vier", antwortet Sage und schnappt sich die Flasche. Mein Blick schnellt hoch. Als wir das letzte Mal darüber gesprochen waren es noch zwei gewesen. Sie wirft mir einen 'Erklär ich dir später'-Blick zu und ich ihr einen 'worauf du dich verlassen kannst!'.

Sage Flasche trifft Penelope und ich schaffe es gerade noch mit meiner Hand das triumphierendes Grinsen, das sich auf meinen Lippen breitmacht, zu verbergen. "Penny, ich mixe dir einen Drink und du musst ihn exen." Auch Sage kann sich ein Grinsen kaum verkneifen. Etwas zu beflügelt eilt sie zur Bar und befiehlt Penelope den Blick abzuwenden.

Wir wechseln einen verschwörerischen Blick. Das Beste an so einem Abend ist, wenn Penelope betrunken ist. Dann ist sie nämlich nicht halb so unausstehlich wie ihr nüchternes Originalzustand. Man könnte sie dann sogar amüsant nennen und deshalb beten immer alle, dass dieser Zustand möglichst  schnell eintritt.

"Gar nicht schlecht", kommentiert Penelope nachdem sie das Glas runter gekippt hat, als wäre es Wasser. Fassungslos sieht Sage ihr dabei  zu. 

"Du hast ja nicht einmal das Gesicht verzogen", beschwert sie sich. 
Penelope zuckt mit den Schultern. "Ich bin dran." Sie schnappt sich die Flasche und ich lehne mich schnell zurück.

Jubelnd deutet sie auf mich als die Flasche zum Stillstand kommt. Wieso? Wieso nur? Innerlich zitternd richte ich mich auf. "Wahrheit, oder Madison?" Ich will schon nicken, doch als ich ihren heimtückischen  Blick sehe, entscheide ich mich kurzerhand um.
"Pflicht."

Sie stutzt für einen Moment. Doch lässt sich nicht lange davon beirren. "Tanze zu einem Lied, das ich aussuche. Mindestens 60 Sekunden."

Hölle. Das muss die Hölle sein.
Das darf einfach nicht sein.

Sage mitleidiger Blick trifft meinen erschrockenen. "Ich muss kurz auf Toilette. Komm mit, Maddy." Bevor Penelope protestieren kann, hat Sage meine Hand ergriffen.
"Ich kann das nicht." Ich lehne mich von innen gegen die Tür. Zu behaupten meine Hände zittern wie Espenlaub wäre eine extreme Untertreibung. Ich kann mich kaum aufrecht halten und dazu kommt noch die aufsteigende Übelkeit.

"Sieh mich an, Mads, genau das will sie. Dich aus der Reserve locken, sehen, wie du aufgibst. Aber das darfst du nicht. Hör mir zu." Sie hebt mein Kinn. "Zeig es ihr. Du kannst doch tanzen."
"Bitte? Unser Unterricht ist doch schon ewig her", widerspreche ich zitternd.

"Ist doch egal. Ich weiß, dass du dich bewegen kannst. Süße, du musst da jetzt durch. Trink einen Schluck und dann gehts los. Ich passe auf, dass niemand etwas filmt." Sie reicht mir ihr Glas und ich leere es vollständig. Als mein Handy vibriert, lese ich sofort die neue Nachricht.

Zeig es ihr! Sie glaubt, du machst es nicht.

Ian. Ich nicke mir selbst im Spiegel zu. Sage lächelt aufmunternd. Mein Herz schlägt so laut, dass ich nichts anderes mehr höre.

Penelope erwartet uns mit einem hinterlistigen Glitzern in den Augen. "Endlich, die anderen haben sich beschwert, dass das zu einfach ist. Deshalb bekommst du noch Ian dazu, den du in den Tanz miteinbauen musst." Ich verkrampfe mich sichtlich. Sage versucht Penelope davon abzuhalten, aber sie hört ihr nicht zu.

"Ian hat sogar einen eigenen Part. Es ist also eigentlich eine Hilfe."
"Wie heißt das Lied?" Sage wird langsam wütend und reißt Penelope ihr Handy aus der Hand. "Pussycat Dolls, dein Ernst?"

"Ian ist Snoop Dogg", verkündet sie mit einem zuckersüßen Lächeln. Sein zuversichtlicher Blick bricht innerhalb von einem Augenblick in sich zusammen. Seine Miene wird steinernd und ich sehe den Moment, in dem ihm klar wird, dass ich es nicht durchziehen werde.
"Was hatten wir letztes Mal abgesprochen wenn irgendwer seine Aufgabe nicht erfüllen will? Ausziehen bis auf die Unterwäsche, oder?"

"Penelope, das reicht. Sie muss das nicht machen." Meine Augenbrauen schnellen in die Höhe, als Damien für mich eintritt. Auch Penelope scheint überrascht, doch bevor sie den Mund öffnen kann, gebe ich Sage zu verstehen, dass sie die Musik anschalten soll. Was kann schon Schlimmes passieren?

Sage dreht auf und ich fixiere Ian. Konzentriere mich auf ihn, sehe nur noch ihn. Mein Herzschlag befindet sich immer noch im ungesunden Bereich. Ich bewege die Hüfte von rechts nach links. Ian performt seinen Teil und lässt mich nicht aus den Augen. Mit langsamen Schritten gehe ich auf ihn zu. Mein Puls nimmt ab. Mein donnernder Herzschlag tritt in den Hintergrund.

Ich tanze vor ihm, in kleinen, kontrollierten Bewegungen.
"Was habe ich gesagt?" Ertönt Penelopes siegesgewisse Stimme hinter mir und fachelt mein Adrenalin weiter an. Die Musik wird intensiver, meine Bewegungen schneller, ausschweifender. Mein Herz schlägt im Rhythmus mit der Musik. Ians Pupillen weiten sich als ich mit schwingenden Hüften vor ihm auf die Knie gehe.

Auf einen Schlag fühle ich mich unbesiegbar. Ich werde mutiger. Meine Lippen formen die Worte des Liedes. Ich fühle es einfach, anders kann man es nicht beschreiben. Wie elektrisiert, spüre ich nur noch seine Augen und den Rhythmus des Lieds. Ich tanze kurz an ihm, dann gehe ich ein paar Schritte von ihm weg. Vorbeuge, Hocke, Blick zurück, langsam hochkommen, ein paar schnelle Sprünge, ich streiche über meine Seite abwärts. Die Musik stoppt und ich halte atemlos inne.

"Das war... überraschend heiß." Penelope findet zuerst die Sprache wieder.
"Ich bin dran." Mit federleichten Schritten gehe ich zurück zur Lounge und drehe die Flasche.

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Drittes und letztes Kapitel der Lesenacht ❤️ Ich hoffe, sie hat euch gefallen.

Royal Gossip - pausiert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt