Ungewöhnlicher Besuch

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Als an diesem Morgen der Wecker klingelte, versprach alles, ein wunderbarer Tag zu werden. Die Sonne schien, es war warm und ich würde an diesem vorletzten Sommerferientag mit meiner Mutter ins Freibad gehen. Warum mit meiner Mutter? Meine Mutter war immer so etwas wie eine Freundin für mich. Seit ich meine bis dahin beste und einzige Freundin Jenny verloren hatte, als wir vor sieben Jahren aus London weg in die USA gezogen waren, war sie immer für mich da. Auch davor schon hatte sie mich immer schon unterstützt, seit wir in die Staaten gezogen waren, war unser Verhältnis nur noch besser geworden.

Fröhlich gingen wir am Nachmittag vom Freibad nach Hause, die Sonne brannte, als meiner Mutter plötzlich etwas einzufallen schien. "Cath, Schatz, wärst du so nett, kurz einkaufen zu gehen?", bat sie mich. "Wir haben keine Butter mehr. Ich gehe dann schon mal nach Hause und mache etwas zu Essen." "Gern!", stimmte ich zu. Ich mochte Einkaufen zwar nicht besonders, aber meine gute Laune konnte durch nichts in der Welt schlechter werden. Außerdem musste ich auch meinen Teil für den Haushalt beitragen. Unsere Wege trennten sich. Irgendwie hatte ich ein seltsames Gefühl. Aber egal.

Als ich wieder zu Hause angekommen war, bestätigte sich mein Verdacht. Am Küchentisch saß neben meiner Mutter ein mittelalter Mann mit dunkelblonden, zurückgekämmten Haaren, einer Sonnenbrille und einem schwarzen Anzug, der mich freundlich anlächelte.
"Hi Cathubodva!", begrüßte er mich mit einer warmen, aber professionellen Stimme. "Cath. Nur Cath.", korrigierte ich kühl. Ich fand meinen Namen einfach zu lang. Außerdem klang er albern und altmodisch. Also ließ ich mich von allen einfach Cath nennen.

Doch was zum Teufel wollte dieser Typ hier?
"Mein Name ist Phil Coulson und ich bin ein Agent von SHIELD.", erklärte er, als hätte er meine Gedanken gehört. SHIELD? War das nicht so etwas wie das MI6?
"Und was machen Sie hier?", erkundigte ich mich misstrauisch.
"Tja Cath, ich muss dir etwas beichten", begann meine Mutter schuldbewusst. Was wird das hier? Ein Geständnis? Aber was wollte mir meine Mutter denn erzählen? Dass sie sich in Coulson verliebt hatte und sie sich mein Einverständnis zur Heirat holen wollten? Nein, das wäre zu schräg, dachte ich und grinste. Meine Mutter räusperte sich, blickte mich streng an und redete weiter.
"Hör zu. Ich habe dir doch erzählt, dass dein Vater nur ein kurzer One-Night-Stand in London war und ich mich nicht mehr an ihn erinnern kann?" Ich nickte.
"Na ja, das stimmt nicht ganz... Er war ein ganzes halbes Jahr mit mir zusammen. Dann hat er mich in einer Nacht verlassen, mit einem Brief, dass er nicht mehr zurückkommt. Ich dachte, es wäre besser für dich, wenn du nicht weißt, wer er ist." "Hallo? Ich bin keine drei Jahre mehr alt! Man kann mit mir reden!", brauste ich auf. Wieso konnte sie mir nicht einfach die Wahrheit sagen? Eine Mischung aus Enttäuschung und Wut machte sich in mir breit.
"Warum? Warum konntest du mir das nicht einfach sagen! Was ist denn so schlimm daran? Viele Männer tun so etwas! Du hättest mir wenigstens seinen Namen sagen können! Ich habe ein Recht darauf, zu wissen, wer mich gezeugt hat!"
"Cath bitte...", versuchte meine Mutter mich zu beruhigen. Am liebsten hätte ich gerade irgendetwas gegen die Wand geworfen, aber der vernünftige Teil von mir wusste, ich würde dies später bereuen.

Coulson, der bisher einfach nur beobachtet und kein Wort gesagt hatte, schaltete sich nun auch noch ein.
"Cath", sagte er ruhig. "Möchtest du jetzt wissen, wer dein Vater ist oder nicht?" Natürlich wollte ich das! Keine Frage! Mir kam ein Gedanke. Wenn meine Mutter nicht wollte, dass ich ihn kannte, dann musste er jemand Berühmtes sein! Vielleicht war ich ja die Tochter des Präsidenten? Oder die eines Popstars!
"Ja!", meinte ich, meine Aufregung verbergend. "Aber ich will es von meiner Mutter hören." Diese schien sich unwohl dabei zu fühlen. Wer zum Teufel sollte mein Vater sein? Wieso macht man so viel Aufhebens um ihn?
"Cath, dein Vater hat damals eine Katastrophe verursacht. Deshalb kam er nicht mehr zurück.", erklärte sie mir traurig. "Dein Vater ist Loki Laufeyson, Gott des Unheils." Wiebittewas? Mein Vater war der Verrückte, der vor achtzehn Jahren New York angegriffen hatte?

Also wirklich. Wie konnte der bitte mit jemandem zusammen sein, geschweige denn, ein Kind zeugen? Kein Wunder, dass er sie verlassen hatte. Letztens in den Nachrichten war zwar ein Bericht darüber gekommen, dass er sich den Avengers angeschlossen hatte, trotzdem erschien er mir nicht sonderlich sympathisch. Immerhin hatte der sich verhalten wie der größte Psychopath, den die Welt je gesehen hat. Ich hoffte, würde ich ihn irgendwann mal kennenlernen, dass er nicht immer noch insgeheim die Weltherrschaft übernehmen wollte.
"Cath? Ist alles in Ordnung?", fragte mich meine Mutter besorgt.
"Ja, alles cool!", antwortete ich. Da fiel mir etwas ein und ich richtete meinen Blick auf Coulson. Er war ja sicherlich nicht zufällig hier!
"Was tun Sie denn jetzt eigentlich hier? Sie machen doch wohl keinen Freundschaftsbesuch!", sagte ich misstrauisch.
"Ganz recht", lächelte der SHIELD-Agent. "Ich bin hier, um dich abzuholen."
"Um mich abzuholen? Wohin denn?", fragte ich aufgeregt.
"Zu deiner neuen Schule." Ich sah zu meiner Mutter herüber. Irgendwie wirkte sie gar nicht überrascht.
"Du wusstest davon!", konfrontierte ich sie. "Wieso hast du mir das nicht erzählt? Ich dachte, wir sagen uns immer alles! Aber du hast mich ja auch schon wegen meines Vaters angelogen!" Anklagend blickte ich sie an. Hilfesuchend sah meine Mutter zu dem SHIELD-Agenten.
"Sie wusste bis eben auch nichts davon. Ich habe es ihr erzählt, bevor du nach Hause kamst. Beruhige dich, Cath!", versuchte Coulson mich zu beschwichtigen.
"Nun, wärst du so freundlich dich von deiner Mutter zu verabschieden? Wir sind aufgrund der Entfernung zum Gelände schon etwas im Verzug. Ich erkläre dir alles auf der Fahrt."
"Muss ich denn nichts mitnehmen?", fragte ich verwundert. Er schüttelte den Kopf.
"Momentchen, aber ich darf schon, oder?" Der Agent nickte. Gut, denn ich würde nirgendwo ohne mein StarkPad hingehen, auf dem neben allen sieben Harry-Potter-Büchern, allen neun Star Wars Filmen, Herr der Ringe und Hobbit auch alle vier Staffeln Sherlock BBC, Good Omens sowie alle 15 Staffeln Supernatural gespeichert waren. Außerdem brauchte ich mein StarkPhone und meine Kopfhörer. Sowohl auf dem Tablet als auch auf dem Handy hatte ich Musik, Apps und verschiedenste Videospiele gespeichert. Schnell raste ich in mein Zimmer und packte die Sachen in meinen dunkelblauen Rucksack.

Nachdem ich mich bei meiner Mutter für meinen Ausbruch entschuldigt und verabschiedet hatte, folgte ich Coulson zu einem hellroten '62 Corvette Cabrio mit hellen Ledersitzen. Während ich mich auf den Beifahrersitz fallen ließ und den Agenten dabei beobachtete, wie er den Motor anließ, dachte ich darüber nach, wie es auf der neuen Schule sein würde. Besser als hier allemal. Morgen wäre ich in die Highschool gekommen. Wahrscheinlich hätten mich die Lehrer dort genauso gehasst, wie auf der Middle School. Zusätzlich wäre Jessica Lawrence, das verachtenswerteste, doch leider auch beliebteste Mädchen der ganzen Schule erneut in meiner Klasse gewesen und hätte mich wieder und wieder mit abschätzigen Kommentaren überhäuft. Hoffentlich würde es an der Schule, von der Coulson gesprochen hatte, besser sein.

Ich wurde von einem lauten Rauschen aus meinen Gedanken gerissen. "Wir haben Zeitdruck, also müssen wir wohl schneller werden!", rief mir der Agent zu. "Halt dich fest!" Dann erhob sich das Fahrzeug in die Luft. "Hat uns denn keiner gesehen?", fragte ich besorgt. "Sieh dich mal um, Cath. Wir sind mitten im Nirgendwo!" Tatsächlich schwebten wir über einem riesigen Wald, der sich soweit das Auge reichte unter uns entlang zog. Der Fahrtwind kühlte meine Haut, der Horizont flimmerte und ich lehnte mich einfach zurück. Schon nach kurzer Zeit war ich ins Land der Träume weggedämmert.

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