Avengers Academy - Eine etwas andere Marvel FF

Erste Kontakte

11.

"Es ist sechs Uhr fünfundvierzig. Zeit aufzustehen, Cathubodva.", ertönte die blecherne Stimme Jocastas aus meinem Armband. Überrascht ließ ich die Schere fallen, mit der ich seit einer geschlagenen halben Stunde an ebendiesem Metallbändchen herumsägte. Ich hatte extra einen Wecker auf meinem Tablet gestellt, um etwas Zeit zu haben, mich um das Armband zu kümmern. Aber dieses verdammte Teil wollte einfach nicht abgehen. Ich hatte nur eine winzige Kerbe in dem schimmernden Metall verursacht, obwohl ich beinahe zwanzig Minuten gesägt hatte. Woraus war dieses Scheißteil bitte gemacht?

Unwillkürlich entfuhr mir ein Gähnen. Es war gestern Nacht spät geworden, denn ich hatte zur Feier meines Triumphes über Loki Eine neue Hoffnung zu Ende geschaut. Die Pizza hatte zwar nicht den ganzen Film gereicht, der süße Geschmack des Sieges war aber erhalten geblieben. Und so beschissen diese Cyber-Fessel auch war, ich hatte auf ihr das vermutlich kompromittierendste Bild von Loki auf dem ganzen Planeten. Selbst wenn nicht war es immer noch ein hervorragendes Druckmittel.

"Es ist sechs Uhr fünfzig. Du solltest dich nun anziehen, um sieben gibt es Frühstück.", erinnerte mich die blecherne Stimme Jocastas. Am liebsten würde ich die Quelle der KI in den Schicksalsberg werfen, um nur nie mehr diese widerlich freundliche Stimme zu hören.

Auf einmal fiel mir wieder ein, was ich mir gestern vorgenommen hatte. Nett sein, Vertrauen gewinnen, Armband weg, ich weg. Ein simpler Plan. Nur konnte ich mir das mit dem Nett sein wohl vorläufig einmal abschminken. Wobei Ein paar Beleidigungen waren nichts im Gegenzug zu einem Angriff auf eine ganze Stadt. Und Loki chillte nun offensichtlich trotzdem bei den Avengers. Der erste Schritt wäre jedenfalls ein gemeinsames Frühstück.

Als ich an mir herunterblickte, konnte ich nicht anders, als die Nase zu rümpfen. Ich trug immer noch die Klamotten von vor zwei Tagen, als ich hierhergekommen war. Mein blaues Rolling-Stones-T-Shirt starrte nur so vor Dreck und ich wagte es erst gar nicht, an meinen Achseln zu riechen. Meine Jeans hatte ein Loch am Knie und wies zahlreiche Erd- und Schmutzflecken auf. Ich musste dringend duschen, und etwas Neues zum Anziehen musste auch her.

Neun Minuten später stand ich frisch geduscht vor dem Schrank und durchsuchte die Fächer nach brauchbarer Kleidung. Ich war schon auf Unterwäsche und eine dunkelblaue Jeans gestoßen, nun benötigte ich nur noch ein Oberteil. Bisher hatte ich nur Hemden und Crop Tops gefunden. Beides nicht mein Stil. Ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, als ich eine der letzten Schubladen aufzog und mir das Album-Cover von The Dark Side of the Moon entgegenlächelte. Und darunter befanden sich mindestens fünf andere Print-Shirts und nochmal so viele einfarbige. Wer auch immer diesen Schrank zusammengestellt hatte, ich dankte ihm inständig. Ich wollte gar nicht daran denken, wie es wäre, im Croptop unten anzutanzen.

Schließlich entschied ich mich für ein dunkelblaues T-Shirt mit einem knallgelben lächelnden Smiley darauf. Das würde bestimmt meine positive Stimmung zum Ausdruck bringen.

Selbst meine gedankliche Stimme triefte vor Sarkasmus. Ich liebte mein Leben einfach nur.

Ein lautes Pochen an meiner Tür schreckte mich auf.

"Cathubodva? Hey, es gibt Frühstück!"

Zur Abwechslung hatten sie mal keinen Lehrer geschickt, sondern eine Schülerin. Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, tippte aber auf die Tochter von Steve Rogers. Sheila, äh, Sharon war vermutlich genauso rechtschaffen wie ihr Vater und musste jede Gelegenheit ausnutzen, um nett zu sein und gute Taten zu tun. Überhaupt war es absolut albern, dass man nach mir schickte wie nach einem trotzigen Kind. Immerhin war ich nur – ich blickte auf mein Handgelenk – drei verdammte Minuten zu spät. Waren wir hier in Deutschland oder was?

Das Knurren meines Magens erinnerte mich daran, dass ich ein bisschen Frühstück ganz gut vertragen könnte. Blitzschnell schlüpfte ich in die weißen Sneaker, die ich ebenfalls im Schrank gefunden hatte, und öffnete die Tür.