acht

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Genervt drehte ich den Schlüssel herum, die Tür sprang auf.

In Gedanken immer noch damit beschäftigt, wer unser Gast wohl war trat ich ein.

Hatten wir heute etwa mal wieder einen Termin mit dem Steuerberater? Waren Kumpels meines Bruders zu Besuch? Oder die Verwandtschaft? Tante Marianne konnte es ja kaum sein, schließlich machte sie gerade Urlaub in der Südsee. Aber sie meinte, dass sie auf jeden Fall bei meinem Abiball dabei sein wollte!
Also vielleicht doch sie?

Nein, definitiv nicht!
Und mit dem, was ich sah, hätte ich auch nie in hunderttausend Jahren gerechnet.

Direkt neben der Eingangstür stand nämlich mein Bruder mit Frau Fenja.

Mir klappte die Kinnlade herunter.
Was taten sie da?

Peinlich berührt drückte meine Chemielehrerin Liam etwas von sich weg. Der ließ ihre Beine los, die ihn umschlungen hatten, damit sie sicher allein stehen konnte.

Ich glaube es nicht!

Verdutzt sah ich die beiden an, sie wussten scheinbar auch nicht, was sie nun tun sollten.

"Da...Das...ich...Nein, ich glaube das einfach nicht!", rief ich kofschüttelnd, nachdem ich mich wieder etwas gesammelt hatte.

"Ähm..."

Liam kratzte sich verlegen am Nacken, während Frau Fenja noch immer von allen guten Geistern verlassen schien.
Sie brachte kein Wort heraus.

"Tja, damit, dass ihr erwischt werdet, habt ihr wohl nicht gerechnet, was?", fragte ich hitzig.

"Ja, nein, haben wir nicht!", sagte Liam.

"I...Ich sollte je-jetzt besser gehen...", meinte Frau Fenja und fand den Boden auf einmal interessanter als meinen Bruder.
Tja, vielleicht sollte sie nächstes Mal einfach dabei verbleiben.

"Ich bring dich noch zum Wagen!", meinte mein Bruder und ließ es sich nicht nehmen, mich vorher noch in die Küche zu dirigieren.

Frau Fenja widersprach zwar, jedoch bestand mein Bruder darauf. Musste er jetzt auch noch den Kavalier raushängen lassen?
War meine Lehrerin anzufassen nicht schon ekeleregend genug?

Mühsam und immer noch unter Schock stehend trottete ich in die Küche.

Nach was roch es hier?
Pizza war es auf jeden Fall nicht!

Nein, ich glaubte nicht, was ich dort sah. Mein Bruder hatte sogar für sie gekocht!

"Oh nein!"

Ich ließ meinen Blick umherschweifen. Die Kerzen sagten alles!

Liam kam wieder.

"Was 'Oh nein!'?", fragte er.

"Du hast für sie gekocht? Ernsthaft Liam? Ich kann nicht fassen, dass du was mit meiner Lehrerin anfängst! Wie lange geht das schon? Zwei, drei Jahre? Habe ich deshalb so gute Noten bei ihr geschrieben, weil du es ihr besorgt hast?", wütend ratterte ich den Text herunter.

"Was, nein. So war das gar nicht!", sagte Liam aufgebracht.

"Ich habe sie letztens erst getroffen, im Supermarkt, als du mich zum Einkaufsdienst verdonnert hast!"

"Was? Und da willst du sie heute schon rumkriegen? Um mir ein möglichst gutes Abi zu verschaffen?"

"Nein, Serena. So war das doch gar nicht! Ich habe sie heute zum Essen eingeladen. Ich wollte sie näher kennenlernen, das war alles.", erschöpft vom Streiten lehnte sich mein Bruder an die Kücheninsel.

"Also wusstest du nicht, dass sie meine Lehrerin ist?", rief ich immer noch aufgebracht.

"Hey, jetzt beruhig dich ers-"

"Ich mich beruhigen?", brüllte ich nun schon.

"Wusstest du es? Sag, wusstest DU es?"

Mein Bruder presste die Lippen zusammen und schwieg.

"Okay, dann ist ja alles klar!", sagte ich und ging.

"Serena warte!"

"Nein, ich bin nicht dein Schoßhündchen, mit dem du machen kannst, was du willst! Merk dir das!
Ach, und bums nicht meine Lehrerin, sie hat ihre Karriere noch vor sich!", pfefferte ich ihm entgegen.

Mein Bruder spannte den Kiefer an und biss sich anschließend auf die Unterlippe. Jedoch ließ er mich gehen.

Insgeheim dankte ich ihm dafür, denn ich wollte mich mit ihm jetzt nicht streiten.

Ich stürmte in mein Zimmer, ließ meine Schultasche auf den Boden fallen und zog mich um.

Zeit, um eine Runde joggen zu gehen!

Wer ist Angelo?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt