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Er hatte vieles über Charisma und die Aura der Menschen gelesen. Welche Farben sie haben konnten, woran sich Charismatiker erkennen ließen und was die psychologische Erklärung dafür war, wieso man sich zu ihnen hingezogen fühlt.

Zwar hatte das nicht in all den Büchern gestanden, doch nachdem er dieses Thema nach zwei Monaten für langweilig und somit abgeschlossen erklärt hatte, war ihm in den Sinn gekommen, dass in der Theorie jeder Mensch Charisma besaß, nur nicht in der gleichen Menge und Wirkung.

Als er mit zwölf in einen neuen Taekwondo-Kurs gekommen war, hatte er einen Partner gehabt, der so ein verblüffendes Auftreten gehabt hatte, dass er sich von ihm zu Boden werfen lassen hat, bevor er auch nur über seine Strategie nachdenken konnte. Der Junge war ruhig gewesen, hatte nie viel gesagt, stand meistens mit zwei anderen Freunden zusammen, hatte aber vorzugsweise bei Gesprächen teilnahmslos zur Decke gestarrt. Doch sobald er jemandem gegenüber gestanden hatte, bereit für die nächste Runde, war ein Feuer in seinen Augen entflammt und der introvertierte, verträumte Junge wurde innerhalb einer Sekunde zu etwas mysteriösem; das Phänomen der stillen Gewässer.

Auch wenn sie alle es nicht wahrnehmen wollen, besitzen sie Charisma. Der Bann die Menschen zu faszinieren und zu beeindrucken.

Er wollte nicht eingebildet klingen, aber später am Montag war er der festen Überzeugung er, dass es sein Charisma, seine Ausstrahlung gewesen war, die Taehyung beeindruckt haben musste, als er da vorn gestanden und sich zum Lehrerliebling gemacht hatte. Anders konnte er sich nicht erklären, weshalb dieser Junge auf ihn zugekommen und praktisch dazu genötigt hatte, sein Partner für dieses Projekt zu sein.

Er konnte nicht leugnen, dass ihn dieses plötzliche Interesse aus dem Konzept gebracht hatte. Auch wenn das Fußballtraining verlaufen war wie immer - Baekhyun schien ihn erst wieder erkannt zu haben, als er bei einem Probespiel durch seine Abwehr gebrochen und den Ball mit einer solchen Wucht ins Tor geschossen hatte, dass selbst der Torwart (ein kleiner, schmächtiger Junge, der sich eingebildet hatte, er könnte trotz seiner zarten zwölf Jahre mit ihnen mithalten) zur Seite gesprungen war - fühlte er sich den Rest des Tages ein wenig, als hätte ihn jemand aus seiner Fahrspur gehoben und irgendwo weiter rechts abgesetzt. Zwischen den LKW's, da wo alles ein wenig langsamer lief.

Beim Abendessen saß er seiner Mutter und Taeyang gegenüber und starrte auf seinen Teller. Stumm, wie ein Fisch, lauschte ihren Gesprächen und nickte ab und zu, wenn Taeyang ihn fragte, ob das Essen in Ordnung wäre.
Sie unterhielten sich über die Arbeit - seine Mutter erzählte von einem ihrer Patienten, der nach einem Autounfall sechs Monate im Krankenhaus gelegen und heute entlassen worden war, sie hatte in den letzten sechs Monaten sehr viel von ihm erzählt -, über die neusten Nachrichten aus der Politik und wie wunderbar Taeyang das Essen gelungen war.
Und dann, gerade als sie beinahe mit dem Nachtisch - Crème Brûlée - fertig waren und er schon gehofft hatte, heute nicht mehr erklären zu müssen, dass er zum ersten Mal in seinem Leben eine Verabredung hatte, holte seine Mutter Luft und drehte sich zu ihm.

„Wie war's in der Schule, Schatz? Hast du etwas Neues gelernt?"

Er schüttelte den Kopf und starrte auf seine Schüssel und die abgekühlte Karamellschicht, die er immer zum Schluss aß. „Nein."
Es war die erste Frage, die sie stellten. Ob er etwas Neues gelernt hatte. Und er wusste bis heute nicht, ob sie neugierig oder vorwurfsvoll klingen sollte.

Sie nickten.
„Sind die neuen Kurse in Ordnung?", fragte Taeyang und er wich seinem Blick aus, während er wieder nickte.
„Sie sind okay..."

End of Spring  ⇢ TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt