Das Glück der Erde...

Chapter 3

Wie wir es erwartet haben, gucken wir in den ersten Stunden einen Film. Allerdings weiß ich nicht welchen, da meine Freunde und ich die ganze Zeit in unserer WhatsApp Gruppe schreiben.

Chaostruppe

Jace:
Ey Alec, willst du echt den
Stallboy knallen? Du weißt,
wir teilen uns ein Zimmer!

Izzy:
Schön, dass das deine
größte Sorge ist Jace!

Jace:
Hä? Was willst du denn jetzt?😂

Simon:
Ist Alec überhaupt schwul?🤔

Alec:
Yes Si, ich bevorzuge
Männer. Ist wohl an dir vorbei
gegangen.🌈

Izzy:
Jace, mal daran gedacht, dass
1. Alec unerfahren ist und 2.
dieser Stallboy Gefühle hat?

Cat:
Und 3. Alec die Gefühle anderer
respektiert und nicht mit
Füßen tritt?

Alec:
Okay Leute, 1. ich habe keine
Ahnung, woher ihr meinen
Erfahrungsgrad wisst, aber ok.
Und 2. Liebe bedeutet mehr
als einfach nur zu vögeln!

Simon:
Amen!🙏🏼

Izzy:
Seit wann ist mein Bruder
so sentimental?🥺

Jace:
Ich glaube, der hat seine Tage!😂

Alec:
Und zu 2.&3. habt ihr recht. Ich
spiele nicht mit den Gefühlen anderer.
Entweder, wir verlieben uns ineinander
oder das einzige was knallt, ist
meine Faust in Jace Fresse, wenn
er so weitermacht!

Und schon ist ruhe in der Gruppe. Jace stößt mir hart mit seinem Ellbogen in die Seite und ich ziehe zischend die Luft ein. "Du weißt genau, dass ich stärker bin als du.", flüstert er mir zu und ich nicke grinsend. Ja, in Sport war Jace schon immer besser. Also klar, ich bin auch relativ sportlich und muskulös gebaut, aber Jace ist nun mal stärker als ich. Seine gesammte Freizeit besteht aus Sport, meine aus Sport, lesen und fotografieren. Also muss ich meine Zeit schon durch drei teilen, während Jace sich komplett auf den Sport konzentrieren kann.

Und dann kommt alles noch ein bisschen kürzer, wenn man sich auch noch um Schule, Familie und Freunde kümmern muss. Hätte ich jetzt noch eine Beziehung, müsste ich wohl mindestens ein Hobby aufgeben. Aber darüber muss ich mir in Zukunft sicher keine Gedanken machen. Wieso sollte ich mich denn auch in den Stallboy verlieben? Klar, dass kann man sich nie aussuchen, aber rein von der Logik her?

Wir leben beide gefühlt am jeweils anderen Ende von Amerika. Auf so eine Fernbeziehung kann ich verzichten. Da kann ich genauso gut Single bleiben und mir das ganze heulen ersparen. Meine Gedanken werden vom Pausenklingeln unterbrochen und sofort rennen alle Schüler aus dem Raum raus auf den Hof. Auch meine Freunde und ich nehmen unsere Taschen und verlassen das Klassenzimmer. Draußen gehe wir auf die Wiese und setzen uns auf eine freie Fläche im Kreis. Izzy legt sich wieder mit dem Kopf auf meinem Schoss ins Graß.

"Ich kann es nicht glauben, dass du wirklich mit auf den Reiterhof fährst Jace.", grinst Ragnor, der seinen Arm um Cat gelegt hat. Dieser zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Ich tue halt alles für meinen besten Freund.", prahlt er. Izzy und ich fangen an zu lachen. "Du freust dich doch nur darauf, Clary wieder zu sehen! Deine alte Kindheitsliebe!", nehme ich ihn hoch.

Sofort wird Jace rot und winkt ab. "Sei ruhig, das ist schon längst vorbei!", murmelt er. Sofort lachen wir alle. Cat ist die erste die wieder ernst wird. "Aber jetzt mal ehrlich Alec. Wenn du dich wirklich in diesen Stallboy verliebst, was machst du dann?", fragt sie neugierig. Izzy setzt sich aufrecht hin und sieht mich ebenfalls neugierig an. "Wie, was mache ich dann?", frage ich skeptisch. Ragnor räuspert sich. "Naja, wir wissen alle, dass du ein sehr gefühlvoller Mensch bist.", murmelt er.

Simon nickt. "Ja, du bist kein Typ für eine Fernbeziehung. Vor allem nicht, wenn es so eine riesen Entfernung ist wie von hier nach Alicante zum Reiterhof.", wirft er ein. Ich nicke, sie haben ja recht. Ich will auch nicht ausschließen, dass ich mich in den Ferien zum ersten mal zu jemandem hingezogen fühle. Aber das wird alles in einem großen Liebeskummer enden.

Entweder, weil er meine Gefühle nicht erwidert. Oder, und ich glaube das ist viel schlimmer, er erwidert meine Gefühle und wir könnten zusammen sein, werden aber nach den Ferien wieder voneinander getrennt. So oder so werde ich wohl leiden. Und darauf kann ich verzichten. Ich sehe Jace an, der zustimmend nickt. Wir beide verstehen uns auch ohne Worte.

Wir werden die Ferien zu viert verbringen. Izzy, Jace, Clary und ich. Wie früher. Nur wir vier und das wars! Jace kann seine Gefühle kontrollieren und ihm macht eine Fernbeziehung nichts, wenn es denn mit Clary klappt. Ob man es glaubt oder nicht, er führt lieber tiefgründige Gespräche als zu vögeln. Reden kann man auch per Telefon. Aber bei mir? Ich brauche die körperliche Nähe zu dem Menschen, den ich liebe. Also werde ich mich von allen Menschen, die ich dort nicht kenne, fernhalten.

Damit mache ich mich sicher unbeliebt bei Jocelyn, aber sie kennt mich und wird es verstehen. Und ausreiten kann ich auch alleine, dafür habe ich genug Reiterfahrung. Das Klingeln erinnert mich an die Gegenwart. Schule. Zeugnisse. Schnell stehen wir auf und ich sehe meine Freunde nochmal an.

"Könnten wir das Thema "Alec und der Stallboy" jetzt bitte lassen?", frage ich streng. Alle nicken und wir gehen in unseren Klassenraum. Die Stunde geht schnell rum denn, ob man es glaubt oder nicht, die Lehrer wollen genauso sehr Ferien haben wie die Schüler. Vielleicht sogar mehr.

Schnell haben wir unsere Zeugnisse und keine halbe Stunde später stehen wir an meinem Auto. Izzy umarmt Ragnor, dann Simon und zum Schluss Cat. "Schreibt auf jeden Fall zwischendurch mal. Und schickt Fotos!", mahnt Cat uns. Das wird der erste Sommer seit fünf Jahren, den wir nicht alle gemeinsam verbringen. Lächelnd umarmt Jace das kleine Mädchen. "Keine Angst, wir vergessen dich schon nicht.", muntert er sie auf.

Grinsend nehme auch ich sie in den Arm. "Und wenn ich mich wirklich verliebe und für immer dort bleibe, bekommst du als erste ein Abschiedsvideo!", sage ich theatralisch und sie kneift mir in die Seite. Lachend springe ich zurück und sie sieht mich ernst an. "Ich schwöre dir Lightwood, wenn du nicht wiederkommst, dann werde ich dich gewaltsam zurückholen!", droht sie und hebt sogar ihren Zeigefinger, um es wirklich zu verdeutlichen.

Lächelnd drücke ich ihr einen Kuss auf die Wange, gebe Simon und Ragnor die Faust und steige dann mit Izzy und Jace in mein Auto, um nach Hause zu fahren. Wir alle schweigen. Denn wir wissen, was ich gesagt habe ist die Wahrheit. Wenn ich mich tatsächlich verlieben sollte, komme ich eventuell nicht mehr nach New York zurück.