Kapitel 5

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Jimmy Price betrat das Büro, nickte Alana kurz zu und wandte sich dann an Jack selbst. „Der Ripper hat ein Detail übersehen und einen Fehler gemacht, als er mit einem unserer Autos geflohen ist. Wir können ihn mithilfe von Funk orten, er hat zwar etwas Vorsprung, wohin auch immer, aber unmöglich ist es trotzdem nicht." „Worauf warten wir dann noch?!" Jack stand auf und ging schnellen Schrittes an Jimmy vorbei in Richtung technischer Abteilung. Die beiden anderen folgten. „Jack?", fragte Alana, während sie durch die Gänge hastend, zu ihm aufholte. „Was?", fragte dieser, den silbernen Fahrstuhl ansteuernd. „Du weißt es, es gibt einen ganz gewaltigen Haken an der Sache, und du kennst ihn ebenso gut wie ich." Sie betraten den Fahrstuhl, Jack drückte den Knopf mit der drei. Die Türen schlossen sich. „Hannibal macht keine Fehler.", sagte er finster. „Ganz genau, Hannibal macht niemals Fehler, und wer weiß was wir finden, wenn wir den Wagen geortet haben." „Und was sollen wir sonst machen? Wir können ihn schlecht zu uns zaubern, Doktor. Wir müssen seiner Spur folgen, weil wir es einfach noch nicht schaffen, einen Schritt vor ihm zu sein! Noch ist er für uns unnahbar." Die Türen öffneten sich mit einem Zischen und glitten zur Seite. Im Gleichschritt gingen Alana Bloom und Jack Crawford aus dem Fahrstuhl und geradeaus in die Richtung, in der sich beide die Lösung des Rätsels erhofften.
Will regte sich, als es bereits anfing zu dämmern. Er bewegte seinen Kopf langsam, öffnete die Augen und fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht, bevor er seinen Blick auf die Straße - und schließlich auf Hannibal konzentrierte. „Guten Morgen, Will. Ich hoffe, du konntest die Nacht nutzen um dich ausreichend zu stärken. Vor uns liegt immerhin ein langer Tag.", Hannibal lächelte ihn freundlich an. „Ja, konnte ich... wie lange hab ich denn geschlafen?", fragte Will, immer noch ein wenig müde. Sein Nacken schmerzte und zog von seiner Schlafposition. Vorsichtig bewegte er ihn hin und her. Hannibal sah auf seine Armbanduhr. „Ungefähr sieben Stunden werden es wohl gewesen sein. Direkt nachdem wir mein Haus verließen, hast du angefangen zu träumen." „Ich hab nicht geträumt.", murmelte Will, während er es aufgab, seine Nacken retten zu wollen, und lieber versuchte, die Landschaft durch die sie fuhren, als bekannt oder unbekannt einzustufen. „Wohin fahren wir eigentlich?"
„Nach Atlanta." resigniert warf Jack den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, was würde er nur für eine Nacht geben, in der er ohne Medikamente schlafen könnte. „Sie haben praktisch gewonnen. Wenn sie erstmal auf dem Flughafen sind, haben wir keine Chance mehr. Dann sind sie uns binnen einer Stunde ungefähr zwei Tage voraus, es ist nicht ohne Grund einer der größten Flughafen der Welt." Alana schnaubte. „Hannibal hat ganz bewusst unseren Wagen genommen. Er spielt mit uns wie auf einem Klavier." Sie wandte sich Jack zu. „Das einzige, was wir jetzt tun können, oder viel mehr tun müssen, ist schnell sein und Ruhe bewahren. Auch ein Hannibal Lecter muss erstmal durch die Sicherheitskontrollen. Jack, wir werden einen Hubschrauber benutzen, um überhaupt zeitlich eine Chance haben, beide einzuholen." „Verstanden. Jimmy, leiten sie bitte weiter, dass wir Nummer elf in der nächsten halben Stunde betreten werden.", „Wird gemacht", rief der blonde eifrig, und eilte davon.  „Wir müssen zur Benachrichtigungszentrale. Wir senden einen Notruf inklusive Fahndungsbild an den den Flughafen.", und Jack setzte sich in Bewegung, Alana war ihm dicht auf den Fersen. „Wessen Fahndungsbild?", fragte sie argwöhnisch hinter Jack. „Von beiden, natürlich. Oder sehen sie Will Graham hier irgendwo?", fragte Jack, der weiter den Gang so schnell entlang schritt, dass jeder, der aus Versehen in ihrem Weg stand, kaum noch Zeit hatte, erschrocken auszuweichen. „Nein, aber hat Will irgendjemanden etwas getan? Auf dieser Beweisgrundlage eine Fahndung nach dem ihm auszustellen bringt uns vor der Staatsanwaltschaft vor unvermeidliche Schwierigkeiten, das weißt du genauso gut wie ich.", sagte Alana während sie es nutzte, in Jacks Windschatten zu gehen. Sie waren inzwischen bei den Treppen angekommen und die Frau hatte ein wenig Mühe, dem Special-Agent zu folgen. „Wenn wir nur Hannibal als gesucht melden, wie es uns die Grundlage bis jetzt erlaubt, bleibt die Gefahr, dass er nicht gemeldet wird, weil er in Begleitung ist, Doktor. Es fällt mir schwer, dass zu sagen, aber ich glaube, wenn wir beide erstmal gefasst haben, werden wir haufenweise Beweise finden, die Will beinahe ebenso belasten wie Hannibal. Wer weiß, wie lange die beiden schon hinter unserem Rücken zusammenarbeiten." Den letzten Satz nur so gemurmelt, drehte sich Jack nun auf einem Treppenabsatz zu Alana um, und sah auf sie herab. „Und dann werden sie in große Schwierigkeiten kommen, Doktor, weil dann nämlich noch einer von zwei Serienmördern und Psychopathen frei herumläuft und irgendwo am Strand Piña Colada trinkt." Alana sah zu ihm auf, die Augen ein wenig zusammengekniffen, einen entschlossenen Ausdruck in dem Augen. Sie standen eine Weile so da, es müssen nur wenige, sehr lange Sekunden gewesen sein, bevor Jack den Blick abwandte, und weiterging. „Ich werde jetzt ein paar Sachen aus meinem Büro holen, falls wir länger in Atlanta bleiben sollten. Ich möchte sie bitten, die Fahndung auszustellen." Er drehte sich nochmal um. „Tun sie, was sie denken, Doktor. Ich bewundere ihren Glauben in den Guten Will Graham, obwohl er uns beide gleich enttäuscht hat, aber vielleicht haben sie Recht und es steckt noch so viel gutes in ihm, wie sie denken..." Jack sah noch ein wenig abwesend auf den Boden vor ihm, bevor er sich endgültig abwandte um in sein Büro zu gehen, und Alana stehen ließ. Wütend drehte sich Alana und ging durch die schwere, weiße Tür in den Raum, dessen jahrelang abgenutzter Teppichboden ihre starken, energischen Schritte erheblich dämpfte. Sie ging an scheinbar unzähligen Büros vorbei, die teilweise nur durch kleine Trennwände separiert wurden. Der riesige Raum war gefüllt mit lauten Stimmen, Rufen, dort hinten lachte jemand und bei einem Büro in einem extra Raum, welches so abgedunkelt war, dass für alle unsichtbar war, was sich dort drinnen verbarg, hörte man laute Stimmen, fast ein Schreien. Während die Frau sich zwischen den Menschen, und Schreibtischen durchschlängelte und versuchte, die vielen Geräusche auszublenden um ihren eigentlichen Auftrag nicht zu vergessen, verstand sie nun, warum manche als Arbeitsplatz doch lieber die forensische Anthropologie wählten, wo schweigende Skelette im Keller Gesellschaft leisteten, und das Leben nur in der starren, unveränderbaren und faszinierenden Distanz auftrat. Endlich war sie bei einem Büro mit der Aufschrift ‚Fahndungsaufträge' angelangt. Hinter der Tür war es still, soweit sie es herausfiltern konnte, und nachdem sie den Gedanken ob sie klopfen sollte, sofort wieder verwarf, trat sie ein. An dem Holzschreibtisch in der Mitte des Zimmers saß ein Mann um die fünfzig mit grauen, schulterlangen Haaren und einer schwarzen trainingsjacke, die um seinen Bauch spannte. Alana hatte ihn noch nie vorher beim FBI gesehen. Er blickte auf. „Guten Tag. Trotz dessen, dass sie ja offensichtlich ein wichtiges Anliegen haben, würde ich vorschlagen, dass sie das nächste Mal vor dem Eintreten trotzdem klopfen." Er musterte sie von oben bis unten, sodass Alana sich automatisch vorkam wie ein Insekt, welches gleich Stück für Stück siziert werden würde. Er ergriff wieder das Wort, seine tiefe und durchdringende Stimme erfüllte den ganzen Raum. „Wie heißt denn die Schönheit, mit der ich das Vergnügen habe? Und was macht so ein hübsches Ding ausgerechnet beim FBI?" Er grinste breit und offenbarte dabei leicht schiefe und gelbe Zähne.
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6. Kapitel, danke fürs Lesen :) Es ist ein bisschen länger als die anderen.
Ansonsten würde ich mich wie immer über Feedback oder Verbesserungsvorschläge in den Kommentaren freuen... :D

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