Während ihrer zeitlosen Fahrt saß Jack, inzwischen weit von ihnen entfernt, in seinem Büro an seinem Schreibtisch, die Beine überschlagen, mit der rechten Hand gedankenverloren sein Kinn reibend, mit den Fingern der linken abwechselnd auf den Schreibtisch tippend. Mit seinen Augen verfolgte er Alana Bloom, die für ihn wie in Zeitlupe in dem Zimmer auf und ab ging. Alles war nach Hannibals Flucht wie in Zeitlupe an ihm vorbeigegangen, er konnte sich nicht erinnern, wie er hier hergekommen war. Vielleicht war das auch nur ein Traum, vielleicht würde er gleich aufwachen, seine Frau beim Schlafen betrachten, dann leise aufstehen, um sie nicht zu wecken, und Frühstück machen. Durch das Klappern das Geschirrs würde sie dann doch wach werden, und sich in ihrem fliederfarbenen, seidigen Morgenmantel und unordentlich zusammengemachten Haaren von hinten an ihn heranschleichen, um ihn dann zu erschrecken und über sein leichtes Zucken zu lachen. Er würde sich umdrehen, seine Bella, seine wunderschöne Bella lachen sehen, sich zu ihr beugen und sie küssen, und sie würde ihre Arme hinter seinem Kopf verschränken und ihn näher an sich ziehen, und alles wäre gut, alles wäre okay. „Jack? Jack!" Unsanft holte ihn Alana in die Realität zurück, und fuhr mit ihrem Kreuzverhör, welches er wohl zum Teil verpasst hatte, fort. „Nochmal, wie konnte so etwas passieren? Drei Leute sind gestorben, Jack, drei haben ihr Leben gelassen, dafür, dass wir, dass du Hannibal hast entkommen lassen. Er ist mit einem deiner Polizeiautos. geflohen, er verspottet uns regelrecht, und warum? Weil er es kann! Niemand hat ihn aufgehalten, wenn wir Glück haben, kann Will uns helfen, ihn zu finden, und es wäre nicht mal moralisch verwerflich, wenn er dazu ‚Nein' sagen würde! Hannibal hat ihm immerhin-" „Er wird uns nicht helfen", unterbrach Jack Alana rau, und räusperte sich. „Probieren werden wir es trotzdem, ich fahre auch gleich zu ihm, dich will er wahrscheinlich gar nicht erst sehen", meinte Alana energisch, entschlossen, und mit einer Energie, um die Jack sie gerade beneidete. „Doktor, bei allem Respekt, sie verstehen das nicht.", sagte er leise und rieb mit der Hand über seine Augen. „Was? Was verstehe ich nicht, Jack?" „Will ist weg. Er war vor uns bei Hannibal, und fuhr vor meinen Augen mit ihm weg. Ich habe ihn gesehen, und er hat zugesehen, wie Hannibal dem Polizisten am Steuer das Genick gebrochen hat, ohne etwas zu unternehmen, und ich sah auch, wie Will zu ihm ins Auto stieg, ohne einen Moment zu zögern und ohne ein Zeichen, dass er dazu gezwungen wurde. Will hat sich gegen uns entschieden. Er ist weg." „Nein.", flüsterte Alana, erst langsam, dann immer schneller den Kopf schüttelnd. „Nicht Will." „Doch. Vielleicht, höchstwahrscheinlich sogar, hat er einen der anderen beiden Polizisten selbst umgebracht." Jack sprach langsam und deutlich, auch, um sich den Sinn der Worte selbst bewusst zu machen. Er schaute nun nicht mehr zu Alana, die immer noch fassungslos den Kopf schüttelte, sondern aus dem Fenster und betrachtete den weiß leuchtenden Mond. Er reagierte auch anfangs nicht, als einer der für seinen Einsatz zuständigen forensischen Anthropologen durch die Tür eintrat, erst, als dieser ihm einen dünnen, zusammengetackerten Stapel beschrifteter Blätter mit den Worten, „Das ist der erste Entwurf des Autopsieberichtes, vielleicht könnte sie der Bereich der Mordwaffe interessieren, Agent Crawford." reichte, regte sich Jack, bedankte sich mit einem Nicken, und nahm den kleinen Stapel entgegen. Der Mann in dem weißen Kittel verließ das traurig und einsam wirkende Büro, und wandte sich eine Etage unter ihnen wieder den drei Leichen der Polizisten zu, mit denen er gestern noch gemeinsam gelacht hatte. Über ihm überflog Jack den Bericht schnell, blätterte die erste Seite um, die zweite, die dritte - und verweilte dann bei der vierten. Er runzelte die Stirn, Alana ließ ihn keine Sekunde aus den Augen. „Was ist mit den Mordwaffen?" „Es gibt keine Mordwaffen... Es gibt nur eine, ein kleines gerundetes Messer, mit dem die beiden Polizisten an der Hintertür getötet wurden." Er schaute wieder auf zu Alana, sein Blick war nun wieder gefestigter und nicht mehr so umherschweifend wie vorher. „Hannibal hat sie alle getötet, nicht Will." Alana atmete erleichtert aus. „Gott sei Dank, immerhin etwas. Jetzt müssen wir die beiden nur noch finden." „Das dürfte nicht ganz so schwer sein", sagte eine männliche Stimme hinter ihnen.
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4. Kapitel :) Danke fürs Lesen, und ich würde mich über einen Kommentar freuen. Das nächste kommt morgen wieder online...
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you're somebody else
Fiksi Penggemardifferent reality - spielt am Ende der 2. Staffel von „Hannibal", die Figuren haben teilweise auch eine andere Backgroundstory. Will warnt Hannibal vor dem kommenden FBI, doch Hannibal reagiert anders als geplant... Wird ein etwas längeres Projekt...