Kapitel 8

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Bei jedem Gesicht, jedem Ausdruck, jedem Gespräch zwang ihn sein Verstand das zu bearbeiten, zu filtern, zu deuten, und danach zu verarbeiten. Wo er auch hinschaute, waren Menschen, Menschen, die ihn anguckten, ihre Augen und ihr gleichgültiger Blick brandte sich binnen Sekunden in seine Netzhaut und kurz darauf in sein Herz, er war auf einmal unfähig, sich zu bewegen, konnte nur zitternd dastehen und zugucken, wie sich Menschen, so unfassbar viele Menschen sich an ihm vorbeidrängten, als wäre er nur ein weiteres Hindernis in dem Meer dieser in Gleichgültigkeit ertrinkenden Menschen, und Hannibal... Verzweifelt, fast im inneren schreiend versuchte Will, den Mann ausfindig zu machen, doch es fühlte sich an, als würden alle Gesichter zu einem werden und plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen, er verlor das Gleichgewicht. Will fiel endlos lange Sekunden, kippte nach hinten. Dann waren dort große Hände zwischen seinen Schulterblättern, die ihn auffingen, wieder sanft nach vorne drückten, und dann behutsam seine Schultern festhielten, um ihn zu stützen. „Will?", fragte eine Stimme leise und nah neben seinem Ohr. Will blinzelte, hustete und stieß die Luft aus, die er unbemerkt die ganze Zeit angehalten hatte. Hektisch drehte er sich, und wären die Hände auf seinen Schultern nicht gewesen, hätte er das Gleichgewicht sofort wieder verloren. „Will, du hattest einen Schock.", sagte nun die Stimme, die Will endlich als Hannibal identifizieren konnte, und als dieser ihn losließ und um ihn herumging, sah er auch endlich dessen Gesicht. „J-ja, ich... tut mir leid, da waren die g-ganzen Gesichter und Stimmen und ich" „Will, das ist nichts wofür du dich entschuldigen musst. Ich möchte nur, dass du, sobald du dich unwohl fühlst oder nochmal Anzeichen eines solchen Schocks verspürst, nach mir rufst. Auch wenn ich gerade nicht in der Nähe bin, werde ich dich hören. Vertrau mir.", unterbrach Hannibal ihn mit einem Lächeln, dann drückte er Will etwas in die Hand. Es war ein Flugticket, und Hannibal trug das zweite. „Wir müssen uns allerdings beeilen, auch, wenn die Menschen in der Fahndungsabteilung des FBI nicht die Fähigsten des Gesamten sind. Irgendwann wird man mich suchen." „Und was ist mit mir? Ich bin immerhin mit dir weggelaufen." „Oh, ich glaube nicht, dass Jack oder Alana eine Fahndung speziell nach dir ordern. Bis vor kurzem warst du ja noch einer von ihnen." Hannibal zwinkerte ihm zu, dann ging er wieder durch die Menschenmenge und Will beeilte sich, ihm diesmal dicht auf den Fersen zu bleiben. ‚Und wer bin ich jetzt?', schoss ihm für den Bruchteil der Sekunde durch den Kopf, doch er verwarf den Gedanken gleich wieder, weil er ihm wehtat. Jack und Alana betraten den Helikopter Nummer elf, er ging voran, sie hinterher. Jack wechselte kurz ein paar Worte mit dem Piloten, wohin es denn gehen soll, warum, und wie schnell. Als sie langsam den Boden verließen, hing jeder der beiden seinen eigenen Gedanken nach. Jack lehnte seinen Kopf gegen die kühle, runde Fensterscheibe und schaute in den Sonnenaufgang, während er in seinem Kopf nochmal den späteren Ablauf durchging. In erster Linie würden sie, wenn sie ankamen, Hannibal und Will ausfindig machen müssen. Wenn die Fahndung bereits ausgestellt worden war, hielt die Security die beiden vielleicht sogar schon gefangen und bereit, abgeholt zu werden. Was auch immer sie tun mussten, es durfte keine Maschine den Flughafen mit den beiden verlassen, sonst hätte er einige Gerichte und Klagen am Hals. Zumal es dann geradezu unmöglich sein würde, die beiden zu fassen. Jack rieb sich nochmal über die Augen, als könnte er sich damit wach halten. Eigentlich war es sein Normalzustand, am Tag müde zu sein und nachts nicht schlafen zu können, Nacht für Nacht für Nacht wälzte er sich hin und her, vorsichtig, um Bella nicht zu wecken. Seine Schlafstörungen wurden nicht besser, egal welche Tabletten er nahm, und Jack hatte schon vieles probiert, um nicht zu sagen alles. Valium war das einzige, was einigermaßen half, dass er wenigstens zwei bis drei Stunden Schlaf bekam, aber weil eine Nebenwirkung unregelmäßiges Erbrechen und Krämpfe waren, hatte er schlimm und schlimmer abgewogen und sich gegen das Mittel entschieden.
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Uuuund wieder danke fürs Lesen :))
Das nächste Kapitel wird wieder etwas länger, versprochen ;D

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