Percy

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Kurze Zeit später lag der Blonde auch schon auf einer Trage und wurde wieder zurück ins Camp gebracht. Sein Bewusstsein hatte er bis dahin jedoch noch nicht wiedererlangt. Will dirigierte die Träger der Trage sofort ins Lazarettzelt und ordnete an, dass außer seinen Geschwistern niemand das Zelt betreten dürfe.

Anscheinend stand es nicht gut um den Blonden, so gehetzt und ernst wie Will und auch die anderen helfenden Apolloleute durch die Gegend rannten und schließlich im Zelt verschwanden. Kurz bekam ich noch mit, dass die unaufhörlich blutenden Striemen auf Blondies Rücken nicht die einzigen ernsten Verletzungen zu sein schienen.

Nach unglaublicher geistiger Anstrengung meinerseits viel mir dann auch wieder ein, dass unserer Gefangener ja auch ziemlich übel getreten wurde. Wie lange er diese Tortur über sich ergehen lassen musste wusste ich nicht, doch innere Verletzung konnte man sich bei solchen Tritten bestimmt sehr schnell zuziehen.

„Hey Algenhirn" wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen und nahm Annis wedelnde Hand vor meinem Gesicht wahr. „Tschuldigung, was hast du gesagt?" fragte ich immer noch leicht zerstreut und sah ihr fragend in die grauen Augen.

„Wir sollten Chiron Bericht erstatten" wiederholte sie sich seufzen und zog mich dann einfach ohne auf meine Zustimmung zu warten Richtung Haupthaus. Da vielen mir dann auch endlich die ganzen anderen Camper wieder ein, die ja bis zum Zerreißen angespannt hinter der Barriere auf einen Angriff warteten. Schnell beschleunigte ich meine Schritte und schloss zu Annabeth auf. Entwarnung zu geben war wohl das Einzige was wir beide gerade tun konnten. Denn Rest mussten wir Will und seinen Geschwistern überlassen.

Endlich am Haupthaus angekommen stürmten wir ohne große Umwege in Mr. Ds' Büro. Wieso wir ausgerechnet hier nach Chiron suchten und ihn auch antrafen wusste ich nicht genau, aber um ehrlich zu sein war ich auch nur Anni hinterher gestürmt.

„Wir haben Nico, Cara und den Jungen wiedergefunden. Damien und ein paar andere haben ihn verschleppt und übel zugerichtet. Die Apolloleute kümmern sich gerade um seine Verletzungen" erstattete Anni Bericht und ich stand kopfnickend neben ihr. Erleichtert sahen die beiden Erwachsenen – ja, Mr. D war tatsächlich auch in seinem Büro – von einer auf dem Schreibtisch ausgebreiteten Karte auf. Mit einem unauffälligen Blick erkannte ich, dass darauf die Grundrisse des Camps und dessen nähre Umgebung zu erkennen war.

„Ein Glück" murmelte Chiron erleichtert und rollte in seinem Rollstuhl um den Tisch herum und auf uns zu. „Wie schlimm steht es um unseren Gefangenen?" fragte er wieder ernster.

„Wissen wir nicht" meinte ich nur kurz angebunden. „Sah nicht wirklich appetitlich aus wie die Schwachmaten ihn zugerichtet haben."

Nach dieser Aussage meinerseits fuhr sich Chiron frustriert seufzend durch die Haare. „Wir können nur hoffen, dass er keine Komplizen hat die diesen Zwischenfall mitbekommen haben und sich nun revanchieren wollen."

„Das denke ich auch" stimmte Anni ihm zu und nahm wieder ihre übliche Denkerpose ein. „Wahrscheinlich wäre es am besten die Camper zumindest für die nächsten Tage in Bereitschaft zu halten. Wir sollten Wachen aufstellen und den möglichen Komplizen von Blondie zeigen, dass das nicht auf unserem Mist gewachsen ist. Diese Trottel rund um Damien sollten auf jeden Fall eine Strafe bekommen" beendete meine Freundin schließlich ihren Monolog und sah Chiron auffordernd an.

„Bitten wir doch einfach meine Götterfreunde darum diese Herrschaften zu bestrafen, so wie Zeus es mit mir gemacht hat. Ein Leben ohne jemals wieder in den Genuss von Wein zu kommen wäre für diese Bürschchen genau das richtige" mischte sich auf einmal Mr. D ein und starrte wütend einen Punkt in der Ferne an. Ob er wütend auf die Jungs oder auf die Götter war konnte ich jedoch nicht genau feststellen. Das Einzige was mir klar war, war die Tatsache das man solche Kommentare lieber unbeantwortet lies und sich am besten schnell wieder den wirklich wichtigen Dingen im Leben widmete.

„Ich stimme dir zu Annabeth. So können wir zeigen, dass wir sie, falls sie wirklich existieren, nicht angreifen und gegen uns aufbringen wollen" stimmte Chiron Anni zu und ignorierte Mr. Ds' Aussage ebenfalls. „Solange wir nicht wissen wer dieser Junge ist, was für Kräfte er und seine möglichen Komplizen haben und wie sie zu uns stehen sollten wir uns besser ruhig verhalten und sie nicht unnötig provozieren" ergänzte er noch mit gedankenverlorenem Blick.

„Seid so freundlich und leitet alles in die Wege. Stellt mehrere Schichten zusammen und seht zu, dass in jeder Schicht auch ein paar unserer besten Kämpfer dabei sind. Die Störenfriede schickt ihr bitte zu mir" gab Chiron uns ohne eine Mine zu verziehen als Anweisung.

„Ich Vertraue auf eure strategischen und taktischen Fähigkeiten. Die Sicherheit des Camps liegt in eurer Hand" meinte er plötzlich wieder ernst und ich kam nicht umhin mich zu fragen warum diese Szene auf einmal so dramatischer wurde. Die passende Musik dazu und sie hätte aus einem typischen Heldenfilm sein können.

Mit einem kurzen Kopfnicken drehten Anni und ich uns wieder um und machten uns zügig auf den Weg. Schwach hörte ich noch wie Mr. D entzückt meinte, dass er sich ja dann mal bei seinen Götterfreunden nach einer passenden Bestrafung umhören könnte. Kopfschüttelnd folgte ich Anni. Dieser Typ hatte sich wohl sein ganzes Hirn weggesoffen bevor er von Zeus bestraft wurde. Hatte der etwa schon wieder vergessen, dass unsere lieben und überaus fürsorglichen Eltern – Ironie lässt grüßen - sich schon wieder verpisst hatten und wohl kaum wegen einer Strafe für diese Trottel wiederauftauchen würden?

Ohne lange Zeit zu verlieren hatten Anni und ich uns auf den Weg gemacht, die Vollpfosten und ihre Bewacher aufgesucht und zu Chiron geschickt. Danach hatte Anni sich gleich in die Athene Hütte verdrückt um mit ihren Geschwistern die beste Strategie auszutüfteln und ich war ihr einfach mal hinterhergelaufen. Nun standen ich also mit ungefähr 20 Leute um einen großen Tisch versammelt. schwummriges Licht schien von einer niedrigen Deckenlampe auf die darauf liegende Landkarte.

„Wir dürfen seine Komplizen auf keinen Fall provozieren" meinte eine von Annis Schwestern gerade und ich fühlte mich ein bisschen fehl am Platz, weil ich von lauter Denkerposen umzingelt war. Vielleicht sollte ich mir auch mal so eine Pose angewöhnen. Lässt einen ja irgendwie ziemlich schlau aussehen, auch wenn man nur so nichtssagende Sätze in den Raum wirft wie diese Kandidatin eben.

„Sprich hier, hier und hier Wachposten und drei Patrouillen die dazwischen das Gelände absichern" meinte Anni daraufhin ernst und zeigte auf verschiedenen Stellen auf der Karte, die wie ich gerade bemerkt habe auch - wie die aus Mr. Ds' Büro - Camp Halfblood zeigte.

Zustimmendes Gemurmel war zu hören und nun folgte die Einteilung der Schichten. Ab diesem Punkt schaltete mein Gehirn ab und ich driftete wieder zu Blondie. Hoffentlich kam der bald wieder auf die Beine. Eigentlich verrückt das ich das meinem Feind wünsche, aber womöglich hatte er irgendetwas mit dem Verschwinden unserer lieben Götter zu tun. Natürlich würden wir auch gut ohne die auskommen, aber aus der Erfahrung heraus würde ich einfach mal behaupten, dass es kein gutes Zeichen war, wenn die Götter dieser Welt nicht mehr auffindbar waren.

Als dann nach gefühlten Stunden die Versammlung beendet wurde, verkündete Anni in Anwesenheit aller Campbewohner vor dem Haupthaus den neu ausgearbeiteten Plan und die erste Schicht machte sich direkt auf den Weg zu ihren vorgeschriebenen Posten. Es war inzwischen schon dämmrig und ich bekam erleichtert mit, wie Cara Julian und Lucy beim Abendessen erzählte, dass Blondie zum Glück keine schwereren Verletzungen habe, wieder bei Bewusstsein sei und in den nächsten Tagen das Lazarett wieder verlassen könne. Wo er danach untergebracht oder bessergesagt verwahrt werden solle wusste bisher jedoch keiner. Auch wieso seine Wunden dermaßen schnell heilten ohne, dass er Ambrosia oder Nektar bekommen hatte konnte sich keiner erklären.

Diese ganze Situation war wirklich zum Haare raufen. Es standen zu viele ungeklärte Fragen im Raum und auch nur eine davon zu beantworten schien kaum möglich zu sein.



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Nach über einem Jahr habe ich es endlich geschafft weiterzuschreiben und ich freue mich riesig, dass ihr so lange gewartet habt. Dieses Kapitel ist leider nicht wirklich spannend geworden, aber im nächsten wird auf jeden Fall so einiges passieren ;)

Das Vermächtnis der Götter (Percy Jackson FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt