14

20 3 8
                                    

"Bitte hör auf mich zu schlagen. Ich kann nicht mehr. Das tut weh!" Ich schrie verzweifelt und wollte mich gegen die Schläge von Kenny wehren. Er schlug immer wieder auf mich ein und trat mich. "Miststück! Miststück! Miststück!" schrie er dabei die ganze Zeit. Plötzlich holte er, wie aus dem nichts, ein Messer und rannte damit auf mich zu. Ich schrie verzweifelt. Als er das Messer in meine Stirn rammte, riss ich meine Augen auf und schrie. Ich lag in einem Bett. Um mich herum war es dunkel und still. Nur mein Schrei hallte noch nach. Ich tastete meine Stirn ab. Sie war schweißnass. Ein Alptraum. Alles ist gut. Es war nur ein Alptraum. Ich keuchte schwer und setzte mich aufrecht hin. Ich konnte jetzt unmöglich weiterschlafen. Ich musste raus an die frische Luft. Ich setzte vorsichtig ein Fuß auf den kalten Boden. Dann den zweiten. Ich versuchte, aufzustehen und taumelte orientierungslos zur Tür. Wo war ich überhaupt? Und was war passiert? Wo war der Hauptgefreite? Wo war Kenny? Hat Kenny Levi getötet? Was war mit mir? Ich wollte nicht alleine sein. Nicht hier, in der Stadt, der unendlichen dunkelheit. Ich drückte die kalte Türklinke runter. Ich wollte hier raus, denn das alles hier war ein einziger Alptraum. Ich tappte auf den Flur. Am anderen ende brannte ein kleines Licht. Ich tappte auf das Licht zu und erkannte eine Silhouette. Ich trat näher und sah, das es Levi war, der da an der Tür lehnte. Er saß auf dem Boden, lehnte mit dem Rücken zur Tür, hatte seine Beine Ausgestreckt und seine Arme vor seiner Brust verkreuzt. Sein Kopf lehnte an der Wand und er hatte die Augen geschlossen. Schlief er? Ich hatte ihn noch nie schlafen sehen, ich dachte, er schläft überhaupt nicht. Seine Gesichtszüge wirkte entspannt und er sah fast niedlich aus. Ich setzte mich in den Schatten, zog meine Beine an die Brust und umschlung sie mit meinen Armen. Zum Glück ging es Levi gut. Aber wo waren wir überhaupt? Dieser Flur erinnerte mich an etwas. Es kam mir so vor, als hätte ich ihn schon mal gesehen. Irgendwann. Und diese Tür, diese massive Holztür. Die musste man drehen. Ja, genau! Ein versteckter Flur. Daran erinnerte ich mich. Aber wo war dieser Flur. Zu welchem Haus gehörte sie? Plötzlich erinnerte ich mich. Natürlich! Diese Buchbinderei. Hier haben wir die erste Nacht verbracht. Aber wie sind wir hier hingeommen? Und warum? Ich erinnerte mich noch daran, dass wir uns mit Kenny getroffen hatten. Und dann waren wir in dem Verließ. Und ab da weiß ich nichts mehr. Was war in dem Verließ passiert? Warum tat meine Gesicht so weh und warum war mein weißes Hemd so schmutzig und zerissen? Ich tastete mein Gesicht ab und merte erst jetzt, dass es angeschwollen und übersät mit kleinen Kratzern war. Was ist passiert? Was im Namen der Mauer Maria ist passiert? Erschöpft von den Fragen, die mir im Kopf herumschwirrten legte ich mich auf den Boden, rutschte etwas näher zu Levi- nur um sicher zu sein. Und schlief ein.

"Rotznase, steh auf. Wir müssen uns um dein Gesicht und deine Wunden kümmern." ich sah schlaftrunken nach oben. Über mir sah ich zwei Gesichter. Eines, das herablässig auf mich herabsah und eines, das mir bekannt vor kam. Er sah mich besorgt an und streckte mir eine Hand hin. Ich nahm dankend an und er zog mich hoch. "Sieht wirklich nicht so gut aus." sagte der Mann und starrte in mein Gesicht. "Kommt mit." wir verließen den Flur und gingen dieses Bücherlabyrinth entlang, aber dieses mal zu einem anderen Zimmer. Er öffnete die Tür. Es sah aus, wie ein echtes Krankenzimmer. "Setz dich da hin. Oh man, Levi, wo ziehst du deine Soldaten immer mit rein. Um ein Haar wäre das schief gegangen." "Tsk." Levi verschränkte seine Arme und lehnte sich an die Wand. Der Typ drückte mich auf einen Stuhl und holte ein kleines Fläschchen heraus. "Das ist nur zum Desinfizieren. Wird also etwas brennen." er tupfte das Desinfektionsmittel auf ein Wattestück und nahm mein Gesicht in die Hand. Es brannte höllisch. Ich balle meine Hände zu Fäusten und rammte mir so unabsichtlich die Fingernägel in meine Hand. Ich weiß nicht, wie lang das so ging, aber als er fertig war, und anfing, mit Nadel und Faden auch noch eine größere Wunde an meiner Backe zu vernähen, war ich fertig mit den Nerven. "In zwei Wochen werde ich dir die Fäden ziehen. Bis dahin schonst du dich." "Zwei Wochen?! Das ist doch nicht ihr ernst!" rief ich entsetzt. "Du darfst schon rumlaufen, aber meide Kennys nähe einfach. Und überanstrenge dich nicht." ich seuftzte resigniert. "Wir sind hier fertig. Zieh dir frische Sachen an. Dann überlasse ich dich voll und ganz Levi. Er weiß schon, was er tut." mit diesen Worten drückte er mir neue Klamotten in die Hand und verschwand mit Levi. Ich zog mich um. Diesmal war es ein grünes Hemd und eine Braune Hose. Etwas zu groß aber dafür sehr bequem. Ich nahm die Zerissenen Sachen mit, und ging auf den Flur. Dort lehnte Levi an der Wand und sah mich gelangweilt an. Dann drehte er sich Wortlos um und wir gingen durch die vielen Gänge zurück in den Flur. Levi hatte heute noch fast nichts gesagt. Das war nicht mal für ihn normal. Er hatte nicht mal einen einzigen dummen Spruch gebracht. Aber ich wollte ihn deswegen nicht nerven. Vielleicht war er genau so niedergeschlagen wie ich. "Hey, Rotznase, ich gehe jetzt was trinken, wenn du willst kommst du mit." ich war verwirrt. Er wollte mit mir  trinken? Machte er jetzt einen auf besten Freund, oder was? Aber warum nicht. Ich hatte eh nichts zu tun. "Meinetwegen, warum denn nicht." 

Wir setzten uns in die hinterste Ecke des Lokals und schwiegen. "Hauptgefreiter, sag mal... du bist heute so schweigsam." "Und? Es würde dir durchaus auch mal gut tun, deine Klappe zu halten." ich sah auf den Tisch und schwieg. "Masha, hör mal" Masha? Er nannte mich zum ersten mal Masha. Ich war mir nicht mal sicher, ob er meinen Namen kannte. " Es tut mir leid, dass ich dir gestern nicht wirklich helfen konnte. Sag mal, passiert sowas öfter?" plötzlich erinnerte ich mich. Was gestern passiert war. Im Keller hat Kenny hatte einen Anfall bekommen und mich zusammengeschlagen. Und Levi hat mich dannda rausgeholt. "Danke, dass du mich da rausgeholt hast. Aber ja, er hat immer wieder solche Anfälle. Im einen Moment redet er normal mit dir, im nächsten schlägt er dich zusammen. Er war damals, kurz bevor ich gegangen bin fast geheilt. Er hatte keine so schlimmen Anfälle mehr gehabt. Aber wegen mir hat es wieder angefangen." "Verstehe." Ein fetter Kellner kam mit zwei Weinflaschen und zwei Gläsern auf uns zu. "Hübsche Dame, du siehst ziemlich grässlich aus. Hat der junge Mann dir das angetan?" "Nein, verzieh dich." antwortete ich genervt und zog die eine Flasche zu mir her. Ich fülte mir etwas ins Glas und trank. Der Fettsack verzog sich wieder. "Ich wusste garnicht, dass du so abweisend sein kannst." sagte Levi. Ich zuckte nur mit den Schultern und setzte wieder zum Trinken an.

Wir saßen schon eine ganze Weile da. Ich war schon gut angetrunken und sehr gesprächig. "Sag mal, Levi, warum bist du nur so abweisend. Das tut manchmal echt weh, wenn du so desinteressiert und herablassend mit einem redest. Du bist echt ein Stein." sagte ich und sah ihm tief in die Augen. Er war noch komplett nüchtern, obwohl er mindestens genau so viel, wenn nicht sogar noch mehr als ich getrunken hatte. "Ein Stein also? Tsk. Zügel deine Zunge gefälligst, Balg. Aber ich schätze, Kenny hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin." so war das also. "Kenny ist schon ein Bastard. Aber sag mal, Levi, auf wen stehst du eigentlich? Also ich finde ja, du würdest gut zu der Teamleiterin da passen. Ihr seid euch irgendwie ähnlich. Nur ist sie tausend mal netter." ich trank noch einen großen schluck. Inzwischen schmeckte ich den Alkohol nicht mal mehr. Es war wie Saft, den man einfach so herunterkippen konnte. "Masha, es reicht." er wollte mir die Flasche wegnehmen, ich zog sie jedoch schnell weg. "Sag mir erst, ob du auf die Teamleiterin stehst." ich grinste. "Tsk. Nein. Und jetzt gib die Flasche her und hör auf wie ein Penner zu saufen." ich zog sie erneut weg und streckte ihm die Zunge heraus. "Levilein, warum stehst du nicht auf sie?" er verdrehte genervt die Augen und trank auch einen Schluck. "Nüchtern ist das ja kaum auszuhalten. Du bist nerviger als ich dachte." ich kicherte. "Jetzt sag schon, warum nicht? Komm schon Levilein." "Sie ist meine Schwester. Und jetzt gib her, dummes Balg." bitte was? Seine Schwester? Jetzt war ich neugierig. "Deine Schwester? Das ist ja süß." ich setzte die Flasche an und trank den Rest in wenigen Zügen leer. Mir wurde schlagartig schlecht. "Levilein, warte hier kurz, ich schnappe kurz frische Luft." ich stand auf und mir war verdammt schwindelig. Ich lief einige Schritte, verlor aber das Gleichgewicht und stolperte. Ich bekam eines von Levis Knien zu greifen, rappelte mich auf und hielt mich daran fest. "Wir gehen jetzt besser. Das war genug für heute." sagte er und setzte mich auf den Stuhl. "Ich gehe Zahlen, renn nicht weg." er ging zur Bar um zu Zahlen. Ich wollte noch mehr. Mehr trinken, mehr Levi. Ich wollte mehr von ihm erfahren. Warum war er so verschlossen und redete nicht über sich.  Wir waren jetzt doch sowas wie Freunde. "Komm, wir gehen, Balg." sagte Levi, der wieder zurück gekommen war. Als wir es irgendwie aus der Bar geschafft hatten, tat er etwas, was ich nie von ihm erwartet hätte. Er streckte seinen Arm in meine Richtung aus, und meinte "Halt dich an mir fest, Rotznase. Sonnst stolperst du nur und ich muss nochmal zwei Wochen warten." ich umschlang seinen Arm mit meinen und schmiegte meinen Kopf an seinen Arm.  "Danke." 

Attack on Titan: Inside the WallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt