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Ich denke ich schulde dir eine Antwort.

Ich gab ihm recht. Er schuldete mir eine Antwort.  Um genau zu sein nicht nur eine, sondern einige. "Ich denke es ist an der Zeit, dass du nach und nach alles erfährst." Ich sah ihn verwundert an. Wieso war er plötzlich so gesprächig? "Jetzt schau nicht so dumm, Balg." ich kassierte einen scharfen Seitenblick. "Kenny hat dir damals aus einem Loch geholfen." ich nickte. "Und wie du weißt, hat er auch mir geholfen." ich nickte erneut. Wollte er mir jetzt nochmal alles erzählen, was ich sowieso schon wusste? "Er hat so einigen verwahrlosten Bengeln geholfen. Er hat ihnen zwar ein Leben gegeben, aber keines, das mit Liebe oder Zuneigung verbunden ist, sondern ein schmutziges, in dem sie stehlen, lügen und töten lernen." man konnte den Hass, den der Hauptgefreite gegenüber Kenny verspürte, fast schon mit Händen greifen, so stark war er. Wir schwiegen lange. So gesprächig war er wohl doch nicht. "Wollten sie mir nicht alles erklären, Hauptgefreiter?" brach ich das schweigen nach einiger Zeit. Ich dachte, er würde mir jetzt alles erzählen. "Tch. Hab mal Geduld, du dummes Balg, du wirst noch früh genug alles erfahren. Keine Sorge." ich sah enttäuscht gerade aus. Langsam wurde es schon dunkel. Wir ritten an einem Bach entlang, der in der gelben Abendsonne glitzerte. Bald würde die Sonne hinter den Mauern verschwinden und Dunkelheit würde sich über uns legen. Abrupt hielt der Zwerg an. "Wir sind da." ich war überrascht. Weder sah ich Stufen, die in die Unterwelt führten, noch sah ich Soldaten, die rumstanden und irgendeinen Eingang bewachten. Der Zwerg stieg von seinem Pferd und sah mich an. "Willst du da oben die ganze Nacht sitzen und so dumm in der Gegend rumschauen oder kommst du noch runter?" ich stieg ab und sah, dass der Hauptgefreite samt seinem Pferd in Richtung eines großen Gebäudes gingen. Ich folgte ihm und die braune Fuchs-Stute trottete mir hinterher. Wie selbstverständlich öffnete er das Eingangstor und verschwand in die Dunkelheit. Ich tat es ihm gleich und nur einen Augenblick später erhellte eine Fackel in Levis Hand den Stall. Dutzende Pferdeboxen reihten sich aneinander und der Geruch von Heu und Pferd lag in der Luft und hier und da schnaubte ein Pferd oder scharrte mit den Hufen. Wir gingen an den Boxen vorbei. Einige waren leer, in anderen standen Pferde und beäugten uns wachsam. Er hielt an und öffnete eine der Boxen. Ich sah ihm dabei zu, wie er sein Pferd absattelte und es sanft streichelte. Solch eine Zuneigung zu einem Lebewesen hatte ich noch nie zu vor von ihm gesehen. Er war ganz vertieft in sein Liebkosen und streicheln, das mir mein Herz aufging. Abrupt hörte er auf und schloss die Box. Er öffnete die freie neben an und gab mir zu verstehen, das die für meins sei. Ich sattelte die Stute ebenfalls ab und widmete mich wieder Levi. "Wie weit noch?" fragte ich ihn. "Nur durch die Stadt. Sei nicht immer so ungeduldig, Rotznase." mit strammen Schritten ging er rasch an mir vorbei in Richtung Tor und kaum hatte er den Stall mit der Fackel verlassen verschlang die Dunkelheit mich. Ich tastete mich in die Richtung, in der ich den Ausgang vermutete und öffnete das Tor noch ein Stück weiter.  Levi wartete schon auf mich und seufzte, als ich zu ihm trat, sagte jedoch nichts. Für seine Größe war er ziemlich schnell auf den Beinen und ich kam kaum hinterher. Wir passierten Gasse für Gasse und inzwischen war es schon völlig Dunkel. Das Duo, das wir abgaben musste wohl sehr Kurios aussehen. Ein Zwerg und eine etwas größere. Er mit einer Fackel in der einen, und den Beutel mit dem Nötigsten in der anderen Hand. Ich ebenfalls mit einem Beutel. Beide in einen unauffälligen ranzigen braunen Leinen Umhang  gewickelt, den die Teamleiterin uns aus alten Decken vor unserem Aufbruch noch mitgab. Plötzlich bog der Zwerg scharf rechts in eine Nebengasse ein und blieb stehen. "Du bleibst hier, ich verschaffe uns Zutritt zur Unterwelt und komme gleich. Warte hier." mit den Worten zog er sich die Kapuze des Umhangs ins Gesicht, gab mir die Fackel und verschwand in der Finsternis. Ich wusste, das es nicht gerade leicht war, in die Unterwelt hinein oder hinaus zu gelangen und es viele Schwarzhändler gab, die einen für viel zu viel Geld mit nach unten oder oben mit einschleusten. Ich setzte mich hin und wartete.

Ein unsanfter Tritt weckte mich und ich schreckte hoch. Alles um mich herum war dunkel und ich sah den Hauptgefreiten vor mir, der mich herablassend ansah.  "Mach beim Schlafen wenigstens den Mund zu, Rotznase." ich sah beschämt auf den Boden. Wie lang war ich wohl weggenickt? Neben mir lag eine Abgebrannte Fackel in einer Pfütze. Verdammt. "Komm, los jetzt, Balg. Ich hab uns Zutritt nach unten verschafft. Pass nächstes mal gefälligst besser auf." er deutete auf die Fackel. "Ja, Sir." ich nickte und wir gingen los. An der nächsten Kreuzung kam ein älterer Mann auf uns zu. Er hatte ebenfalls einen Umhang an. "Kommt mit, Kinder. Ich führe euch nach unten." er stank fürchterlich aus dem Maul. Widerlich. Er nahm meine Hand und streichelte sie. Angeekelt zog ich sie zurück. "Na Na, Kind. Hab keine Angst vor mir. Ich will nur das beste für dich. Ich hielt meinen Atem an, um seinen Mundgeruch nicht ertragen zu müssen. Ekelhafter Penner. Er stank nach Pisse. Levi schien das alles nicht zu bemerken. Er lief stur neben uns her und wirkte doch konzentriert. "Ich denke ich werde den Preis erhöhen, damit ihr zwei da runter kommt." sagte der Penner nach einiger Zeit, in der wir nur schweigend nebeneinander herliefen. "Und zwar?" fragte der Hauptgefreite desinteressiert. "Ich möchte eine Nacht mit der Hübschen Dame." er grinste dreckig. Ich riss meine Augen auf. Ehe ich etwas darauf erwidern konnte antwortete der Hauptgefreite. "Einverstanden. Sie gehört eine Nacht dir. Wenn es das ist, was einen verzweifelten Penner wie dich glücklich ist, dann tue es." Ich sah mit weit aufgerissenen Augen abwechselnd von Levi zum Penner und vom Penner zu Levi. Levi ging neben mir her, als ob nichts sei. "Aber das kannst du doch nicht-" der Penner legte mir behutsam einen seiner dreckigen Finger auf den Mund. "Pshhh. Ich kann alles. Ich bin eure einzige Chance nach unten. Vergiss das nicht" flüsterte er in mein Ohr. Mir lief ein Schauer über den Rücken.  Ich wollte ihn treten, ins Gesicht schlagen oder am besten Umbringen aber er war unsere einzige Chance nach unten. "Wir sind da." verkündete der Penner kurz darauf. Er ging zu zwei Soldaten und tuschelte mit ihnen. Als er wieder zurückkam traten diese zur Seite und gaben eine Treppe, die nach unten führte frei. Wir stiegen die Treppe hinab und landeten in einem schwach beleuchteten Gang. Ich kannte diesen Gang. Durch ihn gelang ich damals nach oben.


Der Penner beugte sich über mich. Er machte sich daran, mir mein Hemd vom Leib zu reißen. Knopf für Knopf öffnete er das Hemd und verteilte ekelhafte Küsse auf meinem Hals. Er zog mich Stück für Stück aus. Mir wurde übel, als er sich daran machte, sich selbst auszuziehen. Ich erblickte eine deutliche Beule in seiner Hose und mir kam es hoch. Ich saß splitternackt vor ihm und mich würden jetzt die schlimmsten Stunden meines Lebens erwarten. Er hob mein Kinn an und Küsste mich. Als ich den Kuss nicht erwiderte, gab er mir eine heftige Backpfeife. "Du Schlampe!" seine Alkoholfahne raubte mir den Atem. Ich wollte nur noch hier weg. Im nächsten Moment ging alles sehr schnell. Mit einem gurgeln krümmte sich der Penner und spuckte Blut. Ich erblickte den Hauptgefreiten hinter ihm, mit einem in Blut getränktem Messer in der Hand. Panisch bedeckte ich mit meinen Händen so gut es ging meine Intimzonen und sah verlegen auf den Boden. "Zieh die gefälligst was an, Balg. Ich warte vor der Tür." ich zeigte verlegen auf meine in Blut getränkten Sachen, auf denen der Penner zusammengesackt war. "Tch." er verdrehte die Augen uns zog seinen Mantel aus, und warf ihn zu mir rüber. Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer. Peinlich zog ich mir die Hose, die nur einige Blutflecken abbekommen hatte an, und zog mir den Umhang darüber. Mein Hemd lag unter dem toten Dreckskerl begraben. Mein Beileid. Und obwohl das die wohl unangenehmste Situation meines gesamten Lebens war, ich war noch nie glücklicher gewesen, den Hauptgefreiten an meiner Seite zu haben.

Attack on Titan: Inside the WallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt