3. 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵

188 12 0
                                    

• ────── ✾ ────── •

Jeongguk

»Yuna und ich…wir werden heiraten.«

Als diese Worte meinen Verstand erreichen und ich mir über die Auswirkungen dessen allmählich bewusst werde, spüre ich, wie mein Herz mit heftigen Schmerzen in meiner Brust nur mit mäßiger Lebenslust weiterpocht. Das Glas mit dem Whisky, welches ich mit festem Griff umklammere, zittert in meiner Hand, sodass der Rest der goldbraunen Flüssigkeit in eben diesem hin- und herschwappt.

»Jeongguk?«, spricht mich Jimin im nächsten Moment an und ich werde aus meiner Starre gerissen. Wie viel Zeit ist bereits vergangen? Ich weiß es nicht, doch als seine besorgt klingende Stimme zu mir durchdringt, schrecke ich auf und versuche ihn mit glasigem Blick zu fixieren, dabei versuche ich verkrampft nicht vor ihm in Tränen auszubrechen. Denn jetzt, jetzt, wo er mit dieser Nachricht überbracht hat, werde ich ihm mit Sicherheit nichts mehr von meinen Gefühlen ihm gegenüber offen darlegen. Denn genau das würde zu diesem Zeitpunkt, unter diesen Umständen nur unsere Freundschaft gefährden.

»Hm?«, murmle ich völlig perplex und neben der Spur. Ich blinzle einige Male und hoffe somit die Tränen zu vertreiben.

»Ist wirklich alles in Ordnung?«, erkundigt er sich und sieht mich aus seinen schönen treuen Augen an, die mich niemals mit dieser Intensität und Leidenschaft betrachten werden, wie ich es mir erhoffe. Als ich mir dessen nur wieder schmerzlich bewusst werde und mir seine Worte immer und immer wieder durch den Kopf jagen, springe ich ein wenig unwirsch vom Barhocker auf und überrasche nicht nur Jimin, sondern auch Namjoon. Etwas Unverständliches vor mich hin nuschelnd, da ich überhaupt nicht mehr Herr meiner Sinne bin, fahre ich mir mit zittrigen Fingern durch die Haare, die mir in die Stirn fallen und frage: »W-wieso…? Also…du kennst Yuna doch gar nicht so lange…«  Gar nicht seine Antwort abwartend, stolpere ich rückwärts, stürme zur Tür und stemme mich gegen diese, um direkt in den kühlen, plötzlich eingesetzten Regen zu geraten, der nun meine Stimmung authentisch widerspiegelt.

In diesem Moment denke ich gar nicht daran, dass ich Jimin auf meinen Kosten hab sitzen lassen. Dass ich ihn überhaupt habe sitzen lassen.

Nachdem ich durch die dunklen Gassen und Straßen über den nassen Asphalt blind gestolpert bin, lehne ich nun gegen eine kühle Backsteinwand eines Häuserblocks und halte mir das Handy mit zittriger Hand ans Ohr. Irgendwann, nachdem ich meine zermürbenden Gedanken hab kreisen lassen, mich immer und immer wieder gefragt habe, was er an dieser Yuna findet, die er meines Erachtens noch nicht lang genug kennt, um mit ihr in den Bund der Ehe zu treten und ich mich immer wieder selbst dafür verflucht habe, meine Gefühle nicht schon eher angesprochen zu haben, gehe ich meinem inneren Drang nach und höre mir seine Nachrichten auf der Mailbox an, die er mir hinterlassen hat.

Jimin klingt viel zu besorgt, viel zu fürsorglich und genau diese Art, die mich auf mehr hoffen lässt, macht mich Stück für Stück krank. Er wird nie mehr von mir wollen und dem muss ich mir bewusst werden. Natürlich wusste ich von Yuna, aber ich hatte nie damit gerechnet, dass das zwischen den Beiden was wahrhaftig Festes sein sollte. Immerhin haben wir untereinander viel mehr Zeit miteinander verbracht, er vertraut mir viel mehr als ihr und obwohl ich weiß, dass ich mir nichts einbilden sollte, so hatte ich doch immer gehofft, dass er sich selbst versucht etwas einzureden und im Endeffekt ganz genau weiß, dass auch er mich will.

Doch da habe ich wohl falsch gedacht.

»Googie…wo bist du? Ich mache mir Sorgen um dich. Es regnet in Strömen und ich möchte nicht, dass dir etwas passiert, das könnte ich mir nie verzeihen. Bitte, sobald du das gehört hast, melde dich bei mir und wenn du willst, reden wir darüber, wir schaffen doch immer alles, oder?«, höre ich mir abermals seine Nachricht vom Anrufbeantworter an und bekomme erneut eine Gänsehaut, da mich seine wunderschöne, warme Stimme liebevoll einlullt und mich vor der fiesen Kälte, die hier draußen herrscht schützt. Ich bin mir bewusst, dass ich mich bei ihm wohl melden muss. Ich kann ihm nicht ewig aus dem Weg gehen. Das wäre Jimin gegenüber nicht fair. Obwohl ich ihm jetzt vermutlich nichts mehr von meinen Gefühlen sagen werde, so werde ich mich lieber ein wenig zurückziehen. Wenn er jetzt mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt ist und aus diesem Grunde vorerst keine Zeit mehr haben wird für etwaige Treffen und Barabende, habe ich vielleicht die Möglichkeit, mich zurückzuziehen und kann lernen, mit meinen Gefühlen in irgendeiner Art und Weise umzugehen.

Bevor ich mich dazu entschließen kann, ihn von selbst anzurufen und mich für mein inakzeptables Verhalten zu entschuldigen, vibriert mein Handy erneut in der zitternden Hand und ich nehme völlig erschrocken das Gespräch mit ihm an, was ihn sogleich erleichtert in den Hörer seufzen lässt. »Googie, Herr Gott, ich habe mir solche Sorgen gemacht!«, ruft er aus und lässt mich gar nicht zu Wort kommen. »Wo bist du denn und wieso bist du einfach abgehauen? Hat dich diese Nachricht denn so sehr vom Hocker gehauen?«, möchte er wissen und ich spüre, wie mein Herz beim Klang seiner schönen Stimme bei jedem Schlag schmerzt.

»I-ich…ich war ziemlich überrascht…ich…ich habe einfach nicht damit gerechnet…«, beginne ich und blinzle ein paar Tränen aus meinen Wimpern.

»Glaub mir, ich war auch überrascht, als _sie_ mir plötzlich den Antrag gemacht hatte…« Sie hat ihm den Antrag gemacht? Soll das heißen, ich kann vielleicht doch noch hoffen, dass er such noch unsicher ist? Dass er ihre Gefühle einfach nicht verletzen wollte und deshalb ja gesagt hat? »Aber Googie, du brauchst nicht eifersüchtig sein!«, meint er da auf einmal und ich spüre, wie mir sämtliches Blut aus dem Gesicht weicht, wie mir das Herz stehen bleibt. Hat er doch all die Jahre etwas gespürt? Will er mir jetzt sagen, dass er ähnlich fühlt und Yuna möglicherweise nur zum Schein heiraten wird? Um sich nicht öffentlich vor seinem strengen Vater zu outen? Doch meine kurz neu aufgekeimte Hoffnung wird je zerstört, als er dann leise giggelnd meint: »Du wirst doch immer meine Nummer eins bleiben, mein bester Freund und mein engster Vertrauter, den ich wie einen Bruder liebe…«

Autsch…

»Und gerade weil du eben dies bist, will ich dich fragen, ob du mein Trauzeuge werden willst!?«

• ────── ✾ ────── •

𝒟ℯ𝓈𝓅ℯ𝓇𝒶𝓉ℯ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt