5. 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵

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Jimin

Automatisch schließe ich die Augen, platziere meine Hände auf Jeongguks Schultern, die so unwahrscheinlich breit sind und lasse mich für diesen einen Augenblick, der mich in den siebten Himmel befördert fallen. Nie hatte ich damit gerechnet, dass sich Jeongguks Lippen so unwahrscheinlich weich und beinahe himmlisch anfühlen würden. Mein ganzer Körper steht unter Strom, ein elektrisierendes Kribbeln fährt geradezu durch eben diesen und lässt mich aufgeregt gegen seine Lippen keuchen, die sich nun einen Spalt breit öffnen. Somit nutzt er geschickt die Gelegenheit, seine heiße, feuchte Zunge über meine bebenden Lippen gleiten zu lassen. Darunter erschaudernd, drücke ich den Rücken leicht durch und lehne mich ihm, meinen besten Freund näher entgegen, um seine einlullende Wärme in mich aufzusaugen.

Zärtlich umspielen sich unsere Zungen und in diesem Moment verschwende ich keinen Gedanken daran, dass ich mich hier auf diesen sehr innigen, sehr intimen Moment mit meinem besten Freund einlasse und das wenige Tage vor meiner Hochzeit. Mein Herz schlägt immer schneller, es hämmert mir aufgeregt fest gegen den Brustkorb und presst mir somit sämtlichen Sauerstoff aus den Lungen. Ich lasse mich vollkommen fallen, denn in Jeongguks Armen, die sich warm und sichernd um meinen Körper gelegt haben, um mich enger an sich zu ziehen, fühle ich mich geborgen und absolut sicher.

Erst, als die Stimme des Mitarbeiters vor dem Vorhang der Kabine zu vernehmen ist, werde ich aus meiner sich wie von selbstgebildeten rosaroten Blase befreit, die mich für diesen Moment alles hat vergessen ließ. Erschrocken reiße ich die Augen auf, schiebe Jeongguk, der ebenso perplex wie ich scheint an seiner breiten, warmen Brust von mir und bringe so viel Abstand zwischen uns wie nur irgend möglich.

»Minie…«, vernehme ich seine leise, raue Stimme, weshalb ich heftig erschaudere und mit meinen wirren Gefühlen, die eine wilde Achterbahnfahrt fahren nicht richtig zuordnen. Was ist hier gerade geschehen? Habe ich mich eben tatsächlich von meinem besten Freund küssen lassen? Habe ich das wahrhaftig zugelassen? Wieso habe ich ihn nicht davon abgehalten? Wieso hat er das überhaupt getan? Ist das für ihn ein Witz? Ein dummer Scherz? Wieso bringt er mich mit diesem Kuss jetzt derart aus dem Konzept? Ist ihm klar, dass ich somit meine Verlobte betrogen habe? Mit ihm? »W-wir sollten darüber reden, meinst du nicht auch?«, erklingt abermals Jeongguks Stimme, die ich in diesem Moment partout nicht ertragen kann, da sie mich nur noch mehr um den Verstand und zusätzlich völlig durcheinander bringt.

»Ich weiß nicht, was du meinst!«, blocke ich jedoch ab, denn ich kann und will mich nicht damit befassen, schiebe ihn einfach wortlos und zudem feige aus der Kabine und ziehe mich kopflos um. Seit wann habe ich angefangen, mich dermaßen von meinem besten Freund durcheinanderbringen zu lassen? Seit wann wirkt er so attraktiv auf mich und weshalb muss ich mir wohl oder übel eingestehen, dass mir der Kuss und das dazugehörige Gefühl, welches dieser mir vermittelt hat, mehr als gefallen hat? Darüber eilig den Kopf schüttelnd, da ich mir derartige Gedanken gar nicht erst machen sollte, schlüpfe ich in meine Hose, stecke mir das Hemd wieder in diese und bemerke dabei nicht, wie ich das Hemd falsch zuknöpfe. Erst als Jeongguk auf mich grinsend zukommt, nachdem ich die Kabine verlassen habe und er so tut, als sei zwischen uns eben nichts vorgefallen, und meint: »Ach Minie, nicht einmal richtig anziehen kannst du dich…«, bemerke auch ich meinen Fehler. Der Schwarzhaarige will auf mich zukommen, er hebt schon die Hand und will mir die Knopfreihe ordnungsgemäß zuknöpfen, doch ich weiche zischend zurück und fauche unbewusst: »Lass mich, ich kann das alleine!«

Mit meinem kleinen Wutausbruch, den wir beide gar nicht so kennen, überrasche ich somit uns beide und ich erröte, beiße mir auf die Unterlippe und senke den Blick, um dem seinen auszuweichen, denn dem könnte ich jetzt einfach nicht mehr standhalten. »T-tut mir leid, ich…ich weiß nicht, was…tut mir leid…wir sehen uns beim Junggesellenabschied, ja? I-ich habe einiges zu tun…ich melde mich!«, murmle ich wirr vor mich hin und schiebe mich an Jeongguk vorbei, von dem ich sicher bin, dass er mir noch einiges zu sagen gehabt hätte. Aber ich kann jetzt einfach nicht. Ich muss das, was soeben zwischen uns passiert ist, was nicht hätte passieren dürfen erst einmal verarbeiten.

Doch das ist überhaupt nicht so einfach. Als ich Jeongguk ebenso perplex und verwirrt aussehend, wie ich mich fühle, hab vor dem Herren Mode Laden stehen lassen, bin ich zu Yunas und meiner Wohnung gefahren, wo ich bis jetzt versucht habe, jeglichen Gesprächen aus dem Weg zu gehen, nur, um nicht irgendwie mit ihr reden zu müssen. In mir wächst jedoch immer mehr der Drang mit Jeongguk über das zu sprechen, was heute Vormittag in dieser Kabine passiert isr. Ich will mich entschuldigen, dass ich ihn diesmal hab so stehen lassen, wie er mich neulich in der Bar. Ob es einen Zusammenhang zu dem gibt, was heute geschehen ist? Obwohl mir dieser Kuss gefallen hat und ich ihn unwillkürlich mit denen Yunas vergleiche, so hoffe ich, dass Jeongguks und meine Freundschaft nicht gefährdet ist und sich weder bei ihm noch bei mir etwaige Gefühle gebildet haben…denn, das würde doch alles kaputt machen, oder? Ich bin doch nicht in meinen besten Freund verliebt, den ich kenne, seit ich denken kann…oder etwa doch?

Mich im Bett des Nachts hin- und herwälzend versuche ich neben Yuna, die schon vor Stunden eingeschlafen ist einzuschlafen und zur Ruhe zu kommen. Ich wollte mich längst bei Jeongguk gemeldet haben, um ihm zu berichten, dass alles in Ordnung zwischen uns sei, denn er hat mir etliche Nachrichten geschrieben, in denen er beteuert, wie leid es ihm tut und seltsamerweise tut mir diese Entschuldigung weh. Sie versetzt mir regelrecht einen Stich ins Herz. Wieso tut es ihm leid, mich zu küssen? War es nicht gut? Hat es ihm nicht so gefallen wie mir? Diese paradoxen Gedanken lassen mich einfach nicht schlafen und so beschließe ich, Jeongguk fürs erste nicht zu schreiben und somit einen gewissen Abstand zwischen uns zu bringen, der sowohl mich als auch mein verwirrtes Herz zu schützen, welches allein bei dem Gedanken an Jeongguks weiche Lippen kräftiger pumpt. Ich muss einfach versuchen, meinen besten Freund aus meinen Gedanken zu verscheuchen…doch das ist leider gar nicht so einfach…

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𝒟ℯ𝓈𝓅ℯ𝓇𝒶𝓉ℯ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt