9. 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵

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Jimin

Ich weite erschrocken meine Augen, als er das sagt und weiche umständlich zurück, doch viel Möglichkeit bietet er mir nicht, da er mich geradezu einkesselt. »W-was?«, bringe ich überrumpelt über die Lippen, sehe aufgewühlt zwischen seinen Augen hin und her. »Was sagst du denn da? W-wir sind doch beste Freunde, Googie!«

Jeongguk schnaubt, stößt sich von der Tür ab und sieht mich mit einem enttäuschten Blick an, der mir durch und durch geht. »Beste Freunde?«, wiederholt er meine Worte mit einem Unterton, der einen bitteren Beigeschmack hat und mir zusetzt. So enttäuscht und verletzt habe ich ihn lange nicht erlebt. Eigentlich noch nie. »Wir waren immer mehr als das! Ich...fuck man, Jimin, war ich denn nie offensichtlich genug, was meine Gefühle für dich angehen?«, wirft er mir an den Kopf und sieht mich aus seinen dunkeln Augen intensiv an, sodass ich alsbald diesem Blick nicht mehr standhalten kann und den Meinen senken muss.

»I-ich...Googie...ich...ich liebe doch aber Y-yuna...«, versuche ich mich zu rechtfertigen, versuche mir dabei selbst einzureden, dass ich nichts für Jeongguk empfinde, obwohl ich mir doch eigentlich längst bewusst bin, dass ich mehr als nur Freundschaft für ihn empfinde. Oder? Ist das, was ich für ihn empfinde, mehr als Freundschaft? Ist dieses Kribbeln in der Magengrube, für das er verantwortlich ist ein Zeichen dafür? Die Hitze, die durch meine Adern rauscht? Das Zittern meiner weichen Knie, wenn er mich ansieht und das Schlottern meines gesamten Körpers? Sind das Zeichen für...für tiefere Gefühle? Oder gar für Liebe?

»Bullshit, Jimin!«, fährt Jeongguk mich im nächsten Moment an und lässt mich zusammenzucken. »Von wegen du liebst sie! Würdest du sie wirklich wahrhaftig lieben, dann hättest du dich nie auf meinen Kuss eingelassen oder hättest die letzte Nacht niemals zugelassen, dass das zwischen uns so weit gehen würde. Alter, wir haben...ich habe dich gefickt, Jimin!«, ruft er aufgebracht aus und wirft die Arme in die Luft. »Würdest du nicht im Geringsten etwas für mich empfinden, dann hättest du das erst recht niemals zugelassen! Außerdem hast du mich beim zweiten Mal regelrecht angefleht!« Als er das sagt, erröte ich bis zur Haarwurzel, denn die Erinnerungsfetzen unserer zweiten Runde prasseln auf mich ein und ich kann mich wieder daran erinnern, dass ich beim zweiten Mal regelrecht forsch, wild und bestimmend war. Ich wollte Jeongguk...sowohl in mir als auch nahe an meinem Körper, sodass ich seine Nähe und seine Wärme in mir aufsaugen konnte. Jede Faser meines Körpers hatte nach ihm verlangt. Doch ich weiß auch, dass ich mir das jetzt in meiner aktuellen Situation nicht eingestehen darf. Ich heirate morgen und Jeongguk weiß das doch eigentlich...Denkt er etwa, dass das für mich einfach ist?

»Googie...«, will ich anfangen, doch er zischt auf und fällt mir ins Wort: »Oh nein, ich bin dann auch nicht mehr dein Googie!« Diese Worte treffen mich zutiefst und ich keuche leise auf. »W-was?«

»Wenn ich dich nicht haben kann, wenn du dich nicht für mich entscheiden kannst, obwohl du ganz genau weißt, dass du und ich zusammengehören, dann kann ich auch nicht mehr mit dir befreundet sein! Ich liebe dich, Verflucht nochmal und dich dann jedes Mal sehen zu müssen, wie du ja angeblich so glücklich mit deiner Yuna bist, die dir überhaupt nicht das geben kann, was ich dir gebe, Jimin, das ertrage ich einfach nicht!«

Seine Worte brechen mir regelrecht das Herz, mir fällt das Atmen schwer und ich weiß gar nicht mehr, wo unten oder wo oben ist. Ohne ein weiteres Wort, da ich mich dieser Situation überhaupt nicht mehr stellen kann, ergreife ich weinend die Flucht. Mir ist sehr wohl bewusst, dass diese Situation für Jeongguk auch nicht leicht ist, dass er verletzt ist, eben weil er diese Gefühle für mich hat, die ich wahrhaftig nie gespürt habe...ich habe es nicht gemerkt. Ich war blind, eben...eben, weil ich doch dieselben habe, mich, aber nie traute diese Gefühle auszuleben. Und ich weiß auch, woran das liegt. Mein Vater ist ein homophober Dreckskerl, aber da ich dennoch Respekt ihm gegenüber habe, habe ich mich gefügt und habe jahrelang meine Gefühle versteckt.

Verflucht, ich dachte, ich sei längst damit durch. Ich dachte, ich sei mit Jeongguk längst durch. Wie oft habe ich mich zurückgehalten? Wie oft habe ich das Herzrasen in seiner Nähe unterdrückt, die weichen Knie ignoriert oder den dicken Kloß in meinem Hals, wenn ich seine wunderschöne Erscheinung zu lange betrachtet hatte?

Während ich mir darüber Gedanken mache, laufe ich weinend durch die Straßen, habe überhaupt keine Ahnung, wohin ich eigentlich will und stolpere blind über den Asphalt. Ich weiß doch eigentlich längst, dass ich Jeongguk ebenso liebe, wie er mich, wieso also kann ich nicht einfach zu meinen Gefühlen stehen?

Mit zittrigen Fingern greife ich nach meinem Handy, denn ich habe es in meiner Hosentasche vibrieren gespürt. Ich vermute, dass es sich nur um Yuna handeln wird, rechne also nicht mit dem Schlimmsten und entsperre den Display. Doch, als ich einen Blick auf die Zeilen werfe, bleibe ich ruckartig stehen und spüre, dass sich mein Herz schmerzhaft in meiner Brust zusammenzieht.

Jimin, ich kann das nicht länger, meine Gefühle sind für dich viel zu stark. Ich bringe es nicht fertig, dich morgen zum Altar zu begleiten. Nicht, wenn du die falsche Person wählst. Denn das ist Yuna. Und das weißt du auch...ich liebe dich, aber ich werde morgen nicht zur Hochzeit kommen. Ich hoffe, dass du mir deshalb irgendwann verzeihen kannst. Ich zwinge dich nicht, zu entscheiden, schon gar nicht für mich, hab also kein schlechtes Gewissen und obwohl ich vor Eifersucht verrückt werde und liebend gern morgen an Yunas Stelle wäre, so wünsche ich dir alles Glück der Welt. Du wirst immer mein Minie sein...aber den Weg musst du morgen alleine gehen...

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𝒟ℯ𝓈𝓅ℯ𝓇𝒶𝓉ℯ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt