"Muuuuuum? Es stinkt!" Ich schnaufte. Komm damit klar, dann ist es schneller vorbei. Ich stapfte meinem Vater hinterher. Das Dumme an diesem Ausflug war: Er war mit meiner Familie. Und noch dazu total langweilig. Und trotzdem war ich hier. Mit meiner Familie. Warum hab ich nicht einfach gesagt, dass ich keine Zeit hab? Es hätte mir so viel erspart...
"Daaaaaaaad? Ich will nach Hause!" Ich übrigens auch. Es drehte sich wieder keiner von beiden um. Wir latschten einfach nur weiter. Weiter, durch endloses grau, mit noch mehr grau, und, das Higlight der ganzen Sache: Sand. Grauem Sand. Mehr war hier nicht. Nicht mal eine Pflanze oder sowas. Einfach nur Sand.... und Nebel. Viel Nebel. So viel, dass wir uns mittlerweile schon mit einem Seil verbunden hatten. Nicht, dass jemand zurückbleibt oder gar ganz ausversehen zum Auto zurückgehen könnte.
Ein gekünsteltes Husten hinter mir. "Mum?" Husten. "Dad? Ich glaub, ich krieg eine-" Wieder Husten. "-Rauchvergiftung. Wir müssen sofort umdrehen!" Weil die dir das auch abkaufen. Mein Vater drehte sich um. Nicht sein Ernst. "Thea, reiß dich zusammen! Wir sind sowieso gleich da." Ich überlegte. Sagt er das nicht jedes Mal? Meine Schwester grummelte irgendwas. Er stampfte weiter. Bemerkenswert, wie gut gelaunt wir alle sind. Wer hat die Wanderung nochmal vorgeschlagen?
Ein Schubser von hinten. "Geh weiter!" Immer diese kleinen Schwestern. Ich verdrehte die Augen. War wohl keine so gute Idee. Sofort gelangten vom Wind aufgewirbelte Sandkörnchen in mein rechtes Auge und versperrten die Sicht. Ich blinzelte mehrmals und versuchte, sie irgendwie da raus zu bekommen. Prompt stolperte ich über einen fetten Stein und flog der Länge nach auf den Boden. Thea, die schon anfangen wollte zu lachen, landete wie ein Dominostein neben mir. Pech, wenn man zusammen an einem Seil hängt.
Ich stützte mich auf einem Felsen ab, um hoch zu kommen. Er rutschte weg. Mit einem entsetztem Schrei schlitterte ich hinter ihm den Berg hinunter. Sand und Steine schlugen mir ins Gesicht. Spitzen kratzten meine Arme und Beine auf. Ich wurde mehrere Male über den Boden gewirbelt. Dann kam der Schmerz. Thea und ich krachten gegen einen Felsen. Während sie ein empörtes "Aua!" zustande brachte, gleich darauf aber wieder anfing zu glucksen, bewegte ich mich nicht.
Die Staubkörnchen hingen immer noch in meinem Auge, sodass ich es zukneifen musste, und zu allem Überfluss tat mein Bein weh. Aber nicht, als hätte ich mir die Haut aufgeschürft, sondern weitaus Schlimmeres. Es pochte. Ich spürte, wie Dreck in die Wunde gelangte. Still fing ich an zu weinen. Der Schmerz breitete sich langsam in meinem Körper aus. Meine Schwester stand auf.
"Los, komm! Mum und Dad wollen sicher nicht ewig warten!" Sie war schon im Begriff weiter zu laufen. Die Tränen rannen in Strömen meine Wangen hinunter. Es tat so weh. Ich gab immer noch keinen Mucks von mir. Thea zog am Seil. "Seraphina, du Faultier! Beweg dich!" Ich lag einfach nur da, bewegungsunfähig und heulend. Nicht mal umdrehen konnte ich mich.
Thea gab es auf und folgte unseren Eltern bergauf in den Nebel. Die Abstände des Seils zwischen uns waren lange genug, um noch ein paar Meter laufen zu können. Ich spürte, wie es sich enger um meinen Körper zog. Das nächste Mal leg ich mich einfach am Fuß des Berges so hin, scheint ja niemanden zu interessieren dass ich hingeflogen bin. Trotzig hob ich langsam meinen Arm. Ich zischte auf vor Schmerz. Komm schon, Seraphina! Du schaffst das! Die Tränenflüsse verschwanden langsam und wurden durch Zorn ersetzt.
Tolle Familie. Warum machte ich das eigentlich? Warum ging ich nicht einfach? Ich war erwachsen, ich darf das. Aber dann fiel mir wieder der Nebel ein. Ich würde niemals alleine zum Auto finden. Ich würde mich hoffnungslos verlaufen. Und nie wieder gefunden werden. Weil mich keiner als vermisst meldet. Man wird mich einfach vergessen. So wie jetzt. Mit einem Kampfschrei hiefte ich mich hoch. Es brannte. Ich schrie gleich nochmal. Alles tat weh.
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Dead Days
Fantasy》Mein Atem wurde immer weniger. Meine Augenlider wogen Tonnen. Nein Seraphina! Du schläfst jetzt nicht ein! Bleib wach!, ermahnte ich mich selbst. Aber es war so schwer... Mit verschleiertem Blick beobachtete ich meine Eltern und meine Schwester. Im...