Als ich eine Stripperin um Tampons bat

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Mit meiner zitternden Hand zog ich den Reißverschluss zu und warf sie mir um die Schulter. Fest entschlossen zog ich mir die Stiefel an und streifte mir meinen Mantel über. Ich holte den Abschiedsbrief, den ich schon vor Jahren geschrieben und über hunderte Male korrigiert hatte, unter meinen Büchern hervor und legte ihn auf mein Bett.

Wenn ihr diesen Brief liest, habt ihr mit Sicherheit schon bemerkt, dass ich nicht mehr da bin. Ich war noch nie Meister der großen Worte, aber ich bin jetzt an einem besseren Ort. Nein, ich hab mich nicht umgebracht. Ich bin abgehauen,wenn ich nämlich länger hier geblieben wäre ,hätte ich das warscheinlich gemacht. Ich will endlich meinen Traum leben, auch wenn ich das vielleicht körperlich nicht  aushalten vermag. Sucht mich nicht und macht euch keine Sorgen. Wir alle sterben irgendwann. Poppy

Langsam drückte ich den Türhenkel runter und zog die Tür auf. Ich streckte meinen Kopf durch den kleinen Spalt, um zu sehen ob die Luft rein war. Erinnerungen von damals, als ich und meine kleine Schwester so taten als wären wir Agenten und in die Fernbedienung sprachen als wären sie Wokitoki's, kamen hoch. Das war noch in der Zeit bevor wir von meiner Krankheit erfuhren, bevor wir jeden Tag ins Krankenhaus fuhren. Meine Mütter belastet es sehr, dass ich unter Leukämie leide. Ein weiterer Grund um zu flüchten, ich bade tagtäglich im Mitleid von anderen und das kann einem nach gewisser Zeit ziemlich nerven. Mit leisen Schritten tapste ich durch den dunklen Flur, die Treppen hinunter und konnte mein Glück kaum fassen als ich die Haustür sah. Völlig auf diese Tür fixiert steuerte ich auf sie zu und streckte schon meine Hand nach ihr aus, als ich über den Teppich stolperte und volle Kanne auf den Boden fiel. "Toll gemacht Poppy, ich glaub die in der Mongolei haben dich noch nicht gehört.", flüsterte ich und wartete darauf ertappt zu werden. Ich lag dort eine gefühlte halbe Stunde, als ich mich wieder aufrichtete. Schulterzuckend ging ich aus dem Haus und erst als mir die kalte Abendluft um den Körper jagte, realisierte ich, dass mir die Flucht gelungen war. Ein großes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und ich begann den Titelsong von 'Kim Possible' zu singen und tanzte dabei wie eine Verrückte. Doch dieses Glücksgefühl hielt nicht lange. Mich traf es wie ein Schlag, entgeistert raufte ich mir die Haare und begann die Tasche zu durchwühlen. "Nein,nein das kann doch nicht wahr sein!? Ich muss sie doch irgendwo hier haben." Fehlanzeige. Anscheinend muss ich jetzt um, ich zückte meinen Arm um einen Blick auf die Armbanduhr zu erhaschen, 3 Uhr Nachts irgendwo Tampons auftreiben.

Hast du ja wieder ganz toll hingekriegt, haust in der Nacht, in der du deine Tage hast, ab und vergisst die Tampons. Ich schlug mir die flache Hand ins Gesicht und überlegte mir einen sinnvollen Plan. Ich gehe jetzt einfach noch einmal zurück und hol mir die Tampons von der Toilette. Überzeugt von diesem Plan drehte ich mich um und sah die Haustür. Eine verschlossene Haustür. "Mist", mein Fuß küsste die Mülltonne. Mit hängendem Kopf verließ ich unser Grundstück und wanderte die Straße entlang. 

Nach einer halben Stunde, als meine Füße bereits weh taten, legte ich eine Pause ein und setzte mich auf den Bordstein. Mein Blick schweifte von rechts nach links. Die Straße war menschenleer und nur die Straßenlaternen tauchten sie in ein gelbliches Licht. Meine Augen weiteten sich als ich eine Ecke von einem Schild mit Neonlichtern, ein paar Straßen weiter, erkannte. Eine Tankstelle! Die hatten bestimmt Tampons! Ich begann zu laufen, trampelte die Blumenbeete von fremden Personen nieder und machte einen Stunt nach dem anderen. Unter Stunts verstehe ich, hechelnd über Gartenzäune hieven, bei dem ich mich auch noch ziemlich dumm anstellte, aber es soll ja nicht gleich jeder wissen, dass ich Kim Possible höchstpersönlich bin. Plötzlich wurde mir schwindlig und ich klappte zusammen. Direkt in ein Gebüsch voller Brennnesseln, manchmal kamen mir die Symptome von Leukämie echt ungünstig. Meine Arme wurden rot und begannen zu brennen. Ein schmerzerfüllter Schrei verließ meine Lippen als ich mich aufrichtete. Kaum war ich wieder Startklar, gingen plötzlich die Lichter von dem Haus, in welchem dazugehörigen Garten ich gerade stand, an. Voller Panik begann ich zu rennen. Und zu rennen. Und zu rennen. Nach zwei weiteren Gärten stand ich schon vor dem Schild und was ich las brachte mich vor Wut zum kochen. "Ein Stripclub?!", sagte ich mit angespanntem Kiefer und ballte meine Hände zu Fäusten. Ich stapfte über die Straße und rieß die Tür unter diesem hässlichen Schild, auf dem 'Mustafas Stripclub' stand. Sehr einfallsreich Mustafa, sehr einfallsreich.

Viel war ja nicht los. Nur ein paar Alkoholiker über 40, die den Stripperinnen großzügig Scheine zusteckten. Unsicher ging ich ein paar Schritte weiter bis mich eine Hand aufhielt. "Mädchen, du kannst da nicht rein!", sagte eine tiefe Stimme und zog mich ein paar Meter zurück, so dass mir ein muskulöser Mann im schwarzen Anzug die Sicht versperrte. Ok Poppy, reiß dich zusammen und lass dir schnell was einfallen "Ehm..Ich...Ich bin die Tochter von Mustafa!"

"Mustafa hat eine Tochter? Das wusste ich gar nicht.", sagte er und sein eiskalter Blick wechselte zu überrascht. "Ja eh, das wusste er bis gestern auch nicht", stottterte ich und faltete meine zitternden Hände hinter meinem Rücken. "Wie?", fragte er. "Ja..Du..eh..weißt doch wie Dad ist. Jeden Tag 'ne Neue?", es klang eher wie eine Frage. Zu meiner Überraschung fing er an zu lachen und deutete mir, dass ich durch gehen kann. Ich steuerte auf eine Stripperin zu die lustlos an der Stange tanzte. Sie wirkte abwesend und starrte Löcher in die Luft. Ich kratzte meinen ganzen Mut zusammen und tippte der lustlosen Stripperin auf die Schulter. Sofort zuckte sich zurück und schrie "He!Nicht anfassen" als sie mich sah verstummte sie jedoch. "Was kann ich für dich tun?", fragte sie in einem genervten Ton, den nicht einmal Teenies hinbekommen würden. "Ich..eh...bräuchte Tampons und das dringend...", sagte ich und werde zum Ende hin immer leiser.

Heilige Maria Mutter Gottes.

Erst jetzt fällt mir auf was ich hier mache: Ich frage eine Stripperin um Tampons!? Ok, immerhin besser als zu verbluten.

Ihr Gesicht hellte sich auf und ihr Mund förmte sich zu einem 'O'. "Ja klar, bin gleich wieder zurück. Warte hier." Verblüfft nickte ich und sah ihr hinter her als sie verschwand. Wow, sind alle Stripperinnen so freundlich? "Kann ich dir etwas zu trinken bringen?", fragte mich eine kleine schwarzhaarige Frau und lächelte mich an. Dankend lehnte ich ab. So langsam verstehe ich diese Männer, die jede Nacht in Stripclubs verbringen. Eine Tamponspackung vor meiner Nase riss mich aus meinen Gedanken. "Du solltest jetzt lieber verschwinden. Bevor dich der Türsteher entdeckt", mit diesen Worten zog sie mich zu einer Hintertür. "Danke", ich drehte mich um, aber sie war bereits weg. Ich packte die Tampons in meine Tasche und machte mich wieder auf den Weg. Nächster Halt, Flughafen.

Trailer auf der Seite.

Dream it. Wish it. Do it. >h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt