Kapitel 2: Neue Wege

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„Du bist meine kleine, süße Kida. Vergiss das nicht. Vergiss das niemals. Vergesse es auch nicht, wenn ich dich züchtige, das tue ich nur weil ich dich liebe und weil du das brauchst. Und vergesse es vor allem dann nicht, wenn ich dir befehle zu töten."

Das Gleisende Sonnenlicht drang durch die zarten Vorhänge und kitzelte meine Nase, so dass ich aus diesem Albtraum endlich erwachen konnte. Anders als viele andere wachte ich nach einem solchen Traum weder schweiß gebadet, noch wild umher zappelnd auf, sondern lag einfach nur ruhig auf den Rücken, so als würde ich einfach gar nicht träumen.
Das, was sich mir in dieser Nacht gedanklich offenbarte war mein Erzeuger, der diese Worte immer zu sagen pflegte und es wie ein heiliges Gebet täglich aufsagte, als müsse er sich selbst einreden, dass alles was er tat nur wegen seiner bedingungslosen Liebe zu mir geschah. Meine erste Nacht die ich in einem bequemen, weichen Federbett nächtigen durfte, das sogar frisch aufgezogen war und herrlich nach Waschmittel duftete und mein Traum drehte sich um den bislang größten Tyrannen meines Lebens. Was für ein ironischer Zufall, dass mir selbst mein Schlaf nicht gegönnt war.

Gähnend richtete ich mich auf und sah mich in dem kleinen Zimmer um. Die Wände waren in warmen beige Farben gestrichen, die nicht überwältigend wirkten und den Raum aufwärmten. Hinter mir dann das einzige Fenster im Raum, dass verdeckt wurde von braunen Vorhängen, die allerdings zu dünn waren um das Sonnenlicht abhalten zu können. Gegenüber des Bettes ein leerer Schreibtisch und zu meiner linken ein in die Wand eingelassener Kleiderschrank, der sperne weit offen stand und Klamotten für diesen Tag beinhaltete. Und was ich da sah war alles andere als das, was ich mir wünschte. Mein Leder-Kostüm zog ich gestern Abend aus und legte es vor meine Tür, damit dieser Geier es mitnehmen und reparieren lassen könnte. Was dort jetzt im Schrank hing war auch ein Einteiler, jedoch einer aus Stoff. Schwarz und schlicht, jedoch mit goldnen Streifen, die sich über den gesamten Körper zogen. Dieses Teil ähnelte dem Oberteil welches Hawks gestern Abend trug, wahrscheinlich war es so etwas wie ein Trainingsanzug. Es war mittlerweile schon echt lange her, dass ich einfachen Stoff auf meine Haut ließ, weil dieser immer an den etwas ausgewucherten Narbengewebe rieb.

Doch da ich nackt in diesem Bett saß hatte ich keine andere Wahl als einfach das anzuziehen, was man mir vorsetzte. Gerade befand ich mich in einer Unterkunft die dieser Vogelheini mir stellte. Es war eine kleine Unscheinbare Wohnung, die mir gewiss mehr bot als die Straße, die aber auch für normal arbeitende Leute wahrscheinlich schon puren Luxus ausstrahlte, in dem sie zwei Zimmer und ein gigantisches Bad hatte. Da ließ sich das Hühnchen nicht lumpen, er sorgte dafür, dass es mir hier gut ging bisher.

Nachdem ich seine Hand dann tatsächlich angenommen hatte und wir quasi unseren seltsamen Deal abgeschlossen hatten, brachte er mich unverzüglich weg von diesem Tatort und ließ mich in dieser Wohnung, in welchen Stadtteil sie sich auch immer befinden würde, verschwinden für diese Nacht. Und nun wachte ich hier auf in meinem eigenen, warmen Bett. Als der gestrige Tag begann hätte ich niemals damit gerechnet, dass er anders enden würde als die Tage zuvor. Wirklich, ich dachte, es würde wieder nur ein Tag wie jeder andere werden.
Jetzt stand ich da vor meinem Spiegel an der Tür des Kleiderschrankes und betrachtete meinen Körper in diesem. An meinem Arm schillerten die riesigen Narben, die sich kreuz und quer über meinen gesamten Körper schlangen und zogen meine Aufmerksamkeit dadurch auf sich, dass ich sie mir schon lange nicht mehr angesehen hatte. Der Einteiler hatte alles immer erfolgreich verdeckt und fungierte wie ein seelisches, sichtbares Pflaster was die Erinnerung an die Schmerzen kaschierte. Gerade an meinen Armen und Unterschenkeln hatte ich mehr verwachsenes Narbengewebe als Haut übrig. Mein Erzeuger wollte, dass ich meine Klingen in jedem Winkel aus jedem Körperteil verwenden konnte.

„Du siehst echt aus wie ein zusammen geflickter Zombie." Murmelte ich bei meinem Anblick und musterte mich genau im Spiegel. Meine schwarzen Haare waren zusammen gebunden in einem Dutt, den ich seit mehreren Monaten schon so trug weil sie sonst viel zu lang gewesen wären. Unter meinen Olivfarbenen Augen gesellten sich dicke Augenränder, die schon fast so wirkten als hätte ich mir Kayal dort hin geklatscht. Mein Körper war schmal geworden, aber das war kein Wunder wenn man so unregelmässig essen musste wie ich es über einen sehr langen Zeitraum tat. Das meine Muskeln überhaupt noch irgendwie sichtbar vorhanden waren, war ein einziges Wunder. So lange Zeit hatte ich mich selbst schon nicht mehr angesehen. Das waren alles Erinnerungen an die Zeit in der mich mein Vater trainierte, was für ein Zufall, dass ich bis eben noch von diesem Kerl geträumt hatte. Auch wenn die Male auf meiner Haut nicht direkt durch sein Zutun zustande gekommen sind war doch er es, der meine Fähigkeit jeden einzelnen Tag bis auf den letzten Atemzug testen und verfeinern wollte. Dabei verlor ich täglich viel Blut, was mich nur weiter einschränkte in der Bildung meiner Klingen. Aber da ich mich ja binnen weniger Sekunden regenerieren konnte und man die Wunden so nicht mehr wahr nahm, konnte das ja alles nicht so schlimm sein, oder?

Change // Hawks x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt