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My love my live will burn up in the light
Every time I look inside your eyes
(I'm burning in the light)
Look inside your eyes
(I'm burning in the light)
Look inside your eyes
You make me wanna die

Die letzten Gitarrenklänge und Drumschläge verstummten einige Sekunden später, nachdem ich die letzten Töne sang. Kurz blieb es ruhig und dann brach das Gejubel aus. Schief grinsend verbeugte ich mich vor dem Publikum. Ich richtete mich wieder auf und fuhr mir durch meine mittlerweile verknoteten, blondierten Haare, welche ich zuvor wild gelockt hatte. Nun hingen sie nur noch in Wellen an meinem Rücken herunter, doch dies störte mich nicht. Noch eine Weile ließ ich die Menge jubeln, bevor ich das Mikrofon wieder hob. "Ihr wisst das ihr ein geiles Publikum seid?", nuschelte ich schon fast hinein, doch es war deutlich aus den Boxen zu hören. Sofort wurde die Menge wieder lauter, woraufhin ich auflachen musste. "Wie wäre es mit einem nächsten Date?", fragte ich süffisant und ließ mich vorne auf eine Box sinken. "Heute in einer Woche. Selber Tag, selbe Uhrzeit?" Wieder folgte lautes gegröle und ich stand ruckartig auf. "Dann haben wir nächste Woche ein Date! Vielen Dank und gute Nacht!", rief ich noch, bevor mit einem Schlag die Lichter zur Bühne erloschen. Dies war mein Zeichen. Das Mikrofon legte ich auf dem Boden ab und machte mich zügig daran von der Bühne zu verschwinden. Ich huschte an Seongjin unseren Drummer vorbei und anstatt die vorgesehenen Treppen zu benutzen, sprang ich mit einem Satz von der eineinhalb Meter hohen Bühne hinunter. Auch wenn es stockfinster war, so kannte ich den Weg mittlerweile wie meine Westentasche, so oft wie wir hier spielten. Endlich erreichte ich Tür zum hinteren Bereich und drückte das schwere Metall auf, was ein unangenehmes Quietschen verursachte. Wie oft sagte ich Soohyun dem Besitzer, dass er endlich diese verdammte Tür ölen soll! Links von mir tastete ich ab der Wand lang und betätigte den angebrachten Lichtschalter, als ich ihn fand. Das Licht flackerte kurz auf, bis der Raum hell erleuchtet wurde.

Die schwere Metalltür fiel hinter mir zu, ignorierte die Sofas welche einladend in einer Ecke standen und betrat einen weiteren Raum, nachdem ich nach meiner Tasche Sporttasche gegriffen hatte. Ich landete im einem Badezimmer und drehte sofort das Wasser in der Dusche auf. Meine Klamotten, welche eigentlich nur aus einem Sport BH, einer zerrissenen Leggings und einem viel zu großem Tanktop bestanden, schmiss ich achtlos auf den Klodeckel. Nachdem ich sie ausgezogen hatte, band meine Haare hoch und stellte mich sofort unter den warmen Wasserstrahl.

Nach Auftritten war die Dusche jedesmal meine erste Anlaufstelle. Ich mochte es nicht, wenn meine verschwitzte Kleidung an mir klebte. Nach ein paar Minuten stellte ich das Wasser wieder ab und griff nach einem Handtuch, welche direkt neben der Duschkabine hang. In dieses wickelte ich mich ein und stellte mich vor dem Spiegel am Waschbecken. Die Scheibe war beschlagen und ich wischte einmal mit der Hand darüber, damit ich mich sehen konnte. Meine zuvor schwarz geschminkten Augen wirkten mittelweile nur noch wie schwarze Löcher. Sie waren durch den Schweiß und dem Wasser verschmiert und gleich darauf beseitigte ich mehr schlecht als Recht die verwischten Stellen, so dass ich immer noch etwas Augen Makeup trug, nun nicht mehr so ganz extrem wie vorher. Ich trockenete mich ab und während ich neue Unterwäsche und Wechselkleidung anzog, was ebenfalls aus einer Leggings mit Rissen, und einem übergrößen, weißem Shirt mit tiefen Ausschnitt bestand, ertönte aus dem Raum nebenan schon die Stimmen der anderen. Ich löste den Knoten in meinen Haaren, aber nur um sie neu hoch zu binden, jedoch zu einem lockeren Pferdeschwanz. Ich griff nach meinen Auftrittsklamotten, stopfte sie zurück in meine Sporttasche und verließ nun wieder das Badezimmer.

Kaum hatte ich die Tür zum Bad geöffnet, kam mir auch schon Seongjin gehetzt entgegen und drückte mich an die Seite. "Yah!", rief verärgert, doch er schnaubte nur auf. "Platz da, ich muss Mal!", erwiderte er nur hektisch und knallte die Tür hinter sich zu. Von den anderen ertönte nur ein Lachen, in dem ich einstimmte. "Seongjin mit seiner Dackelblase. Irgendwann sieht man nur noch eine immer größer werden Pfütze unter der Bassdrum.", spottete Haewon gespielt, welcher gerade seinen Bass im vorgesehenen Koffer verstaute. Ich verdrehte nur die Augen und schmiss mich auf einen Sofas und legte die Füße hoch. "Oder wir machen ihm einfach eine Windel um.", erwiderte Haemin sein Zwillingsbruder trocken. "Ich kann euch hören!", hörte man es gedämpft aus dem Bad von Seongjin, woraufhin wieder Gelächter von uns folgte.

Kurz darauf kam unser Drummer wieder und setzte ich geschafft auf einen Sessel neben mir. Er hob die Arme hinter den Kopf und streckte sich genüsslich. "Man, das Publikum war heute einfach Mal wieder nur Bombe.", grinste er vor sich hin und löste sein Bandana, welches er um seine blaugefärbten Haare gebunden hatte. "Da kann ich dir nur zustimmen. Ich meine, So-a hat Mal wieder alles auf der Bühne gegeben und in der Mischung mit ihrer rockigen Stimme verdreht sie ja allen den Kopf.", erwiderte Haewon grinsend in meine Richtung, doch ich schnaubte nur auf. "Ja ne, ist klar.", winkte ich ab, woraufhin er aber nur skeptisch eine Augenbraue hob. "Kim So-a, deine Bühnenpräsenz ist einmalig. Du bringst die Leute damit um den Verstand.", machte er weiter und leicht genervt schloss ich meine Augen.

Ja, es mochte zwar stimmen, dass ich im Gegensatz zu anderen Frontsängern einer Band hier in Südkorea etwas offener war, aber für mich war das nichts ungewöhnliches. Ich bin in den Staaten aufgewachsen und erst mit 18 wieder zurück in mein Heimatland zurückgekehrt. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mich einzufinden, wollte mich anpassen bis es mir irgendwann einfach zu bunt wurde und ich so blieb, wie ich war.

Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, ertönte ein lautes Klopfen an der Tür und wir alle sahen auf. Diese wurde auch sogleich geöffnet und Soohyun kam rein. "Euer Auftritt war wieder einmal ein voller Erfolg!" Mit diesen Worten grüßte er uns breit grinsend und stemmte die Hände in die Hüfte. Min Soohyun war der Besitzer dieses Clubs und um die dreißig Jahre alt. Jedoch sah er für sein Alter noch Recht jung aus und auch sein Kleidungsstil entsprach natürlich dem Motto seines Clubs, in welchem nur feinste Rockmusik gespielt wurde: Schwarz, Ketten, Nieten, dicke Boots und Piercings. Würde er nicht am anderen Ufer verkehren, wäre Soohyun eine ziemlich gute Partie für mich. "Ach bevor ich es vergesse!", sagte er plötzlich und griff in die Innentasche seiner Lederjacke und holte vier Umschläge heraus. "Hier eure Gage." Diese Umschläge ließ er auf einen kleinen Holztisch sinken, welcher vor den Sofas stand. "Wie immer könnt ihr noch hier bleiben, trinken, feiern oder in deinem Fall", dabei sah Soohyun direkt zu mir, "etwas essen." Ein kleines Grinsen huschte über meine Lippen und setzte mich gerade hin. "Zu essen sage ich niemals Nein."

rock a bye baby | p.cy |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt