Nachdem mich Seongjin Zuhause abgesetzt hatte, zog ich mich sofort um. Die Leggings, welche voller Blut und unschön eingerissen war, landete in der nächsten Mülltonne. Ich ließ mich auf mein Bett nieder und krabbelte bis zum Kopfende, an welchem ich mich anlehnte und die Beine anzog. Dies jedoch hinterließ einen stechenden Schmerz und leise zischte ich auf. Mein Blick glitt zu meinem verbundenen Knie und mit einem mal, kamen die ganzen Erinnerungen zurück. Wie ein Wasserfall strömte alles auf mich rein und unwillkürlich entfloh mir ein Schluchzer. Mein Herz fing wild an in meiner Brust zu rasen und die ersten Tränen liefen an meinen Wangen hinunter. Ungehindert kam all das zurück, was heute geschah und ich konnte den Gefühlsausbruch nicht aufhalten. Ich krallte meine Hände in das Kopfkissen und zog es dicht am meinen Oberkörper, brauchte etwas an dem ich mich festhalten konnte, um nicht komplett die Fassung zu verlieren. Das Gesehene nahm mich mehr mit, als ich es dachte und gerade war einer dieser Momente, wo ich mich einsam fühlte. Ich war gerne allein, doch die Einsamkeit übermannte mich oft und in diesen Augenblicken wünschte ich mir jemanden an meiner Seite. Jemand, welcher mir Halt und Geborgenheit gab, etwas was mir weder Haemin, Seongjin oder Haewon geben konnte. Es war auch nicht die Liebe meiner Familie die mir fehlte. Es war etwas ganz anderes, doch niemand hielt es lange mit mir aus. Irgendwo hatte ich diesen Fakt akzeptiert, doch tief in mir drin sah dies ganz anders aus.
Ich musste irgendwann vor Erschöpfung eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal erwachte und meine Augen öffnete, strahlte mir die Sonne entgegen. Mit einem stechenden Schmerz in meiner Schläfe kniff ich die Augen wieder zusammen und drehte mich murrend um. Einschlafen konnte ich jedoch nicht mehr und auch nur widerwillig verließ ich mein Bett. Ich zog mir eine lange Hose und eine leichte Strickjacke über, ging in das Badezimmer und machte mich dort etwas frisch. Bei jedem Schritt schmerzte mein Knie, was ich aber ignorierte. Jedoch erschrak ich etwas bei meinem Anblick. Meine Augen waren trüb und darunter lagen tiefe, dunkle Ringe, deutlich zeichneten sich die Spuren der letzten Nacht auf meinem Gesicht ab. Ich hatte auch ich nicht die Motivation dazu unter die Dusche zu gehen und wusch mich lediglich nur.
Der Tag ging nur schleppend voran und bis zum späten Nachmittag tat ich eigentlich gar nichts. Ich meldete mich bei meiner Chefin für diese Woche krank, da ich mich nicht dazu in der Lage fühlte, unter Menschen zu gehen und mit ihnen zu arbeiten. Den restlichen und den darauffolgenden Tag verbrachte ich zu Hause und ging nur notgedrungen vor die Tür. Zwischendurch meldeten sich entweder die Zwillinge oder Seongjin bei mir, boten mir auch an vorbeizuschauen, was ich jedoch dankend ablehnte.
Meine Zeit vertrieb ich mir mit Texten schreiben, jedoch rappelte ich mich am Donnerstag auf, da ich heute noch Bandprobe hatte. Am frühen Nachmittag machte ich mich auf den Weg zum Rest in Rock und schloss dort die Hintertür auf. Von weitem konnte ich schon die Stimmen der anderen wahrnehmen und ging zu ihnen, doch als sie mich bemerkten verstummten ihre Gespräche und blickten mich an. Diese plötzliche Stille ignorierte ich und stellte meine Sachen auf einer Eckbank ab. Ich vernahm Schritte hinter mir und als ich mich herum drehte, stand Haemin vor mir. Wortlos nahm er mich in die Arme, was ich erwiderte. Haemin redete nicht viel und war auch eher die ruhigere Natur, dennoch fehlte ihm kein bisschen an Mitgefühl. Man könnte meinen, dass er sehr sensibel, auch was seine Umwelt betraf, war, doch dies war keineswegs schlecht. Er strich nir noch einmal über den Rücken, bevor er sich von mir löste.
"Wir haben Soohyun bereits erzählt, was passiert ist und er wird es auch an seine Mitarbeiter weitergeben, ein Auge auf den Kerl zu werfen, wenn er wieder hier auftauchen sollte.", kam es von Haewon und ich blickte zu ihm. Seine Miene war ernst und besorgt. Ich nickte ihm dankend zu und begab mich zu einem hohen Drehhocker. Davor stand mein Mikrofon und ein Ständer, wo sich ein Haufen an Zetteln in einem Ordner befand. Häufig zogen mich die Zwilling auf, warum ich denn kein Tablet benutzte, jedoch mochte ich das so lieber. Nach kurzem Einspielen fingen wir an.
Es war immer wieder wie eine Befreiung für mich, wenn ich Musik machte. Jegliche Sorgen waren in diesen Mometen unwichtig und ich konnte mich dem voll und ganz hingeben. Gerade machten wir eine Pause, als mir etwas in den Sinn kam. "Was haltet ihr davon, wenn wir unsere Songs aufnehmen würden?", sprach ich meine Gedanken direkt ohne Vorwarnung aus, was dazu führte, dass mich alle anstarrten. Erst sagte keiner etwas, doch schließlich räusperte sich Haewon. "Das klingt nach einer guten Idee, jedoch kostet der Aufenthalt in verschiedenen Studios eine Menge Geld."
"Und wenn wir uns die Sachen für Aufnahmen selber besorgen würden? Alles andere haben wir ja bereits.", warf Seongjin ein und deutete auf all das Equipment, was wir besaßen. "Es wäre eine einmalige Anschaffung."
Ich dachte darüber nach, kam aber schnell zu dem Entschluss, dass dies die beste Lösung wäre. "Okay, machen wir das so.", sagte ich nun. "So-a, dir ist bewusst, dass wir nicht nur ein Aufnahmeprogramm brauchen, sondern auch den ganzen Kleinkram drumherum und wie neue Kabel, Kopfhörer, und alles andere?" Haewin war immer noch skeptisch, jedoch war der Gedanke, unsere Musik selbst aus Lautsprechern zu hören, zu verlockend, also nickte ich ihm zu. "Ich weiß, aber ich kümmere mich darum. Was ihr machen könnt ist, nach den richtigen Geräten zu schauen, die wir brauchen. Zu dem ist der Raum hier groß genug, dass man auf der einen Seite eine Art Studio einrichten könnte." Ich deutete nach rechts, wo lediglich die Eckbank mit einen kleinen Tisch stand. Rechts standen unsere Sachen und die Mitte des Raumes stand einfach leer. Wenn man wollte, konnte man einiges aus diesem Raum machen. "Soohyun hätte bestimmt auch nichts dagegen, wenn wir umbauen würden.", warf Haemin mit ein und so beschlossen wir, in nächster Zeit, den Proberaum umzubauen.
Nach ein paar Stunden beendeten wir die Bandprobe und jeder machte sich auf den Weg nach Hause. Seongjin bestand darauf mich mit seinem Auto mitzunehmen, jedoch bat ich ihn mich bei einem Supermarkt heraus zu lassen, da ich Zuhause einfach nichts mehr im Kühlschrank hatte. In der Nähe von meinem Wohnhaus ließ er mich raus und wir verabschiedeten uns. Ich kaufte das ein, was ich brauchte, was sich aber als mehr herausstellte als gedacht. Mit einer schweren Tüte an jeder Hand machte ich mich langsam auf den Weg nach Hause. Durch das zusätzliche Gewicht, fing mein Knie wieder an zu schmerzen und musste des öfteren eine Pause einlegen, auch wenn der Weg zu mir nicht sehr weit war. Die Nacht war derweil schon angebrochen und schummrige Licht der Laternen erhellte nir spärlich die Nachbarschaft. Ich ging um die Ecke und hielt inne. Das letzte Hindernis wäre die Straße, welche bergauf zu mir führte. Seufzend ließ ich die Tüten sinken und rieb mir meine Hände. Deutlich waren Abdrücke der Tragegriffe auf meinen Handflächen zu erkennen. Tief atmete ich nochmal durch und hatte die Tüten schon wieder in der Hand, als plötzlich jemand nach mir rief.
"So-a!"
Vor Schreck ließ ich die Tüten fast wieder fallen und sah augenblicklich auf. Nur noch ein paar Meter kam eine vermummte Gestalt auf mich zu und unwillkürlich fing mein Herz an zu rasen. Der Mann jedoch vor mir zog sich noch bevor er bei mir ankam, die Maske hinunter und erleichtert atmete ich auf. Es war Chanyeol, welcher nun auch seine schwarze Cap etwas nach oben richtete. Ich grüßte ihn mit einer angedeuteten Verbeugung und hatte gerade mal einen Schritt vorwärts gemacht, als er auch schon nach den Tüten in meinen Händen griff. "Lass mich die tragen.", sagte er bloß und etwas perplex darüber ließ ich dies geschehen. Gemeinsam liefen wir schweigend den Weg hinauf, doch als wir vor dem Wohnhaus ankamen, brach ich die Stille. "Was führt dich hier her?", fragte ich ihn und er sah zu mir. Mocj wunderte es tatsächlich, dass er plötzlich hier war. "Ich dachte du meldest dich bei mir, als ich dir meine Nummer gab. Ich habe mir Sorgen gemacht." Überrascht weiteten sich meine Augen, als der dies sagte und mit einem mal erinnerte ich mich an den Zettel, welchen er mir jenen Abend in die Hand gedrückt hatte. "Das.. das tut mir Leid, ich hatte das völlig vergessen.", erwiderte ich ehrlich und sank etwas beschämt den Kopf. "Aber es freut mich zu sehen, dass es dir etwas besser geht, wenn du dir schon vornimmst, so viel einzukaufen und das nach Hause zu schleppen.", grinste er bloß und wieder traten seine Grübchen hervor.
"Ehrlich gesagt, habe ich meine Wohnung seit dem nicht verlassen", gestand ich leise und fuhr mir durch die Haare. Zu dem war es mir suspekt, warum ich ihm das überhaupt erzählte. Sein Ausdruck wechselte zu besorgt und ernst sah er mich an. "Geht es dir denn wirklich gut?", fragte er sich sogleich, doch etwas in mir hinderte mich daran, die komplette Wahrheit zu sagen. "Ich komme schon klar." Ohn war deutlich anzusehen, dass ihm meine Antwort nicht gefiel, dass ich dem auswich. Doch bevor er etwas erwidern konnte, sprach ich weiter. "Ich würde jetzt gerne rein gehen." Chanyeol's Audruck wechselte abermals und sah mich mit einem sanften Lächeln an. "Wenn das so ist.", sagte er und trat durch die Haustür in das Innere des Gebäudes. Verwirrt sah ich ihm hinterher, wie er einfach mit meinem Einkauf nach drinnen verschwand. "Kommst du?", rief er sich schon, als ich mich immer noch nicht von der Stelle bewegt hatte. Ich löste mich aus meiner Starre und lief ihm hinter her.
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rock a bye baby | p.cy |
FanfictionKim So-a. Ihr Name war in der Seouler Underground-Rockszene bekannt. Jeder wollte ihre exzentrischen Auftritte mit ihrer Band Reckless Blood im Club Rest In Rock sehen. Musik war ihre Droge. Die Bühne ihre eigene, kleine Welt, wo niemand ihr etwas...