So-a
Ich musste meine Tränen zurückhalten. In meinem Leben hatte ich noch nie so eine Angst gefühlt. Naiv wie ich war, hatte ich geglaubt, dass der Typ mich nicht verfolgen würde, doch damit lag ich komplett falsch. Nachdem ich realisiert hatte, dass jemand stetig hinter mir lief, bekam ich ein mulmiges Gefühl. Irgenwann hatte ich mich dazu durchgerungen einen Blick hinter mich zu werfen, doch als ich sah, wer sich dort befand, rutschte mir mein Herz in die Hose.
Vor Schreck stolperte ich über meine eigenen Füße und fiel auf den harten Asphalt. Meine Knie schmerzte höllisch, doch wieder hatte ich hinter mir gesehen und der Mann war ebenfalls stehen geblieben, hatte mich mit seinem starren Blick durchbohrt. Selbst aus weiter Entfernung konnte ich ihn erkennen. Dies war der Moment, wo mein Fluchtinstinkt die Oberhand übernahm, denn plötzlich hatte sich der Mann wieder in Bewegung gesetzt und kam mit großen Schritten in meine Richtung. Die Schmerzen ignorierend hatte ich mich aufgerappelt, blickte wild um mich, doch humpelte so schnell es ging einfach weiter gerade aus. Mein erster Gedanke war, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, doch auch wollte ich diesen Verrückten nicht direkt zu mir führen. Also lief ich einfach weiter von ihm weg, in der Hoffnung, er würde mich aus dem Augen verlieren.
Stetig hallten seine schweren Schritte hinter mir durch die leeren Straßen und ich zwang mich, trotz Schmerzen weiter zu laufen. Meine Herz raste unaufhörlich schnell in meiner Brust. Meine Lungen brannten und mein Knie pochte schmerzhaft, jeder Schritt fiel mir schwer. Gerade lief ich um eine Ecke und deutlich hörte ich, wie die schweren Fußstapfen meines Verfolgers zu einem Laufschritt wurde. Mein Herz setzte aus und nun liefen meine Tränen ungehindert über meine Wangen, unterließ es aber, auch nur einen einzigen Ton von mir zu geben. Wieder wagte ich einen Blick nach hinten, doch zu meinem Entsetzten hatte er mich fast aufgeholt. Ich atmete schwer durch meine Nase und mit zusammen gepressten Lippen humpelte ich weiter, klammerte mich an alles was ich hatte. Ich wollte mir nicht ausmalen, was er alles mit mir anstellen würde, wenn er mich hatte. Hastig schüttelte ich den Kopf und kniff meine Augen zusammen, daran wollte ich keinen einzigen Gedanken verlieren.
Plötzlich stieß ich gegen etwas und taumelte einen Schritt zurück. Hatte er mich jetzt erwischt? War es jetzt vorbei? Zwei Hände legten sich auf meine Schulter und ein erstickter Schrei entfuhr mir. Aus Reflex wehrte ich mich und wandte mich in den Griff des Fremden, welche aber nicht locker ließen. Laut schluchzte ich auf. "Nein, bitte nicht!", rief ich mit kraftloser Stimme."So-a, beruhige dich! Ich bin es!" Die Stimme, welche an mein Ohr drang, kam mir bekannt vor und ich hielt inne, zitterte jedoch unkontrolliert. "So-a, ich bin es, Chanyeol.", sagte diese Stimme nochmals nachdrücklich und ruckartig hob ich meinen Kopf.
Erst erkannte ich nur Augen, doch er nahm eine Hand von meiner Schulter und zog sich seine Maske herunter. Tatsächlich war es Park Chanyeol, welcher vor mir stand, doch bevor ich reagieren konnte, hatte er sich schnell seine Maske wieder hochgezogen, blickte starr nach vorne und drückte mich an sich. "Und du solltest verschwinden, bevor ich die Polizei rufe.", rief er laut und in seiner tiefen Stimme konnte man deutlich einen aggressiven, scharfen Unterton heraus hören. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken und unwillkürlich griff ich mit meinen Händen in Chanyeol's Jacke. Mein Körper versteifte sich, war angespannt um auf jede Situation reagieren zu können. Mein Herz schlug immer noch wild in meiner Brust und das Adrenalin strömte durch meine Adern. Meine Augen hatte ich fest zusammen gekniffen und mein Gesicht lag schon fast an Chanyeol's Oberkörper.
"Er ist weg, So-a.", drang seine Stimme an meine Ohren und zögerlich lockerte sich mein Griff. Jedoch vernahm ich wieder Schritte hinter mir und mit einem mal kam meine Angst zurück. Nun drückte ich mich komplett aus Panik an den Größeren und ein weiterer Schluchzer entfloh meiner Kehle. Chanyeol's Hände umgriffen mich sanft und spürte schließlich seine Arme um mich. "Ist bei euch alles in Ordnung?", ertönte eine fremde männliche Stimme hinter mir, welche sich außer Atem anhörte. Mein Fluchtinstinkt meldete sich wieder, doch Chanyeol's tiefe Stimme holte mich wieder zurück. "Alles ist gut, So-a. Das ist nur ein Freund von mir.", sagte er, während er mir beruhigend über den Rücken strich. Langsam kam ich runter und konnte mich aber keineswegs entspannen, realisierte aber, dass ich mich an Chanyeol geklammert hatte und ließ augenblicklich los, doch ließ er seine Hände auf meinen Schultern ruhen.
Mit meinem Handrücken wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und sah auf. Mein Gegenüber hatte seine Maske wieder unter das Kinn gezogen und sein besorgter Blick traf mich. Ich atmete einmal tief durch, drehte mich um und blickte zu dem anderen, welchen Chanyeol als seinen Freund vorgestellt hatte. Auch er sah nicht minder besorgt aus. "Der Kerl hat 'nen Abgang gemacht. Ich wollte noch hinterher, aber er hat mich abhängt.", sprach er leicht atemlos und sah dabei etwas zerknirscht aus. "Das wichtigste ist, dass ihr nichts passiert ist. Ich will mir gar nicht vorstellen, was er..", knurrte Chanyeol wütend und mich überkam ein unangenehmer Schauer. Nicht wegen ihm, sondern der Gedanke daran, was mein Verfolger alles hätte tun können. "Komm, ich bringe dich nach Hause.", sagte nun Chanyeol und ruckartig hob ich den Kopf.
"Nein!", rief ich laut. "Nicht zu mir nach Hause!" Mein Gegenüber hob fragend eine Augenbraue, doch ich schüttelte nur wild den Kopf. "Nicht zu mir.", flüsterte ich nun. "Er soll nicht herausfinden, wo ich wohne. Das hat er fast einmal geschafft." Meine Worte waren fast tonlos, doch anscheinend haben die beiden mich deutlich verstanden. "Wie jetzt? Dieser Typ verfolgt dich nicht zum ersten mal?" Chanyeol war eindeutig wütend. Verneinend schüttelte ich abermals den Kopf. "Wieso gehst du denn dann nicht zu Polizei?", fragte mich der andere verständnislos. "So einfach ist das nicht." gab ich nur zurück. "Er hatte bisher nichts getan, also habe ich auch nichts gegen ihn in der Hand.", murmelte ich leise. "Nichts getan? Er war eindeutig hinter dir her!"
"Baekhyun, beruhige dich.", kam es beschwichtigend von Chanyeol, woraufhin Baekhyun aufschnaubte. "So-a hat leider recht damit." Chsnyeol blickte zu mir. "Du kommst erstmal mit zu uns.", bestimmte er und ich nickte nur zögerlich.
*
Nun saßen wir im Taxi. Chanyeol hatte den Fahrer darum gebeten, einen Umweg zu fahren, was dieser mit einem verwirrten Blick quittierte, hatte jedoch nur mit den Schultern gezuckt und es so hingenommen. Nach gut fünfzehn Minuten hielten wir an einem großen Wohnkomplex und nachdem Baekhyun den Fahrer bezahlt hatte, stiegen wir aus. Mit einem mal fiel eine unglaubliche Last von meinen Schultern und das ganze Adrenalin in meinem Körper hatte sich verflüchtigt. Dazu kam auch, dass plötzlich die Schmerzen in meinem Bein zurück kamen. Beim aussteigen knickte ich ein und konnte mich gerade noch so an Baekhyun festhalten, welcher neben mir lief. Verwirrt sah er zu mir, als sein Blick auf mein Knie fiel "Scheiße, du blutest ja!", rief er leicht geschockt, was Chanyeol dazu veranlasste sich von der Haustür, welche er gerade öffnen wollte, abzuwenden und ebenfalls zu mir zu sehen.
Bevor ich reagieren konnte, hatte er sich davon abgewandt und kam auf mich zu geeilt. Sein Arm legte sich um meine Taille und zog mich dicht an ihn ran, jedoch musste ich mich ebenfalls an ihm festhalten, damit er mich nicht wie ein Sack Reis hinter her schleifen musste. Das einzige, was mir übrig blieb war, dass ich mich ebenfalls meinen Arm um seine Mitte zu legen, was ich zögerlich tat, denn für alles andere war er zu groß. Ich konnte dennoch nicht verhindern, dass mir durch diese Nähe zu ihm Blut in die Wangen schoss, auch wenn er mich nur stützen wollte. Baekhyun beobachtete uns mit einem argwöhnischen Blick, schüttelte aber daraufhin nur den Kopf und nun war er es, welcher die Haustür aufstieß.
Wir begaben uns zu den Aufzügen und fuhren nach oben. Im vierten Stock stiegen wir aus und vor uns erstreckte sich ein großer Flur, wo sich aber nur eine Haustür befand. Baekhyun gab den Türcode ein und schon öffnete sich diese. Lautes Stimmengewirr drang an meine Ohren und ich stutze. Wie viele wohnten hier denn bitteschön? Chanyeol bemerkte wohl meinen fragenden Blick, räusperte sich und schaute etwas verlegen drein. "Bitte bekomme jetzt keinen Schreck.", fing er an zu sprechen, als er auch schon weiterging und ich gezwungen war ihm zu folgen. Baekhyun war bereits durch die Tür verschwunden. "Leute, wir haben Besuch!", schrie er auch schon und sofort verstummte der Lärm. Mein Blick galt jedoch immer noch Chanyeol. "Ich lebe mit Baekhyun und sechs weiteren Leuten in einem Dorm.", sagte er schließlich und augenblicklich bekam ich große Augen. "I-ihr seid zu acht?", flüsterte ich stotternd und er nickte. "Mach dir aber keine Gedanken darum, sie alle sind in Ordnung.", meinte er beruhigend, wobei sich aber ein kleines Grinsen auf seinem Gesicht schlich und seine Grübchen zum Vorschein kamen.
"Meistens jedenfalls."
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rock a bye baby | p.cy |
FanfictionKim So-a. Ihr Name war in der Seouler Underground-Rockszene bekannt. Jeder wollte ihre exzentrischen Auftritte mit ihrer Band Reckless Blood im Club Rest In Rock sehen. Musik war ihre Droge. Die Bühne ihre eigene, kleine Welt, wo niemand ihr etwas...