Another Point Of View
Frustriert verließ ich das Studio und schlug die Tür hinter mir zu. Meine Blockade, welche nun schon eine Weile anhielt, brachte mich um den Verstand. Mir fehlte zur Zeit jegliche Inspiration für alles einfach. Ich brachte noch nicht mal eine mittelmäßig gute Melodie zu stande, von irgendwelchen Texten mal ganz abgesehen. Ich machte mich auf den Weg in die Tiefgarage des Entertainment und begab mich zu meinem Motorroller. Ich setzte mir den Helm auf, fuhr die Auffahrt hoch und raste dann davon, sobald ich die Straße erreicht hatte. Ich brauchte unbedingt Ablenkung und entschied mich spontan dazu, zum Han River zu fahren, denn dort konnte ich für gewöhnlich immer gut abschalten.
Etwas weiter außerhalb parkte ich meinen Roller und lief den Rest zu Fuß. Es war bereits schon dunkel, jedoch hatte ich mir die Kapuze meines grauen Hoodies tief in mein Gesicht gezogen, da der Wind hier im einiges Stärker war. Jedoch hörte man von hier aus kaum den stetigen Verkehr dieser Großstadt und zu meinem Glück waren auch nicht viele Menschen unterwegs. Ich konnte heute keinen Klaren Gedanken fassen und war einfach nur genervt über meine momentane Situation. Es tat mir Leid, dass die anderen fast schon unter meinen Launen litten. Es war nicht meine Absicht und auch wollte ich ihnen keine Sorgen bereiten, dennoch sorgten sie sich natürlich, aber von Zeit zu Zeit nervte mich ihre ständige Fragerei. Ich wusste, dass es nicht fair von mir war, mich ihnen gegenüber so zu verhalten, mir war bewusst, sie meinten es nur gut.
Seufzend fuhr ich mir durch das Gesicht. Ich konnte momentan selber nichts mit mir anfangen. Selbst hier am Han River konnte ich dieses mal keinen klaren Kopf bekommen. Unwillkürlich lief ich einfach weiter und zu spät bemerkte ich, dass ich mich nun in einer völlig anderen Gegend von Seoul befand. Ich war vermutlich so in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam, wohin ich eigentlich lief. Ebenfalls genervt darüber fuhr ich meinen Weg fort, doch blieb ich immer noch völlig orientierungslos, bis es mir reichte. Ich blieb abrupt stehen und fischte mein Handy aus meiner Hosentasche. Gerade wollte ich meinen Standort herausfinden, als ich mit einem mal inne hielt. Hier in dieser Industriegegend, in der ich nich befand, war es völlig ruhig, doch ein leiser, heller, doch auch dunkler Klang durchbrach die Stille.
Neugierig versuchte ich dem gleichmäßigen Klang zu folgen und steckte mein Handy wieder weg. Nach einer Weile wurde es deutlicher für meine Ohren und ich erkannte, dass jemand hier in der Nähe tatsächlich Gitarre spielte. Weiter folgte ich dieser schönen, jedoch auch traurigen Melodie, bis sie nun richtig wahrnahm. Ich erkannte hohe Backsteingebäude um mich herum. Es war kaum beleuchtet hier, doch ich war einfach viel zu neugierig, als das ich jetzt umdrehen wollte. Ich wollte wissen, warum diese Melodie so traurig war und wer sie spielte. Mein Weg endete vor einer dicken Metalltür und konnte dahinter deutlich die gespielten Saiten einer Gitarre hören. Darunter mischte sich eine Stimme, doch dessen Worte verstand ich nicht. Für einem Moment haderte ich mit mir selbst, drückte dann aber die Tür langsam auf. Da sie anfing zu quietschen, hielt ich kurz inne, doch die Klänge der Gitarre verstummten nicht. Kurzerhand schlüpfte ich mich durch den kleinen Spalt und sah in einem spärlich beleuchteten Raum vor mir. Ich wusste nicht, was oder wen ich erwartet hatte, doch vor mir saß eine kleine, zierliche Gestalt, welche den Kopf nach vorne gebeugt hatte und das Gesicht von langen, blonden Haaren verdeckt wurde.
Leichtfertig flogen die Finger der Frau über die Saiten einer schwarz glänzenden Gitarre und ich blieb wie angewurzelt stehen. Sie schien konzentriert zu sein und ich konnte nicht anders, als wie gebannt die Klänge, die sie mit dem Instrument erzeugte zu lauschen. Ich hatte den Eindruck, dass die Melodie immer trauriger wurde, auch wenn sie einen stetigen Rhythmus hatte. "Du musst da nicht so versteinert herum stehen, Haewon.", ertönte plötzlich ihre Stimme, was mich aufschreckte, jedoch ließ sie sich nicht beirren und spielte weiter. "Also, ich bin nicht...", setzte ich nach einer Weile zögerlich an, doch verstummte sofort als die Frau, mit den blond gefärbten Haaren ruckartig ihren Kopf hob und einen schiefer, abgehackter Ton von ihrer Gitarre erklang. Verschreckt blickte sich mich an und umklammerte dabei kaum merklich den Hals der Gitarre. "Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken." entschuldigte ich mich sofort, da mir ihr eingeschüchterter Blick ein schlechtes Gewissen gab. Verlegen spielte ich mit meinen Fingern, welche fast in den Ärmeln meines Hoodies verschwanden und hatte den Kopf gesenkt. Aber kurz darauf sah wieder zu ihr auf, nachdem ich mich zusätzlich entschuldigend verbeugt hatte. Doch augenblicklich erstarrte ich, als ich sie mir genauer an sah. Sie kam mir bekannt vor und plötzlich fiel es mir ein. Es war die Sängerin dieser Band, welche vor zwei Tagen in diesem Club aufgetreten war!
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rock a bye baby | p.cy |
FanfictionKim So-a. Ihr Name war in der Seouler Underground-Rockszene bekannt. Jeder wollte ihre exzentrischen Auftritte mit ihrer Band Reckless Blood im Club Rest In Rock sehen. Musik war ihre Droge. Die Bühne ihre eigene, kleine Welt, wo niemand ihr etwas...