•19• {[ Ein Traum ]}

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Die Menschen bekamen bei der Schöpfung die stärkste Kraft aller ab, die des Glaubens und der Fantasie, sich zu flüchten in fremde Welten und in der Leere der unendlichen Träume dieser Welt zu schweben.

Der Greif jedoch besitzt die Gabe der Spiegel. Er kann die Träume dieser Welt spiegeln.
Mit dieser Gabe ist es dem Greifen erlaubt, die Regeln dieser Welt über ihre Möglichkeiten zu strecken und wird so zu einem mächtigen Gegner. Junge Greifen werden schon in jungem Alter an ihre Gabe herangeführt, um diese beherrschen zu lernen.
Viele sagen, die Greifen starben aus, weil ihre Zeit auf der Erde überschritten war und sie zu viele Grenzen gesprengt hatten.
Doch von der Wahrheit wissen nur Wenige. Als Morgram die Schattenwandler erschuf, begann sich das Universum zu spalten in zwei Seiten, die Dunkelheit und das Licht. So denken die Meisten. Doch es gibt mehr als das, es gibt die Mitte. Ein Bindeglied, das sich noch entscheiden muss, von dem die meisten denken, das hätte es bereits, doch sie irren sich. Nach vielen Jahrhunderten Krieg wurde eine Prophezeiung ausgesprochen. Dass eines Tages eine Person auf die Bildfläche treten wird, die die Möglichkeit besitzt, zu wählen, ob für immer Dunkelheit die Unendlichkeit beherrschen wird, oder Licht die Tiefen dieser Welt erfüllen wird. Beide Seiten besitzen ihre Tücken, es gibt kein Gut oder Böse, denn dies ist reine Ansichtssache. Es gibt nur Hell und Dunkel. Und der letzte Greif, der wandeln wird auf den Böden dieser Erde, wird seine Seite wählen und der Krieg wird endlich enden. Welche Seite er jedoch wählen wird, weiß niemand, genauso wie auch niemand weiß, wann dies geschehen wird.

Zoey schüttelte den Kopf. Das waren ihr auf jeden Fall mal wieder zu viele Infos auf einmal.
Sie lies sich auf den Rücken fallen. Das Bett knarzte und Evelyn, die im Bett neben ihr lag, dreht sich grummelnd herum.
Sie hatte bis tief in die Nacht hinein gelesen und nicht auf die Zeit geachtet. Schnell räumte sie noch die Bücher weg,
sich selbst versprechend, sie morgen an einem sicheren Ort zu verstecken. Vollkommen neben der Spur legte sich sich erneut ins Bett, einschlafen konnte sie aber noch lange nicht, denn immer wenn sie die Augen schloss, blitzten zwei große knorrige Bäume auf, zwischen deren weißer an Knochen erinnernde Rinde Ströme aus Blut heraus zu fließen schienen.
Nach einer Ewigkeit übermannte sie dann doch die Müdigkeit und sie begann zu schlafen.

Sie konnte nicht atmen. Sie öffnete die Augen, aber außer einem alles durchdringenden Rot konnte sie nichts erkennen.
Dann erst bemerkte sie, dass sie sich unter Wasser befand. Mühsam kämpfte sie sich nach oben. Sie blickte sich um und hätte sich fast augenblicklich übergeben. Sie schwamm in dem See, den sie seit ihrer ersten Verwandlung schon so häufig besucht hatte.
Aber alles war anders. Das Wasser hatte sich rot gefärbt und mehrere Leichen schwammen in ihm. Der Mond, der sonst immer beruhigend auf sie herab geschienen hatte, schien ein kaltes blaues Licht auf sie zu werfen.
Sie wusste, was dies bedeuten sollte. Dies sollte zeigen, was passieren würde, wenn sie versagen würde.
Doch sie hatte dies nie gewollte und was noch schlimmer war, war die Tatsache, dass ihr Kopf sich immer noch dieser Sache gegenüber sträubte, ihr Herz jedoch sagte, dass dies ihr Aufgabe war, das was manche als Schicksal bezeichnen würden.
Doch weder ihr Kopf oder ihr Herz sagten ihr, für welche Seite sie sich entscheiden sollte.
Und dies brachte sie zur Verzweiflung, es gab keine Schulter an der sie sich ausweinen konnte. Sie hatte in diesem Moment niemanden. Weinend brach sie zusammen.

Schweißgebadet wachte sie auf. Es war noch dunkel draussen. Ein blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es kurz nach drei Uhr morgens war.
Sie drehte sich auf die Seite. Bis zum Morgen war es noch einige Zeit, aber Schlafen konnte sie jetzt bestimmt nicht mehr.
Nach kurzer Zeit wurde ihr langweilig und sie richtete sich auf. Sie blickte erneut zu Evelyn, doch diese schien noch immer friedlich und vollkommen unbeteiligt zu schlafen.
Mit Evelyn konnte sie also auch nichts unternehmen.
Nachdem sie einfach einige Zeit auf ihrem Bett gesessen hatte und die gegenüberliegende Wand wie einen Todfeind gemusterte hatte, schwang sie sich aus dem Bett und verließ das Zimmer. Durch die Flure schlich sie seit ihrer letzten Geheimmission,wie sie es selbst bezeichnen würde, sehr vorsichtig und sorgfältig. Eigentlich war es nicht verboten nachts draußen zu sein, aber auch hier würde es Fragen aufwerfen, wenn sie erwischt würde. Es dauerte nicht lange und sie kam an den Klippen an.
Noch immer in Schlafklamotten ließ sie sich dort nieder und hängte ihre Beine über den Klippenrand.
Unter sich konnte sie eine der großen Glaskuppeln der Schule aus dem Gestein ragen sehen und noch weiter unten erahnte sie den Strand, der unter den vorstehenden Klippen verborgen war.
Wenn sie geradeaus blickte, konnte sie den schmalen Halbmond erkennen, der sich zwischen den kleinen Wellen spiegelte.
Ab und zu meinte sie, auch Fischschuppen oder ähnliches aufblitzen zu sehen.
Das Meer hatte sie schon immer beruhigt.
Früher war sie dort immer mit ihrem Großvater spazieren gegangen, der ihr dann von großen schaurigen Kreaturen erzählt hatte, die es in der Tiefe geben sollte, doch sie hatte sich nie davon beeindrucken lassen
Leider war er vor ein paar Jahren auf See verstorben, als er mit ein paar Freunden seiner Altersklasse auf Angel-Tour war und eine heftige Welle ihn über Bord gespülte hatte.
Zoey war immer noch traumatisiert von dem Moment, als sie die Nachricht von ihrer Großmutter erfuhr.
Aber seitdem hatte sie das Meer sowohl als Feind als auch als Freund in ihrem Kopf abgespeichert.
Ein Feind, der ihr eine wichtige Person weggenommen hatte und auf dessen Schuld noch so viel mehr Opfer kamen
und ein Freund, der sie erinnerte und ihr das Gefühl gab, zuhause zu sein.
Sie ließ ihren Blick nochmal über die blauen Weiten schweifen.
Ein kleines Blatt segelte von einer nahen Linde, die sich krampfhaft an jeden Brocken Erde auf dem felsigen Untergrund klammerte, auf ihren Schoß.
Sie nahm das Blatt in die Hände und betrachtete es, es war bräunlich und von noch leicht grünen Äderchen durchzogen und an den Seiten leicht welk.
Kritisch musterte sie es und ein ungewolltes Wort entschlüpfte in der Ruhe der Nacht ihren Lippen: „Lebe"

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1077 Wörter

Tja,
da bin ich wieder und sogar gerade noch rechtzeitig. Wie immer nochmal an alle ein riesen Dankeschön und bis zum nächsten Mal.

Ciao und Peace out

Melodie

Der letzte GreifWo Geschichten leben. Entdecke jetzt