•25• {[ Das Buch der Prophezeiungen ]}

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Derweil wartete Oma Grey auf den wöchentlichen Anruf von Zoey, den sie sonst immer um diese Uhrzeit erhalten hatte.
Sie wartete.
Aber auch zwei Stunden später hatte sie noch keinen Anruf von ihrer Enkelin erhalten.

Zoey streckte sich, ein Geräusch hatte sie geweckt, schläfrig rieb sie sich die Augen.
Lange schon hatte sie nicht mehr so geschlafen.
Eine Eule saß auf dem Fensterbrett ihres Zimmers und musterte sie kritisch, Zoey kamen die Geschehnisse von gestern in den Sinn, schnell sprang sie aus dem Bett und machte sich fertig. Die Eule hatte sich nach dem Weckruf aus dem Fenster fallen lassen und war davon geglitten.
Wasser konnte sie nicht entdecken, also beschloss sie, dass es auch ohne gehen müsse und streifte noch schnell ein Paar Wildlederschuhe mit einer weichen Sohle über, die neben dem Bett für sie bereit gestellt worden waren.
Als sie aus dem baumartigem Haus trat, wurde sie von dem strahlendem Weiß um sie herum geblendet, sie kniff die Augen zusammen und blickte sich zum ersten Mal genauer um.
Die Frau, die sie am Abend zuvor empfangen hatte, wartete vor dem Haus. Sie hatte Zoey zu ihrem Schlafplatz geführt und sich als Gwen vorgestellt.
„Guten Morgen, Zoey," sprach sie Zoey an. „Hast du gut geschlafen?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Besser als sonst würde ich sagen, aber was wird jetzt passieren?" fragte sie.
„Zuerst einmal wirst du lernen müssen deine Magie zu kontrollieren, anschließend wirst du dich den Studien der alten Schriften zuwenden, die dich über die Vergangenheit der Seele aufklären werden, die du in dir trägst. Wenn du dies abgeschlossen hast, werden wir dich einer Prüfung unterziehen und wenn du diese bestehst, werden wir dich zurücksenden,"
beantwortete Gwen ihre Frage.
Auch wenn es Zoey nicht gefiel so lange von ihrer Heimat weg zu sein, nickte sie.
„Noch andere wichtige Sachen, von denen ich wissen sollte?" fragte sie.
Gwen schüttelte den Kopf. „Fürs erste nicht, aber...," sie brach ab, als sie bemerkte, dass Zoey ihr nicht mehr zuhörte und anstelle dessen die weiß leuchtende Struktur der Gebäude betrachtete.
„Wie dem auch sei...," meinte sie und wandte sich ab.
Erst kurze Zeit später bemerkte Zoey, dass sie nun alleine auf dem großen Platz stand.
Ihrer Neugierde folgend näherte sie sich einem besonders großes Gebäude, welches der Form einer Trauerweide ähnelte.
Sie strich die langen Zweige zur Seite, die auf dem Boden schleiften und betrat den Baum durch ein großes Tor.
Im Inneren stapelten sich Regale bis zur Spitze des Baumes, der Durchmesser der hohlen Pflanze betrug bestimmt mehr als zwanzig Meter, schätzte Zoey, doch was sie am meisten verwunderte war nicht die immense Größe, sondern die Menge der Bücher, die sich zu Tausenden in den Regalen stapelten.
Ehrfürchtig trat Zoey in die Mitte des Raumes und legte ihren Kopf in den Nacken. So sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte nicht die Decke erkennen. Mehrere dünne hölzerne Gehwege zogen sich von Wand zu Wand und bildeten ein Muster, das Zoey von unten betrachtet an ein Spinnennetz erinnerte.
Was ihr aber noch mehr ins Auge viel, war eine kleine Nische, in die eingelassen, ein hölzernes, dunkles Lesepult stand, das nicht in die helle Heiterkeit dieses Ortes passte.
Auf dem Lesepult lag ein kleines unauffälliges Buch in einem braunem Ledereinband.
Auf dem Buch stand in geschwungenen feinen Linien der Titel, der Zoey zusammenzucken lies.
„Buch der Prophezeiungen" stand dort geschrieben.
Zischend sog Zoey die Luft ein. Hatte sie endlich ihre Antworten gefunden? Eine Antwort auf die ihr verkündete Prophezeiung?
Zitternd streckte sie ihre Hände aus, an den Unterricht und den Fakt, dass sie gestorben war, dachte sie nicht mehr. Das Einzige, welches nun im Vordergrund stand, waren die Antworten, die sie sich seit so langer Zeit erhofft hatte.
Sie schlug die erste Seite des Buches auf.

„Wer sucht, der findet. Gefundenes geht verloren und kehrt nicht zurück. Wissen bringt Macht und Macht bringt Verderbnis.
Fantasie bringt Hoffnung und Hoffnung bringt Licht. Schicksal ist weder gut noch schlecht. Die Wahrheit ist rein und klar, nur die Menschen, die sie wissen wollen nicht, denn Wahrheit ist eine furchtbare Waffe. Die Gedanken schweifen zulassen und zu erkunden, welche Möglichkeiten sich einem offenbaren, bringt Hoffnung auf das was kommt, manchmal ist es das Beste, die Wahrheit und das Wissen ruhen zulassen und mit offenen Augen und Ohren in die Zukunft zu gehen.
Suchender, der du nun diese Zeilen liest, sei gewarnt, denn nur eine reine Seele wird die Wahrheit verstehen.
Ich erschuf dieses Buch einst, um Klarheit in die Welt zubringen. Doch sieh dich um, die Welt ist noch nicht bereit für die Wahrheit und wird es wahrscheinlich niemals sein. Wende dich nun ab, denn Wissen wird nicht helfen auf welcher Reise du auch immer bist.
Möge dich die Melodie in deinen Ohren zu dem richtigen Ziel deiner Reise führen, denn Wahrheit ist es nicht."

Dies war nun nicht das, was sie erwartet hatte. Sie hatte zwar gewusst, dass das Buch der Prophezeiungen seine Tücken besaß,  aber das? Sie wahr sich nicht sicher, sollte sie wirklich weiter blättern? Mit schwitzigen Händen hob sie das Buch vom Lesepult.
Sie atmete noch einmal tief durch und blätterte dann die nächste Seite um.
Doch anstelle dessen, was sie erwartet hatte, befanden sich nur acht klar geschriebene Zeilen auf dem leicht vergilbtem Papier.

Geschrieben steht für dich nichts in diesem Buch
Aber lies diese Zeilen und sei auf der Hut

Hoffnung bist du, denn du bringst das Licht
Was das Leben dir bringt, verraten wir nicht
Um zu sehen was kommt, musst du bleiben du selbst
Du wirst leben ein Leben mit Kummer und Schmerz
Doch vertrau auf dich selbst und du wirst finden dein Glück
Aber geh nie zu weit, sonst kehrst nicht zurück


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1018 Wörter

Hi?
Ja ich bin wieder da.
Auch ich wurde von der Lethargie der Coronazeit ergriffen. Es tut mir leid für diejenigen, die auf ein neues Kapitel gewartet haben, aber ich werde mir Mühe geben ab nun wieder regelmäßig neue zu bringen!
Ich hoffe euch geht es gut, bleibt gesund und last, wenn ihr noch ein bisschen Zeit habt, einen Stern da.

Bis zum nächsten Mal

Ciao und Peace out

Melodie

Der letzte GreifWo Geschichten leben. Entdecke jetzt