Es war Donnerstag und die ganze Woche hatte es für die Angestellten des Fortbildungsinstituts kaum Zeit zum Verschnaufen gegeben.
Lynn saß an ihrem Schreibtisch und sah verstohlen zu ihrem Kollegen hinüber, der wie so oft am Telefonieren war und dabei entweder auf seine Unterlagen oder auf einen seiner Monitore schaute.
Die junge Frau hingegen konnte sich schon seit Tagen nicht mehr richtig auf ihre Arbeit konzentrieren. Und das nur, weil sie das Gefühl nicht loswurde, dass die Stimmung zwischen ihr und Oskar seit dem vergangenen Wochenende unterkühlt war.
Zwar wurde Lynn wie verabredet jeden Morgen von zu Hause abgeholt und abends wieder zurückgefahren, doch hatte Oskar seit Montag nicht ein Mal angedeutet, Lynn nach Feierabend besuchen zu wollen oder sie zu sich einzuladen.
Als wären seine Worte vom Sonntag bloß Gerede gewesen.
Die Mundwinkel der jungen Frau zuckten. Wahrscheinlich war dem sogar so. Oder sie hatte wie befürchtet bei Oskars letztem Besuch wirklich etwas Dummes gesagt oder getan, was ihn zurückhielt.
Lynn spürte, wie ihr die Tränen hochkamen.
Reiß dich zusammen, verdammt. Reiß dich zusammen! Du bist echt so eine Heulsuse!
Tief durchatmend fuhr sie sich so unauffällig wie möglich über die Augenwinkel und musste schniefen. Verärgert, dass sie so nah am Wasser gebaut war, schimpfte sie innerlich mit sich selbst.
Entschlossen richtete sie sich anschließend in ihrem Stuhl auf und griff beherzt nach einem Stapel Papiere.
Es half alles nichts. Sie konnte sich von ihren Gefühlen nicht weiter von ihrer Arbeit ablenken lassen.
Entschlossen schlug sie einen Ordner auf und fing an, die Blätter einzusortieren.
»Lynn?«
Erschrocken sah sie hoch.
»Ja bitte?«
Lynn meinte für eine Sekunde in Oskars Gesicht Besorgnis gesehen zu haben, doch runzelte er gleich darauf die Stirn.
»Gehts dir gut?«
Lynn spürte die Hitze in sich aufsteigen. Wieso fragte Oskar danach? Hatte er sie etwa beobachtet? Und wenn ja, wie lange schon?
Angespannt setzte sie ein Lächeln auf und schaute schnell wieder vor sich auf den Schreibtisch.
»Ja sicher!« Sie schob zerstreut einige Blätter zur Seite. »Entschuldige, ich war gerade etwas abgelenkt und ...«
»Lynn ...«
Das Bittende in seiner Stimme ließ sie wieder aufschauen. Krampfhaft zog sie erneut ihre Mundwinkel nach oben und merkte, wie es in ihren Augen erneut anfing zu brennen.
»Ja?«
Ihr Gegenüber beugte sich über den Schreibtisch zu ihr vor. Und auch wenn immer noch reichlich Platz zwischen ihnen war, fing Lynns Herz schneller an zu klopfen.
»Können wir nachher reden?«
Oskar wirkte nach seiner Frage seltsam befangen und sofort fielen Lynn die Gedanken ein, die sie noch vor wenigen Minuten gehabt hatte.
Ihr Kloß im Hals wurde immer größer. Doch sie schaffte es, ihre immer stärker nach draußen drängenden Tränen unter Kontrolle zu halten. Zwanghaft lächelte sie noch etwas breiter und musste sich anstrengen, dass ihre Stimme beim Antworten nicht zitterte.
»Klar.«
Lynn hatte sich wirklich Mühe gegeben, sich nichts von ihrem inneren Kampf anmerken zu lassen. Doch ihr Tonfall klang selbst in ihren Ohren so gequält, dass sie rasch nach unten schaute.
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Sag noch mal, dass du mich liebst
RomanceAuf der Weihnachtsfeier hat Oskar zuviel getrunken. Auf der Heimfahrt teilt er sich ein Taxi mit seiner Kollegin Lynn. „.... Ich liebe dich, du mich doch auch, oder?" "Ja. Natürlich." Keiner der beiden hat diese Worte ernst gemeint und doch ist dana...