Ärger

92 11 5
                                    

»Du hättest wirklich nicht mitkommen müssen«, meinte Lynn, als sie am Treppenabsatz ihres Hauses ankam und nahm von Oskar den Kuchenbutler entgegen, den dieser für sie heimgetragen hatte.

»Ach, was. So habe ich dich heute wenigstens für ein paar Minuten für mich alleine gehabt«, entgegnete Oskar lächelnd und schlang einen Arm um Lynn.

Er drückte seinen Mund auf ihren und löste seine Lippen erst nach wenigen Sekunden wieder von ihr, sodass beide danach nach Luft rangen.

»Wir sehen uns dann also morgen früh im Büro?« Lynn klang noch etwas atemlos und Oskar lächelte ihr erneut zu, was bei ihr das Bedürfnis auslöste, ihn gleich noch einmal zu küssen.

»Ja«, war seine knappe Antwort und sie lächelte ebenfalls. Die nächsten Wochen würden sie wieder getrennt voneinander zur Arbeit fahren, was sehr bedauernswert aber wegen Frau Weylands Zeitplan auch nicht zu ändern war.

»Okay. Dann also bis morgen«, sagte sie schließlich, nachdem sie sich eine Weile schweigend betrachtet hatten und erschauderte, als Oskar unvermittelt mit dem Daumen über ihre kalte Wange fuhr.

»Ja, bis morgen«, murmelte er, während seine Augen auf ihre Lippen gerichtet waren und erst nach Sekunden wieder aufschauten und Lynn direkt ansahen.

Im selben Moment zog Oskar sie plötzlich fester an sich, sodass Lynn fast das Gleichgewicht verlor und die Kante des harten Plastiks in ihrer Hand gegen ihren Oberschenkel schlug. Sofort spürte sie an der Stelle einen stechenden Schmerz und verzog leise stöhnend das Gesicht, doch wurde sie sogleich davon abgelenkt, da Oskar ihre Lippen erneut mit seinen verschloss.

Diesmal um einiges gieriger fing er an, daran zu saugen und drang gleich darauf mit seiner Zunge in ihren Mund ein, was Lynn erst noch etwas benebelt vom dumpfen Schmerz am Bein, schließlich aber genüsslich erwiderte.

Der Kuss forderte ihre ganze Aufmerksamkeit, dass sie den Gedanken, morgen an ihrem Bein wahrscheinlich einen blauen Fleck zu haben, schnell vergaß.

Es wurde immer stürmischer zwischen den beiden, bis Lynn fast nach hinten über die Treppenkante fiel und sich nach Halt suchend am hinteren Mantelteil des Mannes festkrallte, der geistesgegenwärtig einen Schritt nach hinten machte und sie mit sich zog.

Von dem Zwischenfall scheinbar wenig beeindruckt, küsste Oskar sie weiter und ließ erst von Lynn ab, als er scheinbar erneut selbst keine Luft mehr bekam und beendete den Kuss mit einem festen Schmatzer auf ihrem Mund.

Daraufhin blieben sie noch Weile schwer atmend, ineinander verschlungen und leicht schwankend beieinanderstehen, sodass jeder wieder zu Atem kommen konnte, bis Oskar Lynn wie zum Abschluss einen Kuss auf die Stirn gab und noch mal leicht lächelte.

»Ich gehe jetzt besser.« Oskar war noch immer etwas atemlos und Lynn nickte als Antwort nur stumm.

Sie ließen sich langsam los und Lynn ging die Stufe zur Haustür hoch. Sie kramte nach ihrem Schlüssel, fand ihn auch gleich und schloss auf.

»Bis morgen!«, rief Oskar ihr nach, was in ihren Ohren eher wie ein »Geh nicht!« klang und sie ihm deshalb noch mal ihr Gesicht zuwandte.

Oskar lächelte schon wieder, doch wirkte es diesmal tatsächlich wehmütig, sodass Lynn damit zu kämpfen hatte, sich ihm nicht an den Hals zu werfen und ihn noch eine Weile zu umarmen.

Stattdessen zog sie jedoch etwas verkrampft ihre Mundwinkel ebenfalls nach oben, ging dann ins Haus und winkte Oskar zum Abschied zu. Dann schloss sie die Tür hinter sich und blieb in der dunklen Diele stehen, in der das gelbliche Leuchten der Außenbeleuchtung durch die kleinen Fenster der Haustür in den Flur drangen.

Sag noch mal, dass du mich liebstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt