Lynn hackte sichtbar wütend auf ihrer Tastatur herum und war knallrot im Gesicht. Ihre Haare standen zu Berge und ihre Augen sowie ihre Lippen waren leicht zusammengekniffen. Oskar schaute mindestens schon das hundertste Mal besorgt zu ihr rüber, da sie seit der Mittagspause nicht mehr mit ihm geredet hatte.
Er konnte verstehen, dass Lynn sauer auf ihn war. Aber war sie nicht auch froh darüber, dass er dafür gesorgt hatte, dass das ganze Theater mit Frau Diericks endlich ein Ende hatte?
Er hatte vorhin einfach nicht widerstehen können, Lynn zu küssen, nachdem die Stimmung seit dem Morgen angespannt und sie kurz vorher aufgeheizt gewesen war. Und Frau Diericks sicherlich nicht ernst gemeinte Aufforderung war damit genau das Richtige für ihn gewesen, um seinen angestauten Druck zu lösen.
Oskar fuhr sich durch sein Haar. Er hatte in der Mittagspause durch Zufall die letzten Sätze mitbekommen, die Lynn an den Kopf geworfen worden waren und Frau Diericks überhebliche Art hatte ihn wütend gemacht.
Aber auch, wie sich die anderen Kollegen verhalten hatten. Während die einen so ausgesehen hatten, als würden sie sich nicht trauen, etwas zu sagen, hatten sich andere wiederum sichtlich darüber amüsiert, dass Lynn vor versammelter Mannschaft niedergemacht worden war.
Oskar hatte gesehen, wie sie wie ein gescholtenes Kind auf ihrem Stuhl gesessen und keinen Mucks von sich gegeben hatte.
Natürlich war es ihm zu Ohren gekommen, dass Lynn letzte Woche für Ärger bei einigen Kunden gesorgt hatte und es war auch richtig, dass man darüber hatte sprechen müssen. Doch es wäre seine Aufgabe gewesen, die Sache mit ihr zu besprechen und zu klären.
Ihm waren jedoch vor allem nach dem Gespräch mit Herrn Schlegl ganz andere Dinge durch den Kopf gegangen. Er hatte es schlicht und ergreifend vergessen.
Wie auch immer: Frau Diericks Tonfall war das Allerletzte gewesen und ganz offensichtlich hatte sie Lynn auf dem Kieker. Oskar war innerlich voller Groll gewesen und hatte vielleicht auch deshalb nicht lange gezögert und der Provokation nachgegeben.
Aus einem Impuls heraus hatte er vor allem Frau Diericks beweisen wollen, dass Lynn und er keine Fake-Beziehung führten und dass es für ihn kein Problem war, das auch in der Öffentlichkeit zu zeigen.
Er hatte sich nach dem Kuss richtig gut gefühlt, bis ihm der geschockte Gesichtsausdruck von Lynn begegnet war. Ihre Augen hatten geglänzt und es hatte kurz danach ausgesehen, als würde sie ihm eine Ohrfeige verpassen wollen.
Letztendlich war sie aber nur ohne Worte aufgestanden und war mit geballten Fäusten aus dem Pausenraum gestürmt. Sie hatte dabei alles stehen und liegen gelassen und die Kollegen um ihn herum hatten erst recht angefangen zu kreischen und zu lachen.
Sein Tischnachbar hatte ihm johlend auf die Schulter geklopft und sein Blick war zu Frau Diericks geschweift, die ebenfalls aufgestanden war. Ihr Gesicht war puterrot gewesen und sie hatte geschnauft: »Wenn das so ist: Viel Spaß mit dieser ... mit ihrer Freundin!«
Dann hatte sie schnell ihren Kram zusammengepackt und war wutentbrannt abgezischt.
Am liebsten wäre er auch aufgestanden, um nach Lynn zu schauen, aber hatte er zu großen Hunger gehabt, sodass er es beim Herunterschlingen seines Essens hatte erdulden müssen, von mehreren Seiten angesprochen zu werden.
»Frau Diericks ist aber heißer! Haben Sie sich das auch gut überlegt, Herr Weyland?«, hatte ihm ein Kollege zugezwinkert.
Ein anderer meinte: »Sind Sie sicher, dass Sie nicht wieder betrunken sind?« Daraufhin hatte es vereinzelt erneutes Gelächter gegeben.
Irgendwann war ihm richtig schlecht gewesen. Was sicher nicht nur daran gelegen hatte, dass er sein Mittagessen regelrecht in sich hinein geschaufelt hatte.
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Sag noch mal, dass du mich liebst
RomanceAuf der Weihnachtsfeier hat Oskar zuviel getrunken. Auf der Heimfahrt teilt er sich ein Taxi mit seiner Kollegin Lynn. „.... Ich liebe dich, du mich doch auch, oder?" "Ja. Natürlich." Keiner der beiden hat diese Worte ernst gemeint und doch ist dana...