love means never having to say you're sorry

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Das Lagerfeuer war für die Kinder ein wahres Fest gewesen und in diesen Momenten, in denen die Kinder glücklich waren und lachten, wusste ich, warum ich es nicht mehr zurück nach Boston geschafft hatte. Warum mein Platz hier war.

Merivena hatte sich an mich gekuschelt und hielt Alexanders Hand. Eine kleine perfekte Welt. Ich hatte sie hier gefunden, fern ab von all dem, was vorher war. Ich vermisste meine Freunde, ich vermisste meine Eltern und ich vermisste... Nein, ich vermisste nur meine Eltern und meine Freunde. Aber hier war nun mein Zuhause. Ich blickte zu Alexander, dessen haselnussbraunen Augen auf Merivena lagen und er ihre sanft und beruhigend über den Kopf strich. Sie war ein wundervolles Kind.

»Fields, Shay, habt ihr einen Moment?« Es war Penny, die das Büro von Noah managete und sie sah nicht glücklich aus.

»Meri, gehst du kurz zu Hanna? Wir sind gleich wieder da.« Die kleine Prinzessin nickte schüchtern und Hanna nahm ihre Hand und zog sie mit sich.

»Sag mir nicht, was ich denke, Penny«, knurrte Alexander und seine Muskeln spannten sich an.

»Es...«

»Das ist nicht wahr, sag mir nicht, dass sie ihre OP nicht bekommt.« Ich begann zu zittern. Es war nicht das erste mal, dass wir das zu hören bekamen.

»Mir gehen diese reichen Ärsche mit ihren fetten Konten so auf die Eier. Wie kann man sich so ekelhaft auf seinem Wohlstand ausruhen und diesen kleinen Kindern keine Chance bieten?«, tobte Alexander und fuhr sich immer wieder wütend durch sein braunes Haar.

»Bleib ruhig. Noah arbeitet fieberhaft an einer Lösung, aber es kann sein, dass wir alles verschieben müssen.«

»Uns läuft die Zeit weg, Penny. Meris Herz hält das alles nicht ewig durch.« Er begann vor dem Haupthaus auf und ab zu laufen und mir fehlte jegliche Kraft ihn zu trösten. Eigentlich war es in diesem Zustand auch kaum möglich in zu trösten. Kurz darauf kam Noah raus und schüttelte den Kopf.

»Der Gönner ist komplett abgesprungen, wir brauchen ein paar Tage, um das mit der Stiftung zu klären.« Noah rieb sich den Nasenrücken. Ich trat vor Zorn gegen die Treppenstufen, aber es konnte mich nicht mal annähernd beruhigen. Was konnte so viel wichtiger für jemanden sein als ein Kind?

»Ich fasse es nicht, diese Snobs.« Alexander wendete sich ab und stapfte wütend davon. Ich wusste, in diesem Moment war es besser ihn einfach gehen zu lassen.

»Hast du meine Mutter gesprochen?« Ich sah Noah an und betete zum lieben Gott, dass diese Nachricht nicht von ihr gekommen war.

»Nein, es war das Krankenhaus direkt.«

»Das bedeutet, wenn ich jetzt meinen Arsch ans Telefon hänge, können wir diese OP machen?«

»Das verlangt keiner von dir.« Penny legte ihre Hand auf meine Schulter.

»Es geht nicht anders, Meri wird das nicht mehr lange schaffen und wir können ihr nicht immer erklären, warum sie nicht mit den anderen Kindern toben kann.« Ich riss die Tür zu Noahs Büro auf und tat das, was ich tun musste. Ich rief meine Mutter an.

Sie war nicht gerade begeistert, als sie hörte, dass ich mein Treuhandkonto dafür plündern wollte und es gab einen handfesten Streit.

»Julienne, höre mir gut zu, ich werde mich darum kümmern, aber manche Dinge kann man nicht einfach nur mit Geld lösen. Es stehen andere Dinge auf dem Spiel. Vertrau mir.« Ihre Stimme war streng und da sie das Sagen über die Stiftung hatte und sie mir zu beginn meiner Arbeit hier schnell meinen Platz klargemacht hatte. Ich wollte wie eine normale Angestellte behandelt werden, also hatte ich genauso viel zu sagen, wie jeder andere auch.

»Von Tochter zur Mutter, sie wird sterben, wenn wir diese bescheuerte OP nicht bekommen. Ich kann nicht zulassen, das sie stirbt.«

»Ich weiß und ich kümmere mich Julienne, ich kümmere mich seit Wochen um kaum was anderes, weil ich weiß, wie wichtig sie dir ist und Alexander.«

Sie spuckte seinen Namen fast schon aus. Ich wusste, sie mochte ihn nicht und es war ihr nicht mal zu verübeln, denn Alexander hatte nie einen Hehl daraus gemacht, was er von Menschen mit Geld dachte und meine Mutter war überzeugt, dass sich seine Einstellung schnell ändern würde, wenn er wüsste, dass ich Geld hatte und nicht weil er dann anders über uns alle dachte, sondern weil er es als eine Möglichkeit für sich sah. Ich hatte ihr versucht zu erklären, wie falsch dieser Gedanke ist, aber sie glaubte mir nicht.

In ihren Augen war Alexander der Soldat meiner Großmutter, eine Ablenkung vom eigentlichen. Keine Entscheidung.

»Kannst du mir nicht endlich einmal glauben?« Sie holte tief Luft. Seit der ganzen Collister-Geschichte war unsere Beziehung nicht mehr die gleiche. Sie hatte hinter meinem Rücken eine Hochzeit geplant und war weiter als die eigentliche Vereinbarung über das Ziel hinaus geschossen. Sie hatte das getan, was sie bei anderen immer verpönt hatte.

Ich hatte einfach aufgelegt. Ich war heute sicher nicht bereit mir dieses Gespräch auch noch zu geben.

»Ich hoffe sie hält Wort, sonst kläre ich das auf meine Art.« Ich sprang schon fast aus dem Stuhl heraus und warf die Tür hinter mir ins Schloss.

Kaum stand ich an der frischen Luft, versuchte ich mich zu beruhigen und tief durchzuatmen. Alexander war nicht am Lagerfeuer, sicher war er am See und würde Steine ins Wasser werfen. Ich hatte es schon oft genug gesehen. Was ein beschissener Tag. Ich fluchte wirklich nicht mehr viel, seit ich hier war, aber heute hätte ich eine ganze Wagenladung an miesen Schimpfwörtern abladen können, wäre nicht Merivenas Blick zu mir gehuscht und würde mich traurig ansehen. Sie war wirklich nicht auf den Kopf gefallen.

Ich holte noch einmal tief Luft und schritt auf meine kleine Maus zu, die mich mit großen traurigen Augen ansah. Es war einfach zu offensichtlich, das sie wusste, dass sie nicht mit dem Flugzeug fliegen würde. Ich hob sie hoch und drückte sie an mich.

»Nicht weinen«, meinte sie leise auf spanisch an mein Ohr und ich musste kurz lächeln.

»Ich weine nicht, aber wir müssen das Fliegen mit Alex verschieben.« Sie drückte sich kurz weg, um mir ins Gesicht zu sehen und zeigte ihren Schmollmund, nickte dann aber tapfer.

»Alex«, sie hob die Hand und dann legte sich auch schon eine vertraute Hand auf meine Schulter.

»Komm her kleine Maus«, seufzte er und nahm sie hoch, drückte sie fest an sich.

Mit seiner anderen freien Hand zog er mich eng an sich und küsste meinen Scheitel. Wir sahen auf das lodernde Feuer vor uns ich hoffte so sehr, das meine Mutter irgendwas bewegen konnte. Ich wüsste nicht, was ich machen sollte, wenn ich die kleine Maus verlieren würde, weil sich keiner an diese komplizierte OP herantraute.

»Wir schaffen das schon.«

Ich war mir nicht sicher, ob er sich selbst oder uns allen Mut zusprechen wollte. Ich spürte Noahs Blick auf mir. Ich hatte mehr Macht, als ich hätte haben sollen und ich stand dennoch hilflos daneben und sah einfach auf das Feuer, in der Hoffnung, es würde mir eine Lösung bieten können, in der ich nicht blankziehen musste. Das war es, was Noah meinte. Irgendwann würde der Tag kommen, dann würde ich Alexander sagen müssen, wer ich wirklich war. Es war nicht so, als würde ich mich verstellen, ich war hier immer ich, nur eben ohne Geld, ohne Kontakte.

Ich hatte der Upperclass bewusst den Rücken gekehrt, bekam hier ein normales Gehalt und lebte auch davon. Aber wenn all das hier ein Ende finden würde, hatte ich ein Treuhandkonto, gefüllt, so dass ich ausgesorgt hatte und ich wusste nicht, ob mich jemals jemand wirklich lieben würde, wenn er von all dem Geld wusste. Also musste es ein Geheimnis bleiben, bis ich sicher sein konnte.

Nobody Compares To You - Band 2 der Ethan und Juls ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt