eight - Aras

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Ich bereute es nicht. Der Typ hatte es einfach nicht anders verdient. Und ich war doch sowieso schon ein Mörder. Und daran würde sich auch nichts mehr ändern, also wofür sein Leben verschonen.

"Alter Aras, du hättest auch einfach seine Gedanken manipulieren können. Was soll der Mist", fuhr Lukas mich mit wütenden Blick an. Genervt rollte ich mit den Augen und ignorierte seine Worte dabei gekonnt. Auf eine Moralapostel konnte ich gerade wirklich verzichten. Er sollte einfach nur die Klappe halten und mir helfen, diese verdammte Leiche zu entsorgen.

Vater musste nicht unbedingt von diesem Ausraster erfahren. Der war in letzter Zeit ein wirklich unangenehmer Zeitgenosse geworden. Seitdem wir wussten, dass dieses Mädchen zu uns kam, ließ er sich zudem auch nur noch selten Blicken. Mein Vater hätte diese Angelegenheit wohl souveräner gelöst, aber sowas wie Geduld besaß ich einfach nicht.

Die Wut in mir kochte immer noch und ich bekam das Gefühl mich noch nicht genug abgeregt zu haben. "Lass uns jagen", war das erste was ich wieder sagte wobei ich das Problem vor mir noch einmal betrachtete. "Aber vorher müssen wir den hier entsorgen", stellte ich nüchtern fest und ließ meinen Blick dann über das Gelände wandern.

Uns durfte nur keiner dabei sehen. Mein Gedankengang geriet ins Stocken, als meine Augen auf die von Adriana trafen. Sie starrte mich und besonders die Leiche vor mir mit weit geöffneten Augen an. Auch mein Mund öffnete sich vor Überraschung ein Stück. Was sich als fatal herausstellten sollte, denn nun rannte sie davon.

Scheiße. Sie hatte es gesehen oder? Ich sah zu Lukas. Hatte er was gemerkt. "Ich rufe Berthold er kümmert sich darum." Seine ruhigen Worte zeigten mir, dass er die weitere Präsenz nicht wahrgenommen hatte. Erleichterung durchströmte mich wobei ich die leichte Anspannung, durch diesen Interrupt, zu verbergen versuchte. Was zum Teufel machte sie hier draußen. Das konnte ich gerade noch gebrauchen.

Ärgernis breitete sich in mir aus. Wie konnte ich nur so unaufmerksam sein? Fuck. Ich musste sie einfangen und ihre Gedanken löschen, bevor sie irgendwas dummes tun würde. Warum war dieses Mädchen auch nur so verdammt lästig und konnte nichts anderes als nur Probleme zu machen.

Ohne auf das, was Lukas mir mitgeteilt hatte, zu antworten drehte ich mich in die Richtung des Waldes um. "Ich muss noch was erledigen", murmelte ich und sprintete nur Sekunden später der Dunkelheit entgegen. Wenn ich Lukas erzählen würde, was ich gesehen hatte, würde der nur unnötig durchdrehen.

Dabei war dieses Problem so einfach zu lösen und überhaupt nichts, wofür ich nun auch noch eine Belerhung brauchte. In meinem inneren hörte ich schon so etwas wie 'wenn du den Kerl nicht gekillt hättest, hätten wir das Problem nicht'. Lukas war mir ein guter Freund aber wohl das absolute Gegenteil von mir.

Denn ich empfand es lediglich als nervig mich darum kümmern zu müssen. Es kostete mich Zeit, die ich hätte zum Jagen nutzen können. Ich wollte Wut abbauen und den unerträglichen Durst in mir stillen. Stattdessen musste ich diesem dämlichen Gör hinterherlaufen.

Konnte sie nicht wenigstens stehen bleiben. Dann würde ich ihre Gedanken löschen, sie zurückbringen und ich könnte so tun, als wäre nichts passiert. Keiner würde davon jemals erfahren. Doch so musste ich aufpassen, dass sie niemand vor mir, in die Finger bekam.

Für einen kurzen Moment blieb ich inmitten des Unterholzes stehen, um meine Sinne zu schärfen. Wo war sie hingelaufen? Ich brauchte nicht lange um ihren Standort lokalisieren zu können. Sie verhielt sich nicht gerade leise.

Mit einer übermenschlichen Schnelligkeit rauschte ich hinter ihr her. Es dauerte nicht lange und sie stoppte, das konnte ich hören. In wenigen Sekunden würde ich sie eingeholt haben und das allen Anschein auch noch rechtzeitig.

Als ich ihre zierliche Gestalt in der Ferne sehen konnte, stockte ich. Sie lehnte kraftlos an einen Baum und fixierte mich mit einem eiskalten Blick. Ich erschrak und verlor mit einem Mal meine kühle Fassade. Vielleicht weil ich damit gerechnet hatte, dass ihr einziger Ausdruck Angst sein würde. Doch sie empfing mich mit einer Entschlossenheit, die mich einfach aus der Fassung brachte.

"Bleib weg!", ihre zitternde Stimme, war genau das Gegenteil von dem, was ihr Blick aussagte. Dennoch gehorchte ich. Verwundert legte ich meinen Kopf schief. Das war eine ganz neue Reaktion darauf, wenn man erfuhr, was für ein Monster ich war. Die Meisten Frauen verkörperten da doch eher eine unsagbar, hilflose und weinerliche Gestalt. Sie bettelten, flehten, weinten und schrien. Allerdings tat Adriana nichts von alledem.

Aber bevor ich etwas erwidern konnte, brach sie unter ihrem eigenen Gewicht zusammen. Ich war gerade noch schnell genug, um sie aufzufangen. Doch durch diese plötzliche Bewegung, verlor auch ich mein Gleichgewicht und landetet etwas unsanft auf den Wurzeln des Baumes.

So eine verdammte Scheiße. Meine Augen richteten sich auf die, in meinen Armen liegende, Adriana. Unbewusst biss ich mir auf meine Unterlippe. Sie hatte sich wirklich einen schlechten Augenblich ausgesucht, um ohnmächtig zu werden. Gerade jetzt, wo meine Kontrolle so geschwächt war.

Ich hatte mich überschätzt. War ich überhaupt in der Lage sie nach Hause zu bringen, ohne von ihrem Blut zu trinken? Fast schon krampfhaft wandte ich meine Blick von ihr ab. Das starke Verlangen in mir quälte mich. Ihre Reaktion und der Geruch von Blut, der von ihren Schrammen ausging verstärkten es nur.

Ich musste von ihr weg. Doch bevor meine Beine, das ausführen konnten, was mein Kopf dachte, tauchte eine weitere Gestalt vor mir auf. Ich ballte meine Hand zu meiner Faust. Nein nein nein. Warum genau jetzt, wenn ich mich in so einem erbärmlichen Zustand befand. Ich hasste es, wenn ich meinen eigenen Trieben nicht widerstehen konnte und noch mehr verfluchte ich mich, wenn mich jemand dabei sah.

"Aras!? Was zur Hölle?", die strengen Worte von Lukas erreichten mich. Dabei wollte ich es dieses Mal auf jeden Fall alleine regeln und dennoch war er wieder da, um mich aus der Scheiße zu ziehen. Der Dunkelhaarige trat mit eiligen Schritten auf mich zu und hob mit beiden Händen Adriana hoch. Ich ließ meine Armen sinken, als ihr warmer Körper sich von mir entfernte.

"Wäre ich nur ein bisschen später gekommen...", ich unterbrach ihn sofort: "Schon gut, ich weiß." Meine Stimme klang kalt und es war mehr ein Brummen, das meine Kehle verließ. Ich wollte nicht das er fragte, wie es dazu kam, also suchte ich schnell nach den richtigen Worten, um vom Eigentlichen abzulenken.

"Sie hat uns gesehen.", mehr sagt ich nicht. Lukas hatte sich wahrscheinlich bereits denken können, dass etwas nicht stimmte, als ich zuvor abrupt aufgebrochen war. Dabei hatte ich ein wenig die Hoffnung gehabt, dass ich dieses Problem vor seinem Wissen, beseitigen konnte.

Lukas würdigte meiner zusammengesunkenen Gestalt keinen weiteren Blick mehr, sondern ging mit Adriana davon. Er wusste was zu tun war. Währenddessen ich mal wieder meine Kontrolle verlor. Ich konnte nicht anders, als mich noch ein bisschen mehr zu Hassen.

Wodurch auch die Wut in mir kaum noch zu bändigen war. Mit ihr stieg auch der unerträgliche Durst. Ich konnte keine Hilfe sein. Ich musste jagen gehen und stellte mich damit wohl mal wieder als so nutzlos heraus, für wie auch mein Vater mich hielt.

Dark - I'm not afraidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt