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Als ich am gleichen Abend im Bett lag, dachte ich über das Gespräch von Elina und Aras nach. Wobei ich feststellen musste, dass auch irgendwie Lukas mich belogen hatte. Schließlich behauptete er, dass ich den Job bekam, wegen dem guten Einfluss der Familie. Oder wurde er vielleicht auch belogen?

Unsicher darüber in welche Position ich Lukas stellen sollte, beschloss ich allgemein etwas vorsichtiger zu sein. Irgendwas verheimlichten sie mir. Doch vielleicht bildete ich mir das auch ein. Durch den ganzen politischen Mist, in dem mein Vater immer verstrickt war, könnte ich auch einfach nur paranoid geworden sein.

Immerhin waren die im Cafè wirklich nett gewesen und Elina wollte mir von Anfang an nur helfen. Auch wenn sie eine gute Lügnerin zu sein schien. Doch wer von denen, die mir bis jetzt schon so häufig hier begegnet waren, konnte das schon nicht von sich behaupten?

Das war gerade einmal mein zweiter Tag bei dieser Familie und schon gleich hatte ich das Gefühl, meiner eigenen nie entkommen zu sein. Auch hier behandelte man mich immer noch wie ein kleines dummes Kind. Ich hasste es, dass man mir nicht zutraute, mit Dingen umgehen zu können.

Auch wenn sie mich noch nicht wirklich gut kannten, gefielen mir diese Geheimnisse einfach nicht. Doch irgendwie war ich es auch einfach schon gewohnt, dass man nie ehrlich zu mir. Weshalb ein Teil von mir auch schon längst mit dem Verrat abgeschlossen hatte. Schließlich wollte ich sowieso nicht lange hier bleiben und musste mich daher auch von der besten Seite zeigen. Konnte ich das überhaupt, wenn ich ihnen hinterher schnüffeln würde?

Würde ich mich raushalten können? Bevor ich mich weiter mit dieser Frage beschäftigen konnte, hört ich laute Stimmen von draußen und meine Neugier übernahm erneut die Oberhand. Ich war einfach nicht in der Lage mich rauszuhalten.

Entschlossen schritt ich zum Fenster und blickte hinaus. Aufgrund der Dunkelheit konnte ich nicht viel erkennen. Lediglich ein paar Schatten, die sich in Richtung Wald begaben. Verwundert schaute ich auf mein Handy. Bereits nach Null. Was wollten sie so spät da draußen?

Ich zögerte wieder einmal nicht, sondern schlüpfte fast automatisch in meine Schuhe und zog mir eine Jacke über. Dann huschte ich auch schon leise aus meinem Zimmer und begab mich zum hinteren Teil des Grundstückes. Auch wenn ich selber nicht so wirklich wusste, was ich mit diesem Vorhaben erreichen wollte. Schließlich kannte ich mich keineswegs auf diesem weitläufigen Gelände aus und die Gestalten waren wahrscheinlich schon längst über alle Berge.

Frustration bereitete sich in mir aus. Wie blöd war ich eigentlich? Das führte doch zu nichts hier draußen rumzuirren. Kopfschütteln blieb ich auf halbem Weg stehen. Die kalte Nachtluft schlich sich unter meine Klamotten und hinterließ eine Gänsehaut. Ich blickte hinauf in die Sterne und schloss für eine Sekunde meine Augen.

Ich sollte zurück gehen. Die Idee erschien mir nur logisch. Sollte sie jedoch sogleich wieder vereitelt werden. Ein lautes wiehern ließ mich hellhörig werden. Ob sie bei den Stallungen waren? Ich hatte diese Frage nicht einmal zu Ende gedacht, da war ich schon losgerannt. Obwohl es womöglich wieder ein Fehler sein würde. Warum konnte ich nicht einfach stillt liegen bleiben? Meine Gedanken überschlugen sich während ich mich durch die schwarze Nacht kämpfte.

Ich konnte nicht viel sehen. Alles war dunkel. Nur kleine Solarleuchten spendeten ein leicht bläuliches Licht. Die Stallungen wirkten verlassen, als ich bei ihnen ankam. War es nur ein anderes Tier gewesen, was die Pferde erschreckt hatte?

"Aras es reicht.", die Stimme von Lukas drang in mein Ohr, doch ich konnte nicht erkennen von wo sie kam. Erschrocken drehte ich mich einmal um meine eigene Achse. Meine Augen waren geweitet und aus irgendeinem Grund wollte ich, dass sie mich auf keinen Fall bemerkten.

Es dauerte einen Augenblick bis ich die aufkommende Panik bändigen konnte und mich instinktiv in einen schattigen Winkel begab.

"Es reicht wenn ich es sage.", Aras brachte mich zum erzittern und ich hatte das Gefühl, sie waren mir näher gekommen. Ich spannte meine Muskeln an und presste mich gegen die Wand des Stalles.

Ich benahm mich so, als würde ich etwas illegales tun. Dabei war es doch kein Verbrechen nachts einen Spaziergang zu machen. In meinem Kopf überlegte ich mir bereits Ausreden, falls sie mich sehen sollte. Doch jede noch so plausible Erklärung, wurde von der Tatsache zu Nichte gemacht, dass ich gegen eine Wand gepresst lauschte. Verdammt.

"Lass ihn gehen.", die flehenden Worte von Lukas brachten mich erneut aus dem Konzept. Meine Augen schellten nach links. Und im Licht des Mondscheines sah ich sie. Nicht einmal zehn Meter von mir entfernt stehen. Ich sog stark Luft ein, bevor ich meinem Atem endgültig anhielt, so als würden sie mich sonst hören können.

Ich erstarrte und hätte ich mir nicht sofort die Hände vor den Mund gehalten, wäre mir wohl ein Schrei herausgerutscht. Was sich da vor mir abspielte, könnte auch aus einem schlechten Horrorstreifen stammen. War das real? Aras weiße Klamotten waren mit etwas blutrotem durchtränkt und er sah mitgenommen aus. Auch Lukas zierten einige krustige Stellen im Gesicht. Und ein dritter, fast leblos aussehender Körper war auf Knien direkt vor ihnen. Doch wahrscheinlich auch nur, weil Aras Hand ihn fest am Kragen hatte. Denn er bewegte sich nicht.

Das musste einfach ein Traum sein. Mehrere Wellen der Schauer durchfuhren mich und mir wurde speiübel. Jetzt bloß nicht übergeben, dachte ich mir wie ein Mantra immer wieder und versuchte dabei das Drehen meines Magens zu ignorieren.

Das war doch einfach nur krank. Dass Aras nicht ganz richtig tickte, war nichts neues aber was sollte das hier. Warum ging er so weit?

Trotz des Unwohlseins, das ich verspürte, konnte ich meinen Blick einfach nicht von dieser Szene nehmen. Alles um mich herum wurde dumpf und ich konnte nicht einmal verstehen, was sie beredeten. Ich stand unter Schock. Mehr als das. Jegliche Reflexe in mir schrien, dass ich weglaufen sollte und dennoch blieb ich stehen. Was stimmt nur nicht mit mir?

Dieses Mal sollte ich wirklich auf meinen Instinkt hören und einfach gehen. Um ehrlich zu sein wollte ich auch gar nicht mehr wissen was sie verheimlichten, sondern mich einfach nur von ihnen fernhalten. Solch ein Verhalten war doch nicht mehr normal. Sich nachts raus zu schleichen, um jemanden fast tot zu prügeln.

Gerade als ich mich wieder einigermaßen fassen konnte, trafen plötzlich die Augen von Aras auf Meine. Doch statt das so vertraute saphirblau, durchbohrte mich ein dunkles rot. Es glich bei Nahe den Flecken auf seinem T-Shirt.

Mein Mund öffnete sich weit, bevor ich auf den Absatz kehrt machte und rannte. Blindlings auf den Wald zu. Ich stürmte durch das Unterholz, riss mir die Haut an Dornen auf. Äste klatschten mir ins Gesicht, doch ich hörte nicht auf zu laufen.

Ich hatte etwas gesehen. Tränen strömten mir die Wangen hinunter. Blutrote Augen, ein mordlustiger Blick und diese Zähne. Abrupt blieb ich stehen und übergab mich. Das konnte nicht sein. Es gab so etwas nicht. Es war die eine Sache davon in Büchern zu lesen und zu träumen das eine solche wäre Welt real sein, weil es auf irgendeine verquere Weise echt cool wäre. Aber nein. Um Gottes Willen. Es gab doch im echten Leben keine Vampire.

Dark - I'm not afraidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt