eleven - Aras

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Ihre bitteren Wort trafen mich nicht einmal ein bisschen. Als hätte ich nicht schon Schlimmeres gehört. Schließlich war sie nicht die Erste...

"Halt die Klappe!", zischte ich unter zusammengepressten Zähnen hervor. Sie störte mich beim Nachdenken. Sie war ein Problem, und das schien ihr durchaus bewusst zu sein. Dass Manipulationen bei ihre keine richtige Wirkung zeigten, erschwerte das Ganze nur.

"Aras!", Lukas sprach mahnend meinen Namen aus und störte dabei erneut meinen Gedankenfluss. Warum mussten sie mir nur beide, so auf den Sack gehen? Auch ohne das hier, hatte ich schon genug Ärger am Hals. Eine Moralapostel und eine Heulsuse konnte ich gerade wirklich wenig gebrauchen.

"KÖNNT IHR BEIDE MAL ZWEI MINUTEN EINFACH DIE FRESSE HALTEN?" Und schon wieder verlor ich meine sonst so ruhige Fassade. Scheiße. Unkontrollierte Wut stieg in mir auf. Ich ballte meine rechte Hand zur Faust und schlug sie, mit aller Kraft, einmal stark hinter mir gegen die Wand. Ich musste mich konzentrieren und Schmerzen halfen dabei, den Zorn zu mindestens fürs Erste zu bändigen.

Wir durften Adriana vorerst nicht mehr aus den Augen lassen, bis wir das mit dem Gedächtnis löschen hinbekommen würden. Es war nicht vorgesehen, sie schon so früh in unser Wesen einzuweihen. Also blieb uns nicht anderes mehr Übrig, als es fortan so Handzuhaben.

Etwas in mir sträubte sich dagegen, den Rat der Ältesten zu berufen. Allerdings würde mir keine andere Wahl bleiben. Ich alleine war nicht im Stande dieses Problem zu lösen.

Wieder einmal würde ich Schwäche zeigen müssen und gab meinem Vater damit einen neuen Grund, mich für einen Versager zu halten. Denn nicht einmal das bekam ich hin, meinen selbst verbockten Mist, wieder geradezubiegen. Ich war wirklich fähig zu nichts.

"Gib mir dein Handy", forderte ich sie so monoton auf, wie es auch mein Gesichtsausdruck war. Sie durfte nicht einmal die Chance bekommen, jemanden hier von zu erzählen. Es war die einzig logische Schlussfolgerung. Das musste selbst sie kapieren.

Dennoch rechnete ich mit Protest, es wäre eine natürliche Reaktion. Auch wenn ihr Verhalten nicht widersprüchlicher sein könnte. Schließlich hatte ich sie an diesem einen Abend nicht einmal versucht zu manipulieren...

"Gut", ihre Stimme klang fest, wenn auch ein Hauch von Angst zu vernehmen war. Sie reichte mir ihr Smartphone und nickte mit ihrem Kopf zum Schreibtisch. "Den solltest du auch an dich nehmen", sie grinste mich ein wenig zu provokant dabei an. Ich verzog mein Gesicht zu einer Grimasse während ich nach ihrem MacBook griff. Ich hatte keine Lust erneut auszurasten. Meine schmerzenden Knöchel erinnerten mich an die Kontrolle, die ich behalten wollte.

Dennoch war sie bereitwilliger als ich dachte, fast so wie...

Ich schüttelte den Gedanken ab. Ich sollte aufhören, mir immer wieder dieses Szenario, in den Kopf zu rufen. Auch wenn es einfach zu verlockend war, denn sie gab gerade zu das perfekte Opfer ab.

"Es ist zu deinem eigenen Schutz. Glaub mir, wenn du jemanden davon erzählen solltest, werden du und diese Person bis in den Tod verfolgt", Lukas schmalzige Worte, brachten mich innerlich zum Würgen. Wie konnte man nur so verdammt empathisch sein.

Jetzt versuchte er ihr auch noch zu verkaufen, dass ich das für ihr Wohlergehen tat. Nein verdammt. Ich tat das für mich, damit ich keine Probleme bekommen würde. Ich war egoistisch. Was mit ihr passieren würde, wäre mir doch scheißegal.

Auch wenn es irgendwie auf meinen Mist gewachsen war, dass sie nun bei uns in Litauen lebte...

Mehr als ein verächtliches "Tse", brachte ich allerdings nicht hervor. Ich wandte mich von den Beiden ab und schaute hinaus auf dem Fenster. Von ihrem Zimmer aus, konnte man einen Blick auf das gesamte Gelände erhaschen. Irgendwann hätte sie uns wohl so oder so bei etwas Verdächtigem gesehen. Oder vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon. Möglicherweise suchte ich nur nach einem Grund, mir nicht vollends die Schuld daran zu geben.

"Dir ist schon klar, dass sie irgendwie unsere Gefangene ist, oder?", meine Worte galten Lukas, wobei ich keine Rücksicht darauf nahm, dass Adriana uns weiterhin hören konnte. Dennoch wagte ich es nicht meinen Blick wieder zu ihnen zu richten.

"Und wie willst du das deinem Vater erklären?", höhnte dieser zu meiner Überraschung und verzichtete wohl darauf, sich für das Mädchen einzusetzen. Ich gab ein lautes Schnauben von mir und biss mir unterbewusst auf die Lippe. So ein Dreck.

"Darum kümmere ich mich schon.", grummelte ich leise zurück. Er wusste genau, dass das mein wunder Punkt war und irgendwie hatte ich das wohl gerade auch verdient.

"Lasst ihr mich irgendwann wieder gehen?", die zittrige Stimme von Adriana meldete sich wieder, auch wenn sie genau das zu verstecken versuchte. Sie war taff, das musste man ihr lassen.

Dennoch konnte ich ihr keine wirkliche Antwort auf diese Frage mitteilen. Es war sowieso nie vorgesehen, dass sie zurück nach Monaco kehrt. Aber das war wohl etwas, was sie nicht von mir hören sollte, sondern von ihrem Vater.

"Das wirst du noch früh genug erfahren."

Wie immer konnte ich es mir nicht verkneifen. Mit einer ruckartigen Bewegung wandte ich mich wieder ihrer zierlichen Gestalt zu und trat einige Schritte in ihre Richtung.

Durch meine plötzliche Bewegung wich sie auf dem Bett ein Stück zurück.

"An deiner Stelle, würde ich das mal deinen lieben Daddy fragen."

Nichts als Kälte war in diesem Satz zu spüren und sie reagierte wie erwartet. Weit geöffnete Augen starrten mich an. Angst und Überraschung waren die dominierenden Gefühle, die ihr Ausdruck widerspiegelten. Mit einem schnellen Griff legte ich meine Hand an ihr Kinn.

Warum war ich so? Warum konnte ich nicht anders, als damit weiterzumachen? Ich zog sie geradewegs mit in meinen Abgrund.

"Du wirst nie wieder gehen", meine Worte überraschten mich selber ein wenig und für einen kurzen Moment bereute ich, das ausgesprochen zu haben.

"Willkommen in deiner persönlichen Hölle", war das letzte was ich von mir gab, bevor ich auf den Absatz kehrt machte und den Raum verließ.

In den letzten Sekunden, konnte ich gerade noch so eine Träne ihre Wange herunterkullern sehen. Es war sadistisch, dass so etwas bei mir für Spaß sorgte. Meistens schob ich diese Reaktion auf meine vampirische Natur. Doch wahrscheinlich hatte ich ein ganz anderes Problem. Immerhin konnte Lukas seine bestialischen Triebe kontrollieren.

Vater hatte mir verboten, auch nur ein Wort über die Angelegenheit mit ihrem Vater auszuplaudern. Und dennoch, hatte ich es getan. War es reiner Trotz? Wollte ich sie verletzen? Selbst ich hatte Probleme damit, mein Verhalten zu erklären.

Doch eins war klar. Mit dieser Drohung, hatte ich mir wohl ebenfalls mein eigenes Grab geschaufelt. 

Dark - I'm not afraidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt